Die Diktatur der Technik
TVON GISELA GADGET redaktion@rieser nachrichten.de echnik kann einem das Leben ja ungemein erleichtern – und ganz viel messen. Und messen will der Mensch von heute ja am liebsten alles genau. Ich seit Kurzem auch: Schritte, gelaufene Kilometer, verbrauchte Kalorien. Ein kleines Armband informiert mich über all das. Außerdem weckt es mich, überwacht meinen Schlaf und kann allerlei Schnickschnack. Weitere Eigenschaft: Es meldet, wenn man zu lange nur herumgesessen hat.
Kürzlich war ich auf der Autobahn unterwegs, eine längere Fahrt. Auf einmal: Brrr. Brrr. Das neue Armband vibriert wie verrückt, ich habe Mühe, das Steuer gerade zu halten. Ein Blick aufs Display. Darauf ein winziges Männchen, das auf der Stelle läuft. Es scheint mit zuzurufen: „Du musst dich bewegen, jetzt!“In meinem Kopf spielten sich folgende Szenen ab: Wie ich das Lenkrad herumreiße, hastig auf den Standstreifen fahre, mit einem Bein schon aus dem Wagen springend. Danach: stundenlanges Joggen, den Blick fest aufs Armband gerichtet. Vorbei an Autobahnraststätten, Lärmschutzwänden und Wiesen, während sekündlich Lastwagen und Autos vorbeirasen. Die Nacht bricht an. Alles egal. Jetzt heißt es: Laufen, laufen, laufen. Nur die Polizei kann mich stoppen. Die beiden Beamten brüllen, ich solle stehen bleiben. Ich brülle zurück: „Das Band duldet keinen Widerspruch! Laufen heißt laufen! Leben Sie doch einmal unter der Fuchtel eines solchen Fitness-Diktators!“Interessiert die Ordnungshüter nicht. Einer zückt Handschellen, der andere einen Elektroschocker.
Da rückt auf einmal ein Krankenwagen an. Mein Fitness-Armband hat ihn gerufen – durch seine pfiffige Extra-Funktion: Ist der Puls gefährlich hoch, wählt es den Rettungsdienst und teilt ihm meinen Standort mit. Wenn mich die Sanitäter vom brüllenden Polizisten wegreißen, dann – Brrrr. Brrrr. Moment. Oh nein, das Armband. Das laufende Männchen ist wieder da. Ich muss los ... Technik kann einem das Leben ja ungemein erleichtern.