Der Feind an meiner Seite
Lizzie Doron hat sich mit ehemaligen palästinensischen Terroristen und israelischen Ex-Soldaten getroffen, die gemeinsam für den Frieden kämpfen. Eine Grenzüberschreitung
renamtlich inhaftierte Palästinenser und Israelis behandelt, und Chen Alon, ein Theatermacher, der einst im Gaza-Streifen als Major diente, als „Refusenik“später wie Emil einige Zeit im Gefängnis verbrachte.
In den Gesprächen kommt Doron an ihre eigenen Grenzen. Zu viel Härte und Trauer in ihr. Wenn ihr Herz sich verschließt, versucht sie zumindest, mit dem Kopf offen für das Erzählte zu bleiben. Einmal bittet Mohamed Owedah sie darum, mit ihm zu einer Versammlung der Friedenskämpfer in die für Israelis verbotene Zone A, die Gebiete unter palästinensischer Kontrolle, zu fahren. Die Schriftstellerin überfällt die Angst, sie versucht eine staatliche Genehmigung zu erhalten, wagt es schließlich auch ohne. Er habe die Gedächtnisstätte Yad Vashem und Auschwitz besucht, sagt Owedah. „Und du bist nicht bereit, Bait Dschala zu betreten? Zehn Minuten von Jerusalem entfernt?“
Der innere Kampf, den Lizzie Doron ausgefochten hat, das Aufbrechen ihres einstigen Weltbildes spiegeln sich in „Sweet Occupation“wider. Erinnerungen an die traumatische Zeit während des Jom-Kippur-Krieges, in dem ihre Freunde starben, die Schilderungen der Treffen mit den Friedenskämpfern und ihrer Gedankengänge wechseln sich ab, dazwischen Nachrichten über Attentate aus dem Jahr 2014, in dem das Buch entstand. „Es ist schwer, mit einem Feind zu weinen. Doch diesmal nicht“, schreibt Doron über ihre Begegnung mit Jamil, bei der ihr der einstige Steinewerfer von seiner Mutter erzählte, die, selbst als sie ihren jüngsten Sohn, noch ein Kind, durch ein Dumdumgeschoss eines israelischen Soldaten verlor, ihm dennoch beibrachte, dass Hass eine Krankheit sei. „Ihretwegen“, erzählt ihr Jamil, „bin ich bei den Friedenskämpfern.“
Lizzie Doron hat das Buch seiner Mutter gewidmet: Hemda Jamil Abdallah. „Die Tragödie des Anderen zu verstehen, ist die Voraussetzung, um einander keine weiteren Tragödien zuzufügen“, sagt Doron, die sich seitdem gemeinsam mit den Friedenskämpfern engagiert, einige von ihnen auch nach Berlin, ihre zweite Heimat, eingeladen hat, um dort das Projekt vorzustellen. Ihr Buch ist in der Übersetzung von Mirjam Pressler bei dtv erschienen. Ein Verlag in Israel schrieb, der Stoff sei zwar interessant, aber Israelis wohl nicht die geeigneten Leser. Sie solle doch lieber weiter über die Schoah und ihre Nachwirkungen in der nächsten Generation schreiben. Besser verkäuflich. Auch ihr vorheriges Werk „Who the fuck is Kafka“, in der sie von einem gemeinsamen Projekt mit einem arabisch-palästinensischen Fotojournalisten erzählt, fand keinen Verleger.
„Viele meiner Freunde warfen mir vor, ich habe rote Linien überschritten“, schreibt Doron. „Aber ich hatte keine Alternative.“Die Organisation „Combatants for Peace“wurde in diesem Jahr für den Friedensnobelpreis nominiert, namentlich ihre Mitbegründer Chen Alon und Suliman al-Khatib. Aus dem Hebräi schen von Mirjam Pressler. dtv, 208 Seiten, 16,90 Euro.