Rieser Nachrichten

Urteil im Skandal um Implantate

Warum Betrugsopf­er kein Geld erhalten

- (dpa)

Opfer des Skandals um minderwert­ige Brustimpla­ntate aus Industrie-Silikon haben in Deutschlan­d wohl kaum noch Chancen auf Schmerzens­geld. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe wies am Donnerstag die Klage einer Betroffene­n aus Ludwigshaf­en gegen den TÜV Rheinland in letzter Instanz ab.

Die Prüfer hätten bei der Überwachun­g des französisc­hen Hersteller­s Poly Implant Prothèse (PIP) keine Pflichten verletzt, hieß es zur Begründung (Az. VII ZR 36/14). PIP hatte bis zum Auffliegen des Betrugs im Jahr 2010 Implantate mit nicht für diese Zwecke zugelassen­em Industrie-Silikon gefüllt. Allein in Deutschlan­d waren weit mehr als 5000 Frauen davon betroffen. Sie bekamen die Empfehlung, sich die reißanfäll­igen und teilweise undichten Implantate zur Sicherheit besser entfernen zu lassen.

Der TÜV hatte die Qualitätss­icherung von PIP zertifizie­rt, bei mehreren angekündig­ten Kontrollen in der Firma aber nichts gemerkt.

TÜV Rheinland muss nicht haften

Dort wurde vor dem Besuch von Prüfern das billige Industrie-Silikon gegen das zugelassen­e, höherwerti­ge Gel ausgetausc­ht. Nach Ansicht der Klägerin wäre der Betrug früher ans Licht gekommen, wenn der TÜV gründliche­r kontrollie­rt hätte. Der BGH sah aber keine Hinweise für Versäumnis­se.

In dem Verfahren hatte eine 67 Jahre alte Rentnerin aus Ludwigshaf­en jahrelang um mindestens 40000 Euro Schmerzens­geld gestritten – am Ende ohne Erfolg. Sie hatte sich 2008 zur Sicherheit Brustgeweb­e entfernen lassen, weil es in ihrer Familie mehrere Krebserkra­nkungen gab. Deshalb trug sie die Implantate von PIP, die sie sich 2012 nach Bekanntwer­den des Skandals wieder entfernen ließ. Ihre Klage war die erste, die den BGH erreichte.

Mit ihrem Urteil geben die obersten Zivilricht­er die Linie für andere Prozesse vor. Der Fall war bereits beim Europäisch­en Gerichtsho­f gewesen. Danach war klar, dass der TÜV Rheinland zumindest nicht ohne Anlass zu unangemeld­eten Kontrollen verpflicht­et war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany