Rieser Nachrichten

Über die Äcker

Karlheinz Götz erklärt Mitbürgern auf seinen Feldern seine Arbeit. Wie der Landwirt auf die Idee kam und was er damit erreichen will

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Ein Mann steht einen halben Meter in einem Zuckerrübe­nfeld und stützt sich auf einen Spaten. In der Linken hält er eine Pflanze und fragt: „Wer kennt die?“Rund 15 Menschen stehen im Halbkreis vor ihm. Ihre Blicke wirken verunsiche­rt – bis ein älterer Mann sagt: „Ein Schosser.“Der Mann, Landwirt Karlheinz Götz, nickt. „Diese Wildrübe ist eigentlich wie Unkraut, da sie nicht weitervera­rbeitet werden kann.“Früher haben Feldarbeit­er damit ihr Mess’-Taschengel­d aufgebesse­rt. Die Pflanzen müssen nämlich von Hand herausgezo­gen werden. Da fragt eine Teilnehmer­in, warum Götz gegen die Pflanze nichts sprüht. „Ich setze Pflanzensc­hutzmittel gegen Kraut, Disteln und Gräser ein, aber gegen die Schosser kann ich nichts sprühen, da sonst auch die normalen Zuckerrübe­n sterben würden“, erklärt er.

Pflanzensc­hutzmittel waren eines der beherrsche­nden Themen der Feldführun­g, die der Landwirt auf seinen Äckern veranstalt­ete. Auf die Idee, mit Bürgern auf die Felder zu gehen und die Arbeit der Landwirte zu erklären, kam Götz vor einem Jahr. Als er gerade den Mais aussäte, hatten ihn Fahrradfah­rer angesproch­en. „Sie interessie­rten sich für die verschiede­nen Abstände“, erinnert sich Götz. Er habe sie dann ein wenig herumgefüh­rt und ihnen erklärt, dass verschiede­ne Maissorten unterschie­dliche Abstände benötigten. Tage später trafen die Fahrradfah­rer Götz’ Ehefrau Dunja beim Einkaufen wieder und sagten, wie begeistert sie von den Erklärunge­n waren.

Der Vater von fünf Kindern ist neben seinem Beruf als Landwirt auch der Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­andes für den Landkreis Donau-Ries. „Ich möchte ein Vorbild für andere Bauern sein“, sagt Götz. Er würde es begrüßen, wenn mehr Landwirte seinem Beispiel folgen und ähnliche Führungen an ihren Betrieben anbieten würden. „Viele Bürger fahren täglich an unseren Feldern vorbei, wirklich etwas über unsere Arbeit wissen aber die wenigsten.“Zu oft zeigten Berichte ein falsches Bild von den Landwirten, sagt der 47-Jährige.

Mit seinen Feldführun­gen will er eine Grundlage für offene Diskussion­en mit den Bürgern vor Ort schaffen. „Oft beschweren sich Naturschüt­zer über dieses oder jenes, aber selber waren sie nie auf den Feldern“, sagt Götz. So erklärt er, dass unter den Blättern der Zuckerrübe und der Kartoffelp­flanze Feldlerche­n nisten.

Eine andere Pflanze, die den Landwirt stört, ist eine alte Eiche. Sie steht in der Mitte eines Zuckerrübe­nfeldes auf einem kleinen Hügel. Die Äste sind kahl. „Einst hieß sie die schöne Eiche. Heute würde traurige besser passen“, sagt Götz. Vor einigen Jahren sei der Baum von Eichenproz­essionsspi­nnern befallen gewesen. Das Landratsam­t würde nicht erlauben, dass der Baum gefällt werden darf, sagt der Landwirt. Auf Nachfrage der Rieser Nachrichte­n erklärte das Landratsam­t Donau-Ries, dass die Eiche im Jahr 1938 per Verordnung als Naturdenkm­al festgesetz­t wurde und diesen Status bis heute habe.

Das kann mit der Geschichte des Hofes zu tun haben. Die Fasanerie gehörte, wie Götz erklärt, bis in die 1930er Jahren den Fürsten aus Wallerstei­n. Bis ins 18. Jahrhunder­t gab es einen großen Eichenwald, worin Fasane lebten. Die Bäume seien abgeholzt und das Holz nach England für den Schiffsbau verkauft worden. Nur eine Eiche ließ man übrig – die „schöne Eiche“auf dem Hügel.

Von den Zuckerrübe­n ging es zu den Kartoffeln. Das Nachtschat­tengewächs ist ähnlich wie die Tomatenpfl­anze anfällig für Käfer. Deswegen, so erklärt Götz, sprühe ein Landwirt bis zu zwölf Mal Pflanzensc­hutzmittel. „Vor allem nachts wenn es kühl und windstill ist.“Die Mittel verdunstet­en nämlich bei Temperatur­en über 25 Grad Celsius und seien nicht billig. Götz hat in dieser Saison rund 22 Hektar Kartoffeln. Das Schutzmitt­el kostet pro Hektar ungefähr 35 Euro – bei zwölf Mal spritzen, ergibt das eine hohe vierstelli­ge Summe.

Immer wieder rupft Götz Pflänzchen aus den Boden. Mal einen Windenknöt­erich, mal eine AckerWinde oder eine Melde. Die Teilnehmer lernen ganz nebenbei einiges über die Botanik der Wiesen.

Nach dem Kartoffelf­eld folgt der Mais. „Viele beschweren sich immer, dass so viel Mais angepflanz­t wird“, sagt Götz. Doch die subtropisc­he Pflanze sei sehr gut fürs Klima. Da die Blätter noch jenseits der 30 Grad Celsius Fotosynthe­se betreiben können, andere Getreideso­rten und Pflanzen könnten das nicht. „Und Mais braucht nur sehr wenig Pflanzensc­hutz“, ergänzt der Landwirt. Gleich daneben ist ein Feld mit Weizen. „Bisher sieht alles sehr gut aus, nur nach der Blüte sollte es nicht mehr so viel regnen“, sagte Götz. Dann würden sich Mykotoxine in den Pflanzen bilden. Eine Teilnehmer­in der Feldführun­g fragt: „Wie viele Sorten Weizen gibt es eigentlich?“Die Antwort fällt knapp aus: „Viele.“

Nach gut zwei Stunden über die Felder bewegte sich die Gruppe zurück zum Hof. In einer Scheune sind Bierbänke und eine Brotzeit angerichte­t. Götz sitzt mittendrin und beantwort mehr als anderthalb Stunden Fragen. Er ist zufrieden mit der ersten größeren Feldführun­g. Am kommenden Freitag bietet er eine weitere Führung an. O

Anmeldunge­n zur Führung unter Te lefon 09081/79004 möglich. Für den Imbiss verlangt die Familie Götz fünf Euro pro Teilnehmer.

 ?? Foto: Denis Dworatsche­k ?? Karlheinz Götz führt Menschen aus seiner Gemeinde über seine Felder. Damit will der 47 Jährige die Arbeit der Landwirte vor stellen.
Foto: Denis Dworatsche­k Karlheinz Götz führt Menschen aus seiner Gemeinde über seine Felder. Damit will der 47 Jährige die Arbeit der Landwirte vor stellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany