Trump verkündet Ausstieg aus dem Klimaabkommen
Umwelt Pariser Abkommen sei „unfair für die USA“. Der Präsident will aber neu verhandeln
Washington In einer weltweit nahezu einmütig kritisierten Entscheidung ziehen sich die USA aus dem historischen Klimaabkommen von Paris zurück. Der Pakt sieht klare Ziele für die Begrenzung der gefährlichen Erderwärmung vor.
US-Präsident Donald Trump begründete den Rückzug der größten Volkswirtschaft am Donnerstag in Washington damit, amerikanische Interessen für immer an die erste Stelle zu setzen. Er verband das mit scharfen Attacken auf andere Länder. Man wolle sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen. Es müsse aber klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab. „Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen“, sagte er.
Der Ausstieg der Vereinigten Staaten – weltweit nach China zweitgrößter Produzent von Treibhausgasen – ist ein massiver Schlag gegen das internationale Regelwerk. Die absehbare Entscheidung hatte schon vor Trumps Auftritt rund um den Globus eine Welle des Protestes ausgelöst, die sich nach der Entscheidung fortsetzte.
„Wir ziehen uns zurück, aber wir werden neue Verhandlungen beginnen und sehen, ob wir einen Deal hinbekommen, der fair ist. Wenn uns das gelingt, ist das großartig. Wenn nicht, ist es auch o. k.“, sagte Trump. „Das Pariser Abkommen ist auf höchster Ebene ungerecht für die USA.“Die Vereinbarung sei eine massive Umverteilung des Vermögens der USA an andere Länder.
Zwar wollen neben China und Russland auch andere wichtige Länder den Vertrag weiter befolgen. Es wird aber befürchtet, dass Trumps Alleingang eine Kettenreaktion auslöst und sich auch andere der 195 Unterzeichner vom Klimaschutz verabschieden. Deutschland, Frankreich und Italien erteilten noch gestern Abend einer von den USA geforderten Neuverhandlung des Klimaabkommens eine Absage. „Wir betrachten die im Dezember 2015 in Paris erzeugte Dynamik als unumkehrbar“, teilten Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni in einer gemeinsamen Erklärung mit. Sie seien der „festen Überzeugung, dass das Übereinkommen von Paris nicht neu verhandelt werden kann, da es ein lebenswichtiges Instrument für unseren Planeten, unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften darstellt“.
Der frühere US-Präsident Barack Obama kritisierte die Entscheidung. „Diese Regierung schließt sich einer kleinen Handvoll von Nationen an, die die Zukunft verleugnet“, hieß es in der Stellungnahme. Der Rückzug aus dem Abkommen soll voraussichtlich am 4. November 2020 wirksam werden – einen Tag nach der nächsten Präsidentenwahl in den USA.
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Er war, so bitter es klingt, einfach nur im falschen Augenblick am falschen Ort. Benno Ohnesorg, 26-jähriger Student der Romanistik und Germanistik an der Freien Universität Berlin, der am Abend des 2. Juni 1967 mit seiner schwangeren Frau und Freunden vor der Deutschen Oper in der Berliner Bismarckstraße gegen den Schah von Persien, Mohammed Reza Pahlewi, und dessen Frau Farah Diba demonstriert hatte, sah, wie mehrere Polizisten in Zivil einen Studenten in einen Hinterhof in der Krummen Straße zerrten. Unauffällig folgte er ihnen in den Hof, wo etwa zehn Beamte auf ebenso viele Studenten einprügelten. Und auf einmal saß er in der Falle. Ein Weiterkommen war nicht mehr möglich.
Was dann geschah, wurde nie vollständig aufgeklärt und ist auch 50 Jahre nach den dramatischen Ereignissen Stoff für Spekulationen. Nach Angaben von Zeugen trieb die Polizei alle Studenten aus dem Hinterhof, mit einem Schlag stand der völlig unbeteiligte Ohnesorg den Polizisten alleine gegenüber. Der Student versuchte zu fliehen, wurde aber festgehalten, eine Frau gab an, dass drei Polizisten auf ihn einschlugen. Als Zeichen seiner Aufgabe hob er die Hände, ein Zeuge hörte den Ruf „Bitte, bitte, nicht schießen!“Da fiel um 20.30 Uhr ein Schuss, abgegeben von dem als Waffennarr bekannten Polizisten Karl-Heinz Kurras. Ohnesorg, der aus etwa eineinhalb Metern am Hinterkopf getroffen wurde, fiel stark blutend auf den Boden.
Unmittelbar darauf trafen Fotografen und Studenten, die den Schuss gehört hatten, am Tatort ein, ein berühmtes Foto, das um die Welt ging, zeigt die entsetzte Studentin Friederike Dollinger (damals 22), die den Kopf des leblosen Ohnesorgs mit ihren Händen hält. Erst gegen 20.50 Uhr kam ein Krankenwagen, auf dem Weg ins Krankenhaus starb Ohnesorg. Doch laut Krankenhausakte trat der Tod erst um 22.55 Uhr ein, zudem wurde als offizielle Todesursache „Schädelbasisbruch“angegeben.
