Über die Äcker
Karlheinz Götz erklärt Mitbürgern auf seinen Feldern seine Arbeit. Wie der Landwirt auf die Idee kam und was er damit erreichen will
Ein Mann steht einen halben Meter in einem Zuckerrübenfeld und stützt sich auf einen Spaten. In der Linken hält er eine Pflanze und fragt: „Wer kennt die?“Rund 15 Menschen stehen im Halbkreis vor ihm. Ihre Blicke wirken verunsichert – bis ein älterer Mann sagt: „Ein Schosser.“Der Mann, Landwirt Karlheinz Götz, nickt. „Diese Wildrübe ist eigentlich wie Unkraut, da sie nicht weiterverarbeitet werden kann.“Früher haben Feldarbeiter damit ihr Mess’-Taschengeld aufgebessert. Die Pflanzen müssen nämlich von Hand herausgezogen werden. Da fragt eine Teilnehmerin, warum Götz gegen die Pflanze nichts sprüht. „Ich setze Pflanzenschutzmittel gegen Kraut, Disteln und Gräser ein, aber gegen die Schosser kann ich nichts sprühen, da sonst auch die normalen Zuckerrüben sterben würden“, erklärt er.
Pflanzenschutzmittel waren eines der beherrschenden Themen der Feldführung, die der Landwirt auf seinen Äckern veranstaltete. Auf die Idee, mit Bürgern auf die Felder zu gehen und die Arbeit der Landwirte zu erklären, kam Götz vor einem Jahr. Als er gerade den Mais aussäte, hatten ihn Fahrradfahrer angesprochen. „Sie interessierten sich für die verschiedenen Abstände“, erinnert sich Götz. Er habe sie dann ein wenig herumgeführt und ihnen erklärt, dass verschiedene Maissorten unterschiedliche Abstände benötigten. Tage später trafen die Fahrradfahrer Götz’ Ehefrau Dunja beim Einkaufen wieder und sagten, wie begeistert sie von den Erklärungen waren.
Der Vater von fünf Kindern ist neben seinem Beruf als Landwirt auch der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes für den Landkreis Donau-Ries. „Ich möchte ein Vorbild für andere Bauern sein“, sagt Götz. Er würde es begrüßen, wenn mehr Landwirte seinem Beispiel folgen und ähnliche Führungen an ihren Betrieben anbieten würden. „Viele Bürger fahren täglich an unseren Feldern vorbei, wirklich etwas über unsere Arbeit wissen aber die wenigsten.“Zu oft zeigten Berichte ein falsches Bild von den Landwirten, sagt der 47-Jährige.
Mit seinen Feldführungen will er eine Grundlage für offene Diskussionen mit den Bürgern vor Ort schaffen. „Oft beschweren sich Naturschützer über dieses oder jenes, aber selber waren sie nie auf den Feldern“, sagt Götz. So erklärt er, dass unter den Blättern der Zuckerrübe und der Kartoffelpflanze Feldlerchen nisten.
Eine andere Pflanze, die den Landwirt stört, ist eine alte Eiche. Sie steht in der Mitte eines Zuckerrübenfeldes auf einem kleinen Hügel. Die Äste sind kahl. „Einst hieß sie die schöne Eiche. Heute würde traurige besser passen“, sagt Götz. Vor einigen Jahren sei der Baum von Eichenprozessionsspinnern befallen gewesen. Das Landratsamt würde nicht erlauben, dass der Baum gefällt werden darf, sagt der Landwirt. Auf Nachfrage der Rieser Nachrichten erklärte das Landratsamt Donau-Ries, dass die Eiche im Jahr 1938 per Verordnung als Naturdenkmal festgesetzt wurde und diesen Status bis heute habe.
Das kann mit der Geschichte des Hofes zu tun haben. Die Fasanerie gehörte, wie Götz erklärt, bis in die 1930er Jahren den Fürsten aus Wallerstein. Bis ins 18. Jahrhundert gab es einen großen Eichenwald, worin Fasane lebten. Die Bäume seien abgeholzt und das Holz nach England für den Schiffsbau verkauft worden. Nur eine Eiche ließ man übrig – die „schöne Eiche“auf dem Hügel.
Von den Zuckerrüben ging es zu den Kartoffeln. Das Nachtschattengewächs ist ähnlich wie die Tomatenpflanze anfällig für Käfer. Deswegen, so erklärt Götz, sprühe ein Landwirt bis zu zwölf Mal Pflanzenschutzmittel. „Vor allem nachts wenn es kühl und windstill ist.“Die Mittel verdunsteten nämlich bei Temperaturen über 25 Grad Celsius und seien nicht billig. Götz hat in dieser Saison rund 22 Hektar Kartoffeln. Das Schutzmittel kostet pro Hektar ungefähr 35 Euro – bei zwölf Mal spritzen, ergibt das eine hohe vierstellige Summe.
Immer wieder rupft Götz Pflänzchen aus den Boden. Mal einen Windenknöterich, mal eine AckerWinde oder eine Melde. Die Teilnehmer lernen ganz nebenbei einiges über die Botanik der Wiesen.
Nach dem Kartoffelfeld folgt der Mais. „Viele beschweren sich immer, dass so viel Mais angepflanzt wird“, sagt Götz. Doch die subtropische Pflanze sei sehr gut fürs Klima. Da die Blätter noch jenseits der 30 Grad Celsius Fotosynthese betreiben können, andere Getreidesorten und Pflanzen könnten das nicht. „Und Mais braucht nur sehr wenig Pflanzenschutz“, ergänzt der Landwirt. Gleich daneben ist ein Feld mit Weizen. „Bisher sieht alles sehr gut aus, nur nach der Blüte sollte es nicht mehr so viel regnen“, sagte Götz. Dann würden sich Mykotoxine in den Pflanzen bilden. Eine Teilnehmerin der Feldführung fragt: „Wie viele Sorten Weizen gibt es eigentlich?“Die Antwort fällt knapp aus: „Viele.“
Nach gut zwei Stunden über die Felder bewegte sich die Gruppe zurück zum Hof. In einer Scheune sind Bierbänke und eine Brotzeit angerichtet. Götz sitzt mittendrin und beantwort mehr als anderthalb Stunden Fragen. Er ist zufrieden mit der ersten größeren Feldführung. Am kommenden Freitag bietet er eine weitere Führung an. O
Anmeldungen zur Führung unter Te lefon 09081/79004 möglich. Für den Imbiss verlangt die Familie Götz fünf Euro pro Teilnehmer.