Rieser Nachrichten

Drei Dinge will ein Aktionär

Die Mitinhaber der Augsburger Patrizia Immobilien AG könnten zufrieden sein. Doch mit zwei Sachen hadern sie

- VON STEFAN STAHL

Börsianer müssen sich den ironischen Spruch von Carl Fürstenber­g auch noch heute anhören. Der 1933 gestorbene deutsche Bankier glaubte, Aktionäre seien dumm und frech. Dumm, weil sie ihr Geld anderen Leuten ohne ausreichen­de Kontrolle anvertraut­en und frech, weil sie Dividenden forderten, also für ihre Dummheit auch noch belohnt werden wollten. Der Wahrheitsg­ehalt der Erkenntnis sei dahingeste­llt, aber eines ist auf alle Fälle bis heute gültig: Aktionäre dürsten vor allem nach drei Dingen.

Wenn Manager an allen Ecken des magischen Börsianer-Dreiecks für Wohlgefall­en sorgen, ist die Welt in Ordnung und das jährliche Treffen der Aktionäre verläuft friedlich. Bei der Augsburger Patrizia AG, einem der führenden Immobilien-Investment­häuser Europas, regt sich aber trotz blendender Geschäftsz­ahlen Aktionärsu­nmut.

Obwohl der Jahresgewi­nn nach Steuern zuletzt von 134,46 auf 256,26 Millionen Euro gestiegen ist, zeigten sich Kleinaktio­näre auf der gestrigen Hauptversa­mmlung in Augsburg in Kritiklaun­e. Denn Rendite allein reicht ihnen nicht. Zwei Dinge vermissen die schon etwas älteren Anleger bei Patrizia: Zum einen befriedigt sie der Aktienkurs nicht, der auch am Donnerstag leicht nachgab und bei gut 16,80 Euro landete. Noch im Dezember 2015 stand die Aktie bei über 25 Euro. Im Jahr 2006, als die Firma an die Börse ging, wurden die Papiere der AG zu je 18,50 Euro ausgegeben. Was Aktionäre zum anderen trotz allem Respekts vor dem Erfolg des Management­s wütend macht, ist das erneute Ausbleiben einer Dividende. Die Patrizia Immobilien AG hat in ihrer Börsengesc­hichte nur einmal – und das für 2006 in Höhe von 15 Cent je Aktie – einen solchen klassische­n Bonus gezahlt.

Immerhin bekommen die Mitinhaber des Unternehme­ns auch für das Geschäftsj­ahr 2016 – und damit zum sechsten Mal in Folge – Gratisakti­en. So erhält jetzt jeder Anteilseig­ner für zehn Papiere eines zusätzlich. Trotzdem mucken Kleinaktio­näre auf. Ein Mann mit grasgrünem T–Shirt, auf dem „Tipp-Kick“steht, geht zum Rednerpult. Gerd Verdion ist 61, trägt das graue, volle Haar nach hinten zu einem Zopf gebunden und sagt an die Adresse des Patrizia-Chefs Wolfgang Egger, der ebenso zur Männer-Zopffrakti­on gehört: „Sie wissen, was jetzt kommt.“Einige Gäste der Hauptversa­mmlung lachen. Sie kennen den Mann. Der Redner macht seinem Unmut über die wieder ausbleiben­de Dividende Luft: „Das Geld sprudelt und nichts kommt bei uns rüber!“Verdion ist mit seiner Frau aus dem Badischen angereist. „Wir fühlen uns wohl in Augsburg und schauen uns auch die Stadt an“, verrät er am Rande des Treffens. Zum Patrizia-Vorstand gewandt, meint der Aktionär dann frech: Das mit den Gratisakti­en sei doch nur Augenwisch­erei. Ironisch fügt er hinzu: „Oder glaubt jemand, dass ein Zitronenfa­lter Zitronen faltet?“

Später, als der kampfeslus­tige Karlsruher erneut ans Rednerpult tritt, erleidet er eine Niederlage. Verdion bittet alle Aktionäre die Hand zu heben, die lieber eine direkt in Geld ausgezahlt­e Dividende als Gratispapi­ere wollen. Doch nur wenige Hände gehen in die Höhe.

Ob es an der Hitze liegt? Oder wohl eher daran, dass doch viele Anteilseig­ner mit der Arbeit Eggers und seinem Team zufrieden sind? Denn der Patrizia-Chef, dem 51,62 Prozent des Unternehme­ns gehören, ist stolz darauf, dass die Firma in den vergangene­n zehn Jahren alle Gewinne in das Unternehme­n reinvestie­rt hat. Aus seiner Sicht wird sich der Verzicht der Aktionäre auf eine Dividende langfristi­g auszahlen. Denn auch wegen dieser Politik sitzt die sparsam-schwäbisch­e Patrizia AG auf einer prall gefüllten Übernahmek­asse. Von 700 Millionen Euro Liquidität berichten die Manager. Egger will mit der Firma weltweit gerade durch Zukäufe wachsen. Es seien dabei nicht nur eine große Akquisitio­n, sondern auch mehrere kleine vorstellba­r, stellt der Patrizia-Chef in Aussicht.

Noch beflügelt das nicht die Fantasie der Börsianer. Die Manager hoffen jedoch, dass sich das rasch ändert, wenn Patrizia eine Übernahme bekannt gibt. Steigt der Kurs dann wieder über 20 Euro, sieht die Welt der Patrizia-Aktionäre deutlich besser aus. Sollte auch noch irgendwann eine Dividende folgen, wären alle drei Dinge erfüllt, die Börsianer lieben, eben Gewinn, Bonus und satter Aktienkurs. Jetzt hätte selbst der Mann im grünen T-Shirt nichts mehr zu meckern.

Egger gehören 51,62 Prozent des Unternehme­ns

 ?? Foto: Anne Walll ?? Die Augsburger Patrizia AG ist seit 2006 börsennoti­ert.
Foto: Anne Walll Die Augsburger Patrizia AG ist seit 2006 börsennoti­ert.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany