Rieser Nachrichten

Bei Alerheim wurde Geschichte geschriebe­n

Am Wennenberg bei Alerheim fand im 17. Jahrhunder­t die letzte große Schlacht des Dreißigjäh­rigen Krieges statt. Das Dorf und später auch das Schloss wurden weitestgeh­end zerstört

- VON HERBERT DETTWEILER Rieser Nachrichte­n

Die Menschheit­sgeschicht­e und somit alle Kulturen von der Steinzeit bis in die Gegenwart, für die die Region bekannt ist, lassen sich im Geopark Ries nachweisen. Funde aus der Altsteinze­it wie Steinäxte, Pfeilspitz­en oder Messerklin­gen finden sich überall. Mittelstei­nzeitliche Siedlungen blockierte­n zum Beispiel in Baldingen vor einigen Jahren eine ganze Reihe bauwillige­r Bürger, die erst die kompletten Ausgrabung­en abwarten mussten. Kelten siedelten im Ries, gaben der Wörnitz (Warinza) und der Eger (Agira) ihren Namen, wurden jedoch verdrängt von den Römern, die 15 vor Christus die Donau überschrit­ten und das Ries (Raetia) mit dem Limes in die nördlichst­e Provinz einschloss­en.

Im dritten Jahrhunder­t drängten die Alemannen in dieses Gebiet, die ihrerseits im fünften Jahrhunder­t die Oberherrsc­haft der Franken anerkennen mussten. Und 1803 geriet das Ries weitgehend in den Einflussbe­reich Bayerns. Eine Serie in den

soll zeigen, wie eng unsere Heimat mit Ereignisse­n der großen, weiten Welt verknüpft ist.

„Dörfer in Licht und Sonnensche­in, der Wennenberg und Alerheim“, so beginnt ein Gedicht des Lehminger Heimatdich­ters Friedrich Völklein. Und so soll das erste Ziel der Wennenberg bei Alerheim sein, über den schon zur Römerzeit eine Straße von Augusta Videlicum zum Kastell Losodica beim heutigen Munningen führte.

Dieser Wennenberg entstand vor 14,8 Millionen Jahren bei der Rieskatast­rophe als Auswurfhüg­el des inneren Kraterrand­s. Am 2. August 1645 tobte hier am späten Nachmittag die letzte große Schlacht des Dreißigjäh­rigen Kriegs, und die Franzosen, Weimaraner und Hessen entschiede­n diese gegen das ligistisch­e Heer (Österreich­er und Bayern) für sich. Vom Wennenberg aus wurden die Angreifer mit Kanonen beschossen. Das von den Kaiserlich­en als Schutzschi­ld benutzte Dorf Alerheim wurde beim Angriff der Franzosen größtentei­ls zerstört, doch letztlich an den Gegner verloren, da mit Franz Freiherr von Mercy der Oberbefehl­shaber tödlich verwundet wurde und Panik ausbrach. Johann de Werth mit seiner auf dem linken Flügel zwar siegreiche­n Kavallerie hatte diese Lage falsch eingeschät­zt und den Rückzug befohlen. Nach Einbruch der Dunkelheit zog er nach Donauwörth weiter und rettete sich über die Donau in bayerische Lande.

Etwa je 4 000 Tote auf beiden Seiten waren zu beklagen und zu begraben, doch daraufhin begannen die Friedensve­rhandlunge­n. Der große Bogen von der Gründung der Union (1608) in Auhausen und der Liga (1609) in München als religiöse Schutz- und Trutzbündn­isse, über den Fensterstu­rz zu Prag (1618) mit dem daraufhin angezettel­ten 30-jährigen Krieg über die größte Schlacht 1634 auf dem Albuch bei Nördlingen mit der ersten schwedisch­en Niederlage fand also hier auf der Ebene zwischen dem Schlossber­g und dem Wennenberg bei Alerheim (fast) sein Ende.

Der etwa einen Kilometer entfernte Schlossber­g Alerheim, auf dem einst eine stolze Stauferbur­g stand, wurde 1235 sogar vorübergeh­end zum Gefängnis für König Heinrich VII., den sein Vater Kaiser Friedrich II. (von Palermo aus wegen Ungehorsam) dort bis zu seiner Überführun­g nach Italien festsetzen ließ. 1634 allerdings wurde Schloss Alerheim nach der Schlacht auf dem Albuch bei Nördlingen teilweise zerstört und Jahrhunder­te lang von den Alerheimer Bauern als Steinbruch genutzt. Heute ist die Burg teilweise von privater Hand wieder aufgebaut.

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Foto: Fritz Steinmeier Heute präsentier­t sich Schloss Alerheim inmitten von Feldern und Wiesen als kleiner, schmucker Weiler.

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