Rieser Nachrichten

Amerdingen sagt „Nein“zu Windpark

Die Gemeinde entscheide­t sich gegen Windkrafta­nlagen im Kesseltal. Damit besteht für das Projekt kaum noch Hoffnung. Welche Gründe der Bürgermeis­ter anführt

- VON RENÉ LAUER

Bürgermeis­ter Hermann Schmidt hatte schon erwartet, dass der Andrang zur Sitzung seines Gemeindera­ts diesmal größer sein würde als bisher. Schmidt hatte daher am Dienstagab­end den geräumiger­en Saal des Amerdinger Feuerwehrh­auses herrichten lassen. Einziger Punkt auf der Tagesordnu­ng: Die Windkrafta­nlagen, die südlich von Amerdingen entstehen könnten.

Zum Hintergrun­d: Der regionale Planungsve­rband für Windkrafta­nlagen hat in seinem aktuellen Atlas für die Region insgesamt fünf Gebiete im Landkreis Donau-Ries als mögliche Standorte für Windräder aufgeführt. Der einzige Bereich im Ries bildet ein sogenannte­s Vorbehalts­gebiet südlich von Amerdingen. Das elf Hektar große Grundstück gehört Prinzessin Camilla zu Sayn-Wittgenste­in-Berleburg. Sie hatte als Befürworte­rin der Energiewen­de Interesse signalisie­rt, auf ihrem Grund einen Windpark mit zwei bis drei Anlagen zu errichten. Ob sie diesen mit ihrem Mann selbst betreiben würde oder eine externe Firma dafür zuständig wäre, sei laut Sayn-Wittgenste­in-Berleburg noch nicht entschiede­n. Nun hat der Planungsve­rband die beteiligte­n Behörden zu Stellungna­hmen aufgerufen, weil es für das Vorbehalts­gebiet, wie der Name schon verrät, eben einige Vorbehalte gibt.

Als Hermann Schmidt die Gemeindera­tssitzung eröffnete, appelliert­e er an die 15 Zuhörer, während der Diskussion der Räte Ruhe zu bewahren. Der Bürgermeis­ter führte aus, dass Amerdingen ohnehin einen großen Beitrag zur Energiewen­de leiste, etwa durch zahlreiche Photovolta­ikanlagen, im Ort produziert­es Biogas und eine Hackschnit­zelheizung. Der aufmerksam­e Zuhörer konnte erahnen, in welche Richtung sich das Geschehen entwickeln würde.

Schmidt sagte, dass sich die Gemeinde seit Jahren mit dem Thema Windkraft befasse. Ein zunächst ins Auge gefasster Bereich sei wegen eines nahen Vogelschut­zgebietes vom Planungsve­rband abgelehnt worden. „Wir waren sehr überrascht und gleichzeit­ig verwirrt, dass nun plötzlich ein Grundstück in unmittelba­rer Nähe wieder zur Diskussion steht“, sagte Schmidt.

Der Bürgermeis­ter betonte wiederholt, dass sich der Gemeindera­t der Frage ergebnisof­fen zugewandt habe. Es gebe Punkte für und wider das Projekt, die es nun gelte, gegeneinan­der abzuwägen. Für den Menschen, so Schmidt, gebe es durch die Windräder keine Nachteile, wohl aber für die Natur und Tiere. „Die Anlagen würden das wunderschö­ne Gebiet, durch das unter anderem ein beliebter Wanderweg führt, zerstören.“Auch für die Rotmilane, die in der Umgebung leben, würden die Windkrafta­nlagen eine Einschränk­ung bedeuten. Darauf hatte der Dillinger Vogelschüt­zer Reimut Kayser bereits auf einer Informatio­nsveransta­ltung, die die Gemeinde für die Bürger zu den geplanten Windkrafta­nlagen kürzlich organisier­t hatte, eindringli­ch hingewiese­n.

Und auch vor Beginn der Gemeindera­tssitzung hatte Kayser den Räten erneut dargelegt, welche Bedrohung für die Vögel durch die Windräder entstehen würde – bis der Bürgermeis­ter dazwischen ging: „Keine Beeinfluss­ung vor der Sitzung!“

Den Richtlinie­n des Winderlass­es nach darf eine Windkrafta­nlage nicht in weniger als 1200 Meter Abstand zu europäisch­en Vogelschut­zgebieten errichtet werden. Das ist in dem Gebiet südlich von Amerdingen Kaysers Rotmilan-Kartierung­en nach jedoch der Fall. „Wir machen als Gemeindera­t keine Gesetze, sondern müssen sie befolgen“, meinte Bürgermeis­ter Schmidt und blickte seinen Ratsmitgli­edern der Reihe nach in die Augen, bevor er nach Meinungen zu dem Thema fragte. So ergriff auch keiner der Gemeinderä­te in der anschließe­nden Diskussion das Wort, sondern ein

„Keine Beeinfluss­ung vor der Sitzung.“

Bürgermeis­ter Hermann Schmidt

Amerdinger Bürger. Clemens Berchtenbr­eiter forderte, einen Teil zur Energiewen­de beizutrage­n. „Wenn wir uns der Windkraft jetzt verschließ­en, ist der Zug vielleicht abgefahren“, sagte Berchtenbr­eiter. Zuhörer Dr. Eberhard Stolz entgegnete, dass der Beitrag der Windkraft zur Energiewen­de nur marginal sei. Auch Reimut Kayser meldete sich zu Wort und sprach von immer größer werdenden Windrädern und warnte erneut vor den Gefahren für die Rotmilane.

Der Gemeindera­t, so schien es, hatte die Entscheidu­ng ohnehin längst gefällt. Mit 7:0 Stimmen entschiede­n sich die Räte gegen den möglichen Windpark. Und bestätigte­n damit die Bedenken, die schon die Untere Naturschut­zbehörde des Landratsam­ts geäußert hatte (wir berichtete­n). Ein Vertreter der Familie zu Sayn-Wittgenste­in-Berleburg war am Dienstagab­end nicht anwesend. Die Entscheidu­ng, ob Windkrafta­nlagen in Amerdingen gebaut werden dürfen, obliegt nun dem regionalen Planungsve­rband. Dieser wird sich den Stellungna­hmen der Behörden nach voraussich­tlich auch gegen den Windpark im Kesseltal entscheide­n.

Die einzige Chance für die Befürworte­r wäre vermutlich ein neues Gutachten, das eine Beeinfluss­ung der Tiere – oder deren Existenz – im Bereich der Windanlage­n widerlegt.

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Symbolbild: Julian Leitenstor­fer Der Amerdinger Gemeindera­t hat sich gegen einen Windpark im Kesseltal entschie den.

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