Rieser Nachrichten

Letzte Runde im Irish Pub

In der Nördlinger Kultkneipe haben sich Pächter und Vermieter so zerstritte­n, dass am 31. Juli der Vertrag ausläuft. Die bisherigen Partnermac­hen sich gegenseiti­g Vorwürfe

- VON ROBERT MILDE

Die ganze Geschichte erinnert ein wenig an ein altes Ehepaar, das gestritten hat, sich in der Folge auseinande­r lebt und jedes weitere Wort auf die Goldwaage legt. In einer der berühmtest­en Ehestreiti­gkeiten der Filmgeschi­chte, dem „Rosenkrieg“zwischen Michael Douglas und Kathleen Turner, endet die Auseinande­rsetzung übel. Ganz so schlimm ist es in unserem Fall nicht.

Die Protagonis­ten unseres Streits und langjährig­e (Geschäfts-) Partner sind Gerhard „Dschedsche“Burger, seit mehr als 15 Jahren Wirt von „Dschedsche­s Irish Pub“am Weinmarkt, und Getränkeun­ternehmer sowie Pub-Verpächter Jürgen Orth. Letzterer hatte das Gebäude vor einigen Jahren im Zuge einer Zwangsvers­teigerung erworben; die vorherigen Inhaber, das Ehepaar Waldenmeie­r von der gleichnami­gen Sprengmitt­el-Firma aus Deiningen, waren kurz hintereina­nder überrasche­nd verstorben. So wurde Jürgen Orth, als Getränkeli­eferant schon seit rund 20 Jahren mit Gerhard Burger verbandelt, in der jüngeren Vergangenh­eit auch dessen Vermieter.

Das ging so lange gut, bis Burger sich im vergangene­n Jahr aufgrund anhaltende­r Rückenprob­leme offenbar Gedanken über eine eventuelle Nachfolge machte. Der Gastronom legt Wert auf die Feststellu­ng, dass er Orth gegenüber keineswegs erklärt habe, dass er seinen Beruf als Wirt nicht mehr ausüben könne und wolle (wie Orth es eigenen Aussagen zufolge verstanden hat). Vielmehr habe er lediglich in die Zukunft und an seine spätere Altersvers­orgung gedacht.

Mit Markus Engstler, einem gebürtigen Nördlinger und gelernten Banker, fand Burger offenbar einen Interessen­ten, dessen Traum es schon immer gewesen sei, in seiner Heimatstad­t ein Lokal zu betreiben. Gemeinsam erarbeitet­e man eine Konzeption, die Engstler als Pächter und Burger für mindestens weitere drei Jahre als dessen Angestellt­en hinter dem Tresen vorsah. „Das hätte einen reibungslo­sen Übergang ermöglicht, zumal der Irish Pub halt sehr eng mit meiner Person verbunden ist“, erklärt Burger, der nicht verhehlt, dass seine Wunschlösu­ng für ihn finanziell­e Vorteile gehabt Engstler habe das von Burger im Laufe der Zeit erworbene PubInventa­r im Wert einer sechsstell­igen Summe übernehmen wollen. Viel wichtiger aber für ihn: „Die Kneipe hätte so weiterlauf­en können wie bisher“, so Burger.

Im Dezember 2016 kam es zum Gespräch zwischen Orth, Burger und Engstler. Orth zufolge eine lose Kontaktauf­nahme ohne tiefere Inhalte, zumal die vereinbart­e Übersendun­g von weiteren Unterlagen stark verspätet erledigt wurde. „Burger hatte Wünsche, die ich so nicht erfüllen konnte. Ich wollte einen vernünftig­en Ansprechpa­rtner und keine Mischforme­n, die rechtlich nicht machbar sind“, sagt Orth. Dass er Burger wenig später die Kündigung zum 31. Juli geschickt habe, habe damit aber gar nichts zu tun. Vielmehr habe der noch zwischen Waldenmeie­r und Burger ausgehande­lte Pachtvertr­ag Schwachste­llen gehabt, die einer Überarbeit­ung bedurften. „Ich war zu diesem Zeitpunkt nach wie vor bereit, mit Herrn Burger zu verlängern, aber eben nur mit ihm und nicht mit jemand anderem, der seine Bodenständ­igkeit noch nicht bewiesen hat“, betont Orth.

In der Folge verhärtete­n sich die Fronten. Ein paar Mails schwirrten hin und her, in denen die unterschie­dlichen Auffassung­en deutlich wurden, ein Telefonat verlief eher unfreundli­ch. „Eine solche Behandlung ist nach 20 Jahren Zusammenar­beit absolut enttäusche­nd“, sagt Burger und vermisst jegliche Kompromiss­bereitscha­ft bei seinem Vermieter. Orth wiederum moniert, dass Burger zu emotional und wenig zielführen­d verhandelt habe: „Alle 14 Tage kam da eine andere Idee. Vertragsve­rhandlunge­n sind aber kein Wunschkonz­ert.“

Inzwischen ist es für eine Einihätte: gung zu spät. Orth hat einen neuen Pächter („aus der Nördlinger Gastronomi­e“) gefunden, der nach einer Grundmoder­nisierung das Konzept einer „kommunikat­iven Gaststätte“vermutlich ab dem Herbst weiterführ­en soll. Burger steht vor der Herausford­erung, sein umfangreic­hes Inventar (wertvollst­es Stück dürfte die große Theke sein) auszubauen und zwischenzu­lagern. Gleichzeit­ig ist er auf der Suche nach neuen Räumlichke­iten, um das „Irish Pub“an anderer Stelle möglichst noch in diesem Jahr wiederzuer­öffnen.

Selten einmütig betonen Burger und Orth, dass es keine wirtschaft­lichen Gründe für das Vertragsen­de gebe, auch eine Pachterhöh­ung sei kein Thema gewesen.

Wie das alte Ehepaar, das vor dem Scheidungs­richter erkennt, dass die vergangene­n Jahrzehnte so schlecht gar nicht waren...

 ?? Foto: Robert Milde ?? Seit 15 Jahren ist der „Irish Pub“am Weinmarkt fester Bestandtei­l des Nördlinger Kneipenleb­ens. Weil sich Pächter Gerhard Bur ger und Vermieter Jürgen Orth zerstritte­n haben, ist am 31. Juli Schluss mit Guinness und Whiskey.
Foto: Robert Milde Seit 15 Jahren ist der „Irish Pub“am Weinmarkt fester Bestandtei­l des Nördlinger Kneipenleb­ens. Weil sich Pächter Gerhard Bur ger und Vermieter Jürgen Orth zerstritte­n haben, ist am 31. Juli Schluss mit Guinness und Whiskey.

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