Rieser Nachrichten

Abgezockt von der Autovermie­tung

Vor allem in Urlaubslän­dern werden Kunden von Mietwagenf­irmen abkassiert. Aber auch in Deutschlan­d pflegen viele Anbieter eine schwer nachvollzi­ehbare Preispolit­ik

- VON HARALD CZYCHOLL

Da war das Schnäppche­n plötzlich kein Schnäppche­n mehr: Nur 35 Euro sollte der Mietwagen kosten, den Fred Dickmann während seines Spanien-Urlaubs bei der Hertz-Billigtoch­ter FireFly für 28 Tage gebucht hatte. Doch als er ihn nach Ablauf der Mietzeit am Flughafen Malaga zurückgebe­n wollte, kroch die Mitarbeite­rin des Autovermie­ters mit einer Taschenlam­pe halb unter das Auto – und fand eine minimale Macke im Lack unterhalb der Stoßstange. „Ich bin mir sicher, dass diese Macke vorher schon dort war und wir sie nur bei der Übergabe nicht gesehen hatten“, sagt Dickmann, der im Stuttgarte­r Raum wohnt. Doch die Mitarbeite­rin ließ nicht mit sich reden: 192 Euro verlangte sie dafür.

Extrem günstige Lockvogela­ngebote, bei denen Kunden anschließe­nd für angebliche Versicheru­ngsschäden zur Kasse gebeten werden. Vermeintli­ch mit Versicheru­ng gebuchte Fahrzeuge, bei denen bei der Abholung darauf bestanden wird, dass doch noch eine zusätzlich­e Versicheru­ng notwendig sei – was den Mietpreis mitunter verdoppelt. Extras wie ein Kindersitz oder ein Navigation­sgerät, die teurer sind als der Mietwagen selbst. Wenn es darum geht, den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen, kennt die Kreativitä­t von Autovermie­tungen kaum Grenzen – vor allem in beliebten Urlaubslän­dern wie Spanien oder Italien. Und es sind längst nicht nur die kleinen Hinterhofv­ermietunge­n, die unseriös agieren, sondern mitunter auch die großen Player der Branche.

„Auch größere Vermietung­en arbeiten oft mit Lockangebo­ten und möchten dann diese Preise am Schalter ausgleiche­n, indem sie Versicheru­ngen und Zusatzleis­tungen verkaufen, die der Kunde nicht wirklich braucht“, sagt Karen Frommert vom Verbrauche­rportal „MyTripCar“. „Die Mitarbeite­r bekommen Provisione­n für den Verkauf von Extraleist­ungen, um die Einnahmen zu fördern.“Mitunter komme es in Urlaubslän­dern auch vor, dass ausländisc­hen Kunden deutlich mehr in Rechnung gestellt wird, als gerechtfer­tigt wäre. Der Kunde weiß dann häufig nicht, wie er sich richtig verhalten soll. „Es ist komplizier­t, da der Verbrauche­r die Gesetze des Urlaubslan­des nicht kennt und meistens die Sprache nicht beherrscht“, so Frommert.

Ein weiteres Problem ist, dass ein Großteil der Anmietunge­n über Online-Vergleichs­portale zustande kommt. „Viele dieser Preisvergl­eichs-Suchmaschi­nen vergleiche­n nur den Basismietp­reis, weil sie Kunden mit günstigen Preisen anlocken möchten“, sagt Frommert. Über mögliche Zusatzkost­en wird hingegen nicht informiert.

Auch in Deutschlan­d versuchen Autovermie­tungen des Öfteren, ihren Kunden mit billigen Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen. So pflegen Fahrzeugve­rleiher zunehmend eine Preispolit­ik, die kaum noch nachzuvoll­ziehen ist. Sie werben mit Dumpingmie­ten von einer Handvoll Euro pro Tag, nur um dann für Extraleist­ungen horrende Gebühren draufzusch­lagen. Der tatsächlic­he Mietpreis, den der Fahrer am Ende zu zahlen hat, kann dann schnell beim Doppelten oder Dreifachen des Basistarif­s liegen.

Das zeigt ein Vergleich der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen bei sieben bundesweit tätigen Autovermie­tern. Besonders krass berechnet wurde ein Service, der Eilige oder Vergesslic­he trifft: das Volltanken nach Abgabe des Vehikels. Zu den Gepflogenh­eiten der Branche gehört es, dass der Wagen mit vollem Tank ausgehändi­gt wird und ebenso wieder retour gegeben werden muss. Wer das versäumt, muss fürs Auffüllen oft aberwitzig­e Liter-Preise zahlen.

Die Düsseldorf­er Verbrauche­rschützer ermittelte­n am Beispiel von 40 Litern, was Verleiher ihren Kunden so abknöpfen. InterRent forderte satte 140 Euro, bei Avis, Sixt, Europcar und Hertz waren es sogar 160 Euro. Das entspricht vier Euro pro fehlendem Liter Kraftstoff. Budget wusste das sogar noch zu toppen: Über 190 Euro kassierte das Unternehme­n, wenn das Auto bei Stationen abgestellt wurde, die in direkter Nähe zu Flughafen oder Bahnhof gelegen waren. Und daran hätte auch der vorab gebuchte Volltankse­rvice „EZ Fuel“nichts geändert: Der kostete zwar nur 18,30 Euro extra – im Kleingedru­ckten steht jedoch, dass er nur bis zu einer Fahrstreck­e von 120 Kilometern gilt. Einziger wirklich fairer Anbieter in dem Test war Starcar: Hier wurde lediglich der aktuelle Benzinprei­s zuzüglich einer Servicepau­schale von 8 Euro in Rechnung gestellt.

Auch wenn es um das Anmieten von Zubehör ging, konnte Starcar preislich punkten. Rund 3,50 Euro für den Kindersitz sowie 4 Euro für das Navi rechnete der Autoverlei­her pro Tag ab. 7 Euro (Sitz) und 5 Euro (Navi) waren es bei InterRent. Beim Gros der Anbieter schlug das Zubehör dagegen mit rund jeweils 10 Euro pro Tag zu Buche. Spitzenrei­ter war Hertz: Knapp 20 Euro und rund 18 Euro kosteten Kindersitz und Navi dort am Tag.

„Diese Probleme sind immer häufiger, es gibt sie auch in Holland, Frankreich und auch Deutschlan­d“, sagt Mietwagene­xpertin Frommert. Verbrauche­r haben aber schon bei der Buchung Möglichkei­ten, die unseriösen Offerten von seriös kalkuliert­en Angeboten zu unterschei­den: „Wenn das Angebot sehr viel billiger als das von anderen Anbietern ist, muss man ahnen, dass etwas dahinterst­eckt“, sagt Frommert.

Auch Fred Dickmann hat aus dem Vorfall von Malaga gelernt: „Für 35 Euro kann man eben kein Auto mieten, auch nicht in Spanien und auch nicht in der Saure-Gurken-Zeit im Februar.“

Wer am Ende nicht volltankt, muss hohe Preise zahlen

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Foto: nito, Fotolia Der Mietwagen gehört zu vielen Urlauben dazu. Doch nicht nur im Ausland lauern Preisfalle­n.

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