Weinzierl hat ausgespielt
Nach einer enttäuschenden Premieren-Saison ist der Ex-FCA-Trainer seinen Job bei den Knappen schon wieder los. Sein Nachfolger ist ein 31-Jähriger aus der zweiten Liga
Die Menschen beim FC Schalke 04 sind ziemlich bescheiden geworden in den vergangenen Monaten. Die Fußballmannschaft hat eine sehr dürftige Saison hinter sich, selbst auf dem Gebiet der internen Streitereien hat Borussia Dortmund dem Revierklub inzwischen den Rang abgelaufen. Dafür ist ihnen nun der wohl größte Überraschungscoup der bisherigen Sommerpause gelungen. Ex-FCATrainer Markus Weinzierl ist entlassen worden. Sein Nachfolger ist der 31-jährige Domenico Tedesco, der mit Aue den Klassenerhalt in der zweiten Liga geschafft hat.
Sportvorstand Christian Heidel hatte zuvor zwar angemerkt, er wolle „dass die Mannschaft ein klares Konzept auf dem Platz zeigt“, und ein solches habe er unter Weinzierl „nicht erkannt“. Aber weil der langjährige Mainzer noch nie dazu neigte, seine Trainer zu entlassen und seinen Auftrag Schalke zu einem ruhigeren Pflaster zu machen, bisher bravourös umgesetzt hat, rechnete kaum jemand mit diesem Schritt.
Dabei liefert der Blick auf die Entwicklung der Mannschaft zahllose Argumente für einen Trainerwechsel. Gut, der Saisonbeginn mit den fünf Niederlagen war unglücklich, das Verletzungspech war spektakulär. Aber im Saisonfinale hatten die Schalker mehrfach die Gelegenheit, mit Siegen gegen deutlich schwächer besetzte Teams in die Europapokalregion vorzustoßen. Genau in diesen Momenten spielten sie besonders erbärmlich. Schalke war nicht nur erfolglos, was noch schlimmer ist: Sie waren irgendwie auch grau und bedeutungslos geworden. Irgendwann war es sogar so weit, dass ausgewiesene Kritiker des vor Heidels Auftauchen so unbedacht agierenden Aufsichtsratschefs Clemens Tönnies sich die alte harte Hand zurückwünschten. Zwar ist Heidel das Kunststück gelungen, Schalke zur Vernunft zu bringen, aber in diesem Prozess ist dem Klub seine emotionale Wucht verloren gegangen. Eine Wucht, die viel zerstören kann, die aber auch den Zauber der Königsblauen ausmacht.
Tönnies ist zwar schon lange nicht mehr öffentlich aufgetreten, aber natürlich kann man fest davon ausgehen, dass er nach innen keineswegs still gehalten hat. Als Vorsitzender eines Aufsichtsgremiums ist es schließlich seine Aufgabe, Fehler im operativen Geschäft zu erkennen und auf eine Korrektur hinzuwirken. Zumal auch Spieler begannen, offen Widerstand zu leisten. Max Meyer äußerte sich kritisch zu Weinzierl, und Yevgen Konoplyanka sagte nach Saisonende über den Ex-Trainer: „Er ist ein Feigling! Und ich sage es ganz ehrlich: Er bleibt nicht länger Trainer dieser Mannschaft. Ansonsten steigt Schalke in die zweite Liga ab.“
Während die Trainerentlassung Tönnies’ Handschrift trägt, erscheint die Nachfolgeregelung mit Tedesco wie ein typsicher Heidel. Der Manager hat schon Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und Martin Schmidt auf die Bühne des professionellen Fußballs geholt, Tedesco ist ganz ähnlich sozialisiert: Er arbeitete in den hoch ambitionierten Jugendabteilungen des VfB Stuttgart und von 1899 Hoffenheim, gilt als kluger Stratege und absolvierte die Trainerausbildung mit der Abschlussnote 1,0. Mit Erzgebirge Aue schaffte er ein verrücktes Klassenerhaltswunder in der zweiten Liga, eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Mann in der Bundesliga auftaucht. Nun betritt er die Bühne bei Schalke 04.