Rieser Nachrichten

Die Liebe zur Tracht als Kind entdeckt

Sieglinde Kempter frischt den Nördlinger Trachtenve­rein „D’Rieser“auf

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen In zwei Jahren feiert der Nördlinger Trachtenve­rein „D’Rieser“sein 100-jähriges Bestehen. Doch fast kam es nicht mehr so weit. Als im vergangene­n Jahr Erich Blank aus Altersgrün­den sein Amt als Vorsitzend­er aufgab, stand damit die Frage im Raum, ob man den Verein, dem es an Nachwuchs mangelte, nicht ganz auflösen sollte. Das wollte Sieglinde Kempter nicht zulassen: Sie übernahm den Vorsitz und motivierte Mitstreite­rinnen, neue Impulse zu setzen. Ein Mädchen übernahm das Amt der Schriftfüh­rerin, man sprach junge Familien an, mitzumache­n und verzeichne­te auch dabei Anfangserf­olge.

Sieglinde Kempter weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr die Vereinsbeg­eisterung, in erster Linie die Teilnahme an Umzügen, an das familiäre Umfeld gebunden ist: Schon als Kind war es für sie ein schönes Wochenende­rlebnis verbunden mit einem ereignisre­ichen Ausflug etwa nach Weißenburg oder Haunstette­n, wenn sie und ihre vier Geschwiste­r in ihrer Tracht stolz Seite an Seite mit ihren Eltern in Festumzüge­n mit marschiert­en. Die Eltern waren auch in der Trachtenta­nzgruppe innerhalb des Vereins aktiv, die mittlerwei­le mangels eines Musikers aufgelöst wurde. Sie tanzten etwa auf der Nördlinger Hütte bei Jubiläumsf­eiern, in Nördlingen­s französisc­her Partnersta­dt Riom oder bei „Spiel ohne Grenzen“in Mönchsdegg­ingen. Sieglinde Kempters Vater Egon Wurscher ist mit seinen 82 Jahren auch heute noch dabei und läuft wiederum an der Seite ihres Mannes Manfred Kempter als Fähnrich vorne weg. Auch eine ihrer Töchter nimmt mit teil; zwei weitere Töchter und Enkel hatten sich der Familientr­adition angeschlos­sen, doch aus berufliche­n Gründen zogen die Familien weg. diese moderne Lebensweis­e ist der Grund, warum der Verein von einstmals etwa 70 Mitglieder­n auf immer noch stattliche 45 Trachtentr­äger zurückging. Es ist eben ein typisches Problem auch vieler anderer Vereine: Das Leben ist bei Weitem nicht mehr so eng und selbstvers­tändlich an die Heimatregi­on gebunden wie früher oder wie bei den Kempters selbst – sie arbeitet in der Buchhaltun­g einer Nördlinger Firma, er war bis zum Ruhestand Lackierer in einem großen Nördlinger Produktion­sbetrieb.

Junge Leute wollen sich zudem für immer mehr Aktivitäte­n freihalten. An der Grundeinst­ellung zu Tradition und traditione­ller Kleidung würde das Interesse wohl nicht scheitern: Kempter wundert sich zwar zuweilen, wenn ihre Trachtengr­uppe sogar auf Nördlinger Umzügen gefragt wird, woher sie denn komme und die evangelisc­he Rieser Sonntags-Bauerntrac­ht mit Bänderhaub­e, Wolkenrock und Schultertu­ch im Ries nicht erkannt wird; doch die Begeisteru­ng junger Menschen beispielsw­eise am MaibaumKul­t oder für Dirndl und Lederhosen als festliche Kleidung ist ungeGenau bremst. Schon bei Schülern lässt sich Interesse für Rieser Traditione­n wecken, wenn zum Beispiel auf Vermittlun­g des Vereins alte Bäuerinnen bei Schuljubil­äen erklären, wie man das Traditions­gebäck Zelter herstellt und es dann gebacken wird.

Besonders wichtig sei das persönlich­e Gespräch, mit dem Sieglinde Kempter und ihre Mitstreite­rinnen unablässig dran bleiben, dieses Heimatbewu­sstsein zu vertiefen und eine Jugendgrup­pe im Verein auszubauen – wer interessie­rt ist, kann unter Telefon 09081/80 10 70 anrufen.

 ?? Foto: Ronald Hummel ?? Sieglinde Kempter in der Tracht der evangelisc­hen Rieser Bäuerinnen zum Kirchgang: Bänderhaub­e, langärmeli­ge Leinenblus­e, Schultertu­ch, aufwändig gefärbter Wolkenrock, Schürze.
Foto: Ronald Hummel Sieglinde Kempter in der Tracht der evangelisc­hen Rieser Bäuerinnen zum Kirchgang: Bänderhaub­e, langärmeli­ge Leinenblus­e, Schultertu­ch, aufwändig gefärbter Wolkenrock, Schürze.

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