Bei der Obduktion am nächsten Tag wurde festgestellt, dass ein Knochenstück der Schädeldecke mit dem Einschussloch herausgesägt und beseitigt worden war. Kurras selber rechtfertigte sich, der Schuss „ist mir losgegangen“, später machte er geltend, er habe in Notwehr gehandelt. Der Schuss habe sich im Handgemenge gelöst und Ohnesorg versehentlich getroffen. Obwohl Zeugen diese Version nicht bestätig- wurde Kurras zwei Mal freigesprochen, 2009 stellte sich heraus, dass er nicht nur Mitglied der SED, sondern auch seit 1955 Inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit gewesen war. 2014 starb er, ohne sich nochmals zu den Umständen der Tat zu äußern.
Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg vor 50 Jahren stellt eine tiefe und einschneidende Zäsur in der Nachkriegsgeschichte dar. Die Schüsse des Polizisten auf den jungen Studenten, der sich bislang weder auffällig politisch betätigt hatte noch zu den Anführern der Studentenproteste gehörte, trug maßgeblich zur Radikalisierung der Studentenbewegung und somit in seinen langfristigen Folgen auch zum Entstehen der Terrororganisation Armee Fraktion“(RAF) zu Beginn der 70er Jahre bei.
„Der 2. Juni 1967 wurde zum historischen Datum, zum Wendepunkt im Denken und Fühlen vieler, nicht nur der Studenten“, schrieb der spätere Stefan Aust 1985 in seinem Buch „Der Baader-Meinhof-Komplex“. Von Berlin aus breitete sich der Funke explosionsartig auf die gesamte Bundesrepublik aus. Überall revoltierten die Studenten gegen das erstarrte politische und gesellschaftliche System sowie gegen ehemalige NS-Mitglieder, die in der Bundesrepublik ungebrochen ihre Karriere fortgesetzt hatten, später auch gegen die Notstandsgesetze der Großen Koalition. Selbst bis dahin völlig unpolitische junge Menschen engaten, gierten sich und verstanden sich als Teil der außerparlamentarischen Opposition.
Unmittelbaren Bezug auf den Tod Ohnesorgs nahm dabei die im Januar 1972 in West-Berlin gegründete linksextremistische terroristische Vereinigung „Bewegung 2. Juni“, die eine Reihe von Bombenattentaten und Banküberfällen verübte, den Präsidenten des Berliner Kammergerichts, Günter von Drenkmann, 1974 bei einem fehlgeschlagenen Entführungsversuch erschoss und 1975 den damaligen Berliner CDU-Spitzenkandidaten, Peter Lorenz, entführte und im Gegenzug für sein Leben die Freilassung mehrerer Gesinnungsgenossen erpresste.
Diese Entwicklung schien un„Rote denkbar, als Benno Ohnesorg und andere Studenten am 2. Juni 1967 auf die Straßen gingen, um gegen den Schah von Persien zu demonstrieren, dem sie schwere Menschenrechtsverletzungen, Folter und die Etablierung eines Terrorregimes vorwarfen. Vor der Deutschen Oper, wo der Herrscher eine Vorstellung von Mozarts „Zauberflöte“besuchte, flogen Steine, Eier, Rauchbomben und Farbbeutel.
Kaum hatten der Schah, seine Frau und Berlins Regierender Bürgermeister Heinrich Albertz (SPD) die Oper betreten, ging die Berliner Polizei mit äußerster Brutalität gegen die Protestierenden vor. „Es setzte ein die brutalste Knüppelei, die man bis dahin im NachkriegsBerlin erlebt hatte“, schrieb Aust im Rückblick. Noch in der Nacht schob Bürgermeister Albertz, ohne von den Umständen des Todes Ohnesorgs zu wissen, die alleinige Schuld für die Eskalation den Studenten zu: „Die Geduld der Stadt ist am Ende. (…) Die Polizei, durch Rowdies provoziert, war gezwungen, scharf vorzugehen ...“
In die gleiche Kerbe schlugen auch die Zeitungen des „Springer“-Verlags, die über die Studenten herfielen: „Ihnen genügte der Krach nicht mehr. Sie müssen Blut sehen“, schrieb die
Der Schütze wurde zwei Mal freigesprochen Die Studenten betrachteten den Staat als Gegner
Und im Boulevardblatt hieß es: „Wer Terror produziert, muß Härte in Kauf nehmen.“
Die Studenten waren entsetzt, derart kriminalisiert zu werden. An der FU Berlin brodelte es, man sah in der Polizei und im Staat einen Gegner, mit dem ein Dialog nicht mehr möglich war. Eine junge Studentin brachte es auf den Punkt: „Mit denen kann man nicht diskutieren, sie werden uns alle umbringen. Das ist die Generation von Auschwitz!“Ihr Name: Gudrun Ensslin – spätere Mitbegründerin der RAF.
Heinrich Albertz, Politiker und Pfarrer, hingegen erkannte, dass sein bedingungsloser Rückhalt für die Polizei ein Fehler war, da dies einen Flächenbrand ausgelöst hatte, der nicht mehr zu löschen war. „Ich war am schwächsten, als ich am härtesten war, in jener Nacht des 2. Juni, weil ich dort objektiv das Falsche tat“, sagte er im September 1967 vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. Und in seinen Erinnerungen schrieb er über jene Nacht, die eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte darstellte: „Ich war todmüde, angeekelt von allem, was geschehen war. Aber ich werde die Schuld für dieses persönliche Versagen tragen müssen, bis ich vor meinem ewigen Richter stehe …“