Letzte Runde im Irish Pub
In der Nördlinger Kultkneipe haben sich Pächter und Vermieter so zerstritten, dass am 31. Juli der Vertrag ausläuft. Die bisherigen Partnermachen sich gegenseitig Vorwürfe
Die ganze Geschichte erinnert ein wenig an ein altes Ehepaar, das gestritten hat, sich in der Folge auseinander lebt und jedes weitere Wort auf die Goldwaage legt. In einer der berühmtesten Ehestreitigkeiten der Filmgeschichte, dem „Rosenkrieg“zwischen Michael Douglas und Kathleen Turner, endet die Auseinandersetzung übel. Ganz so schlimm ist es in unserem Fall nicht.
Die Protagonisten unseres Streits und langjährige (Geschäfts-) Partner sind Gerhard „Dschedsche“Burger, seit mehr als 15 Jahren Wirt von „Dschedsches Irish Pub“am Weinmarkt, und Getränkeunternehmer sowie Pub-Verpächter Jürgen Orth. Letzterer hatte das Gebäude vor einigen Jahren im Zuge einer Zwangsversteigerung erworben; die vorherigen Inhaber, das Ehepaar Waldenmeier von der gleichnamigen Sprengmittel-Firma aus Deiningen, waren kurz hintereinander überraschend verstorben. So wurde Jürgen Orth, als Getränkelieferant schon seit rund 20 Jahren mit Gerhard Burger verbandelt, in der jüngeren Vergangenheit auch dessen Vermieter.
Das ging so lange gut, bis Burger sich im vergangenen Jahr aufgrund anhaltender Rückenprobleme offenbar Gedanken über eine eventuelle Nachfolge machte. Der Gastronom legt Wert auf die Feststellung, dass er Orth gegenüber keineswegs erklärt habe, dass er seinen Beruf als Wirt nicht mehr ausüben könne und wolle (wie Orth es eigenen Aussagen zufolge verstanden hat). Vielmehr habe er lediglich in die Zukunft und an seine spätere Altersversorgung gedacht.
Mit Markus Engstler, einem gebürtigen Nördlinger und gelernten Banker, fand Burger offenbar einen Interessenten, dessen Traum es schon immer gewesen sei, in seiner Heimatstadt ein Lokal zu betreiben. Gemeinsam erarbeitete man eine Konzeption, die Engstler als Pächter und Burger für mindestens weitere drei Jahre als dessen Angestellten hinter dem Tresen vorsah. „Das hätte einen reibungslosen Übergang ermöglicht, zumal der Irish Pub halt sehr eng mit meiner Person verbunden ist“, erklärt Burger, der nicht verhehlt, dass seine Wunschlösung für ihn finanzielle Vorteile gehabt Engstler habe das von Burger im Laufe der Zeit erworbene PubInventar im Wert einer sechsstelligen Summe übernehmen wollen. Viel wichtiger aber für ihn: „Die Kneipe hätte so weiterlaufen können wie bisher“, so Burger.
Im Dezember 2016 kam es zum Gespräch zwischen Orth, Burger und Engstler. Orth zufolge eine lose Kontaktaufnahme ohne tiefere Inhalte, zumal die vereinbarte Übersendung von weiteren Unterlagen stark verspätet erledigt wurde. „Burger hatte Wünsche, die ich so nicht erfüllen konnte. Ich wollte einen vernünftigen Ansprechpartner und keine Mischformen, die rechtlich nicht machbar sind“, sagt Orth. Dass er Burger wenig später die Kündigung zum 31. Juli geschickt habe, habe damit aber gar nichts zu tun. Vielmehr habe der noch zwischen Waldenmeier und Burger ausgehandelte Pachtvertrag Schwachstellen gehabt, die einer Überarbeitung bedurften. „Ich war zu diesem Zeitpunkt nach wie vor bereit, mit Herrn Burger zu verlängern, aber eben nur mit ihm und nicht mit jemand anderem, der seine Bodenständigkeit noch nicht bewiesen hat“, betont Orth.
In der Folge verhärteten sich die Fronten. Ein paar Mails schwirrten hin und her, in denen die unterschiedlichen Auffassungen deutlich wurden, ein Telefonat verlief eher unfreundlich. „Eine solche Behandlung ist nach 20 Jahren Zusammenarbeit absolut enttäuschend“, sagt Burger und vermisst jegliche Kompromissbereitschaft bei seinem Vermieter. Orth wiederum moniert, dass Burger zu emotional und wenig zielführend verhandelt habe: „Alle 14 Tage kam da eine andere Idee. Vertragsverhandlungen sind aber kein Wunschkonzert.“
Inzwischen ist es für eine Einihätte: gung zu spät. Orth hat einen neuen Pächter („aus der Nördlinger Gastronomie“) gefunden, der nach einer Grundmodernisierung das Konzept einer „kommunikativen Gaststätte“vermutlich ab dem Herbst weiterführen soll. Burger steht vor der Herausforderung, sein umfangreiches Inventar (wertvollstes Stück dürfte die große Theke sein) auszubauen und zwischenzulagern. Gleichzeitig ist er auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten, um das „Irish Pub“an anderer Stelle möglichst noch in diesem Jahr wiederzueröffnen.
Selten einmütig betonen Burger und Orth, dass es keine wirtschaftlichen Gründe für das Vertragsende gebe, auch eine Pachterhöhung sei kein Thema gewesen.
Wie das alte Ehepaar, das vor dem Scheidungsrichter erkennt, dass die vergangenen Jahrzehnte so schlecht gar nicht waren...