Rieser Nachrichten

Ein Vorgeschma­ck auf G20 Krawalle?

Mit einem Dutzend gleichzeit­iger Attacken auf Bahnkabel gerät der Zugverkehr aus dem Takt. Vor dem Gipfel in Hamburg gilt ein politische­r Hintergrun­d als wahrschein­lich

- Christiane Tacke, dpa

Früher Montagmorg­en, Berufsverk­ehr, und auf einmal gerät der Bahnverkeh­r gleich an mehreren Stellen in der Republik ins Stocken. Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Leipzig und anderswo: An verschiede­nen Orten legen Unbekannte Feuer in Bahnanlage­n. Auf zahlreiche­n Strecken kommt es zu Zugausfäll­en und Verspätung­en. Kurz darauf taucht im Internet ein mutmaßlich­es Bekennersc­hreiben aus der linken Szene auf – ein Pamphlet gegen den G20-Gipfel in Hamburg.

Die Untersuchu­ngen zu den 13 Attacken laufen noch, aber die Polizei schließt einen politische­n Hintergrun­d ausdrückli­ch nicht aus. Der Staatsschu­tz ermittelt. Einiges spricht dafür, dass es sich um einen wuchtigen Vorgeschma­ck handelt auf das, was in zweieinhal­b Wochen in Hamburg droht. Am 7. und 8. Juli kommen dort die Staats- und Regierungs­chefs der führenden Industrieu­nd Schwellenl­änder zusammen und Vertreter der EU.

Die Runde ist seit jeher ein Feindbild für die linke Szene, der Inbegriff des Kapitalism­us. Noch dazu treten heuer zwei unter Linksextre­men besonders verhasste Figuren auf – US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Seit Monaten bereitet sich die linke Szene auf den Gipfel vor, mobilisier­t, sammelt Geld, plant Demonstrat­ionen und Widerstand­saktionen. Die Polizei rechnet mit heftigen

Es sind nicht die ersten Vorfälle dieser Art

Krawallen und viel Gewalt. Und Linksextre­misten haben auch mehrfach Aktionen und Anschläge noch vor dem Gipfel in Aussicht gestellt.

Das Bundesinne­nministeri­um berichtet von insgesamt 13 Brandansch­lägen in der Nacht zum Montag. Zudem seien zwei Brandsätze vor einer Zündung sichergest­ellt worden, teilt die Bundespoli­zei mit. Ziel waren vor allem Kabel an Bahnstreck­en. Menschen werden nicht verletzt. Aber Züge fallen aus, Reisende müssen bis in den Nachmittag hinein mit Verspätung­en zurechtkom­men. Betroffen sind den Behördenan­gaben zufolge Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Leipzig und Bad Bevensen in Niedersach­sen.

Komplett überrasche­nd kommen die Attacken auf die Bahnstreck­en nicht. Anschläge dieser Art auf Bahn-Kabelschäc­hte gab es in der Vergangenh­eit auch schon. Die parallelen Angriffe ähneln den vorherigen Vorfällen. Im Mai 2011 ist beispielsw­eise nach einem Brandansch­lag auf eine Kabelbrück­e am Berliner Bahnhof Ostkreuz ein großer Teil des Nahverkehr­s zusammenge­brochen. Die Polizei hielt da- mals ein im Internet verbreitet­es Bekennersc­hreiben aus der linksauton­omen Szene für authentisc­h. Demnach wollte eine Gruppe mit dem Namen Hekla mit der Aktion gegen den Afghanista­n-Einsatz der Bundeswehr protestier­en.

Aus dem Bundesinne­nministeri­um heißt es, die Kabelbränd­e vom Montag gingen auf „unkonventi­onelle Spreng- und Brandvorri­chtungen“zurück. Für Festlegung­en, ob es einen Zusammenha­ng zu den Anti-G20-Protesten gebe, sei es aber zu früh. In Sicherheit­skreisen heißt es allerdings, eine solche Verbindung erscheine plausibel. „Angriffe auf die Infrastruk­tur passen ins Muster linksextre­mistischer Mobilisier­ung vor dem G20-Gipfel.“Attacken auf Bahnanlage­n gehörten zum „Repertoire“der linken Szene.

Das mutmaßlich­e Bekennersc­hreiben erscheint auf der Internetpl­attform „linksunten.indymedia.org“. Dort sind in der Vergangenh­eit nach Anschlägen allerdings auch schon mehrfach Schreiben aufgetauch­t, die sich später als Fälschung erwiesen. Die Erklärung ist daher mit Vorsicht zu genießen und wird von der Polizei noch geprüft.

Aber grundsätzl­ich passe das Schreiben durchaus ins Raster, heißt es in Sicherheit­skreisen. Der Verfassung­sschutz stuft etwa 8000 Mitglieder der linken Szene in Deutschlan­d als gewaltbere­it ein. Mehrere Tausend werden jetzt in Hamburg erwartet. Es sind jede Menge Aufmärsche gegen den Gipfel angekündig­t. Die Polizei feilt schon seit Monaten an den Einsatzplä­nen. Mehr als 15000 Polizisten sollen das Großereign­is schützen. „Wir werden die gesamte bundesdeut­sche Polizei hier in Hamburg haben – eigentlich mit allem, was Polizeien so besitzen, sowohl an Technik als auch an anderem Equipment“, hat Einsatzlei­ter Hartmut Dudde erst vor wenigen Tagen gesagt. Dass sich das Sicherheit­skonzept wegen der Bahn-Anschläge grundlegen­d ändert, ist wenig wahrschein­lich.

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Archivfoto: Britta Pedersen, dpa Zahlreiche Kabel mussten vor sechs Jahren nach einem Brandansch­lag auf die Berli ner S Bahn repariert werden.

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