Ein Garten für Jedermann
Das steckt hinter dem Integrationsgarten für Flüchtlinge und Einheimische
In seinem Beet baut er Kartoffeln, Tomaten und Erdbeeren an, erzählt Noorali. Seit 15 Monaten lebt der Afghane in Oettingen, davor war er in München, später in Ulm. In den Zimmern des Heims, in dem er wohnt, leben bis zu vier Personen. „Es ist sehr eng“, sagt er. Manchmal sei deshalb die Stimmung auch hitzig. Im Integrationsgarten dagegen könne man herunterkommen und sich beschäftigen. Vergangene Woche haben unter anderem er, drei Freunde und Ernst Christ, den sie ihren „Chef“nennen, die Beete gepflanzt. Auch viele Deutsche seien dabei gewesen, sagt Noorali. Ernst Christ ist der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Oettingen und hat zuvor gemeinsam mit den Asylbewerbern einen Wildschutzzaun um den neuen Integrationsgarten gebaut.
Unter einem Pavillon verweilen einige Frauen mit Kopftuch. Kleine Kinder sitzen auf ihren Schößen, einige Meter weiter rennen die etwas älteren umher. Eine der Frauen Narges. Sie ist 22 Jahre alt und kommt ebenfalls aus Afghanistan. Deutsch zu sprechen scheint ihr noch schwer zu fallen. Angesichts ihres vermutlich ersten Zeitungsinterviews wirkt sie etwas aufgeregt. Ab und zu fragt sie ihre Freundin, die neben ihr sitzt, wenn sie etwas nicht verstanden hat. Sie erzählt, dass sie oft hier ist und sich freut, dass es jetzt einen Garten gibt, in dem die Kinder Platz haben und spielen können.
Die Zusammenarbeit zwischen der „Sozialen Stadt“und dem Obstund Gartenbauverein habe sich durch Zufall ergeben, erzählt Sabine Koloska, die Projektmanagerin der „Sozialen Stadt“Oettingen. Sie suchte vergangenes Jahr ein Grundstück für ein Integrationsprojekt, erzählt sie. Christ habe ebenfalls nach einem Grundstück für seinen Verein Ausschau gehalten, um dort Beete anzulegen. Das Grundstück, das links der Straße am Oettinger Ortsausgang Richtung Lehmingen liegt, habe sich für das Gemeinschaftsprojekt angeboten. Es sei bereits im Besitz der Stadt und bisher eine Grünfläche gewesen, etwa 800 Quadratmeter groß. Bei der Aufteilung habe man sämtliche Wünsche berücksichtigen können: Das Beet besteht aus 40 Parzellen, die sich die Flüchtlinge, Mitglieder des Vereins und Oettinger ohne Vereinsmitgliedschaft teilen. Das entspreche der Grundidee des Projekts: Der Garten solle eine Begegnungsstätte für Flüchtlinge und Einheimische schaffen und ihnen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Beete zu pflegen, sagt Koloska. Einige Flüchtlinge würden das aus ihrer Heimat bereits kennen.
Als die beiden die Idee bei einem Treffen des Gartenbauvereins das erste Mal vorgestellt haben, habe es anfangs durchaus Bedenken gegeben, sagt Christ. Obwohl bisher alles recht gut geklappt habe, seien diese auch jetzt nicht vollständig abgebaut: „Es wird hier wohl nicht immer in dieser Harmonie zugehen“, sagt Christ. Das sei ja aber schließlich meistens so, wenn sich einige Menschen ein Grundstück teilen, wendet Koloska ein, noch dazu, wenn sie aus verschiedenen Kulturheißt kreisen stammten. Man habe außerdem unter den geplanten Kosten von 5000 Euro bleiben können, sagt Koloska.
Die Asylbewerber seien mit Begeisterung dabei gewesen und kämen stets pünktlich. „Bei der Umsetzung hat jeder seinen Teil beigetragen“, sagt Christ. Sowohl die Vereinsmitglieder als auch die Flüchtlinge können sich in dem Garten aufhalten, wann sie möchten. Ab und an säße man abends dann zusammen und feiere ein kleines Fest.
Koloska und Christ betonen, dass das Projekt ohne professionelle Hilfe durchgeführt wurde. Die Arbeiten auf dem Gelände seien ausschließlich von Vereinsmitgliedern, Flüchtlingen und freiwilligen Helfern durchgeführt worden. Ohne das Engagement einiger Bürger hätte das Projekt nicht zustande kommen können, sagt Christ. Als nächstes wolle man zusammen drei Hochbeete bauen. Dafür müsse er sich selbst erst mal informieren, sagt er. Dann wird ihn Noorali beim Bau aber sicherlich unterstützen.