Letzte Hürden für Ehe für alle
Ist das neue Gesetz verfassungsgemäß? Die Koalition streitet
Es war geradezu ein Ritual. 30 Mal trat der Rechtsausschuss des Bundestags in dieser Legislaturperiode zu Sitzungen zusammen. 30 Mal beantragten die Vertreter der Grünen und der Linken, das Thema „Ehe für alle“auf die Tagesordnung zu setzen, um die Gesetzentwürfe ihrer Parteien sowie seit November 2015 einen Beschluss des Bundesrates auf Initiative des Landes Rheinland-Pfalz zu beraten. 30 Mal musste der SPD-Abgeordnete KarlHeinