Die Liebe zur Tracht als Kind entdeckt
Sieglinde Kempter frischt den Nördlinger Trachtenverein „D’Rieser“auf
Nördlingen In zwei Jahren feiert der Nördlinger Trachtenverein „D’Rieser“sein 100-jähriges Bestehen. Doch fast kam es nicht mehr so weit. Als im vergangenen Jahr Erich Blank aus Altersgründen sein Amt als Vorsitzender aufgab, stand damit die Frage im Raum, ob man den Verein, dem es an Nachwuchs mangelte, nicht ganz auflösen sollte. Das wollte Sieglinde Kempter nicht zulassen: Sie übernahm den Vorsitz und motivierte Mitstreiterinnen, neue Impulse zu setzen. Ein Mädchen übernahm das Amt der Schriftführerin, man sprach junge Familien an, mitzumachen und verzeichnete auch dabei Anfangserfolge.
Sieglinde Kempter weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr die Vereinsbegeisterung, in erster Linie die Teilnahme an Umzügen, an das familiäre Umfeld gebunden ist: Schon als Kind war es für sie ein schönes Wochenenderlebnis verbunden mit einem ereignisreichen Ausflug etwa nach Weißenburg oder Haunstetten, wenn sie und ihre vier Geschwister in ihrer Tracht stolz Seite an Seite mit ihren Eltern in Festumzügen mit marschierten. Die Eltern waren auch in der Trachtentanzgruppe innerhalb des Vereins aktiv, die mittlerweile mangels eines Musikers aufgelöst wurde. Sie tanzten etwa auf der Nördlinger Hütte bei Jubiläumsfeiern, in Nördlingens französischer Partnerstadt Riom oder bei „Spiel ohne Grenzen“in Mönchsdeggingen. Sieglinde Kempters Vater Egon Wurscher ist mit seinen 82 Jahren auch heute noch dabei und läuft wiederum an der Seite ihres Mannes Manfred Kempter als Fähnrich vorne weg. Auch eine ihrer Töchter nimmt mit teil; zwei weitere Töchter und Enkel hatten sich der Familientradition angeschlossen, doch aus beruflichen Gründen zogen die Familien weg. diese moderne Lebensweise ist der Grund, warum der Verein von einstmals etwa 70 Mitgliedern auf immer noch stattliche 45 Trachtenträger zurückging. Es ist eben ein typisches Problem auch vieler anderer Vereine: Das Leben ist bei Weitem nicht mehr so eng und selbstverständlich an die Heimatregion gebunden wie früher oder wie bei den Kempters selbst – sie arbeitet in der Buchhaltung einer Nördlinger Firma, er war bis zum Ruhestand Lackierer in einem großen Nördlinger Produktionsbetrieb.
Junge Leute wollen sich zudem für immer mehr Aktivitäten freihalten. An der Grundeinstellung zu Tradition und traditioneller Kleidung würde das Interesse wohl nicht scheitern: Kempter wundert sich zwar zuweilen, wenn ihre Trachtengruppe sogar auf Nördlinger Umzügen gefragt wird, woher sie denn komme und die evangelische Rieser Sonntags-Bauerntracht mit Bänderhaube, Wolkenrock und Schultertuch im Ries nicht erkannt wird; doch die Begeisterung junger Menschen beispielsweise am MaibaumKult oder für Dirndl und Lederhosen als festliche Kleidung ist ungeGenau bremst. Schon bei Schülern lässt sich Interesse für Rieser Traditionen wecken, wenn zum Beispiel auf Vermittlung des Vereins alte Bäuerinnen bei Schuljubiläen erklären, wie man das Traditionsgebäck Zelter herstellt und es dann gebacken wird.
Besonders wichtig sei das persönliche Gespräch, mit dem Sieglinde Kempter und ihre Mitstreiterinnen unablässig dran bleiben, dieses Heimatbewusstsein zu vertiefen und eine Jugendgruppe im Verein auszubauen – wer interessiert ist, kann unter Telefon 09081/80 10 70 anrufen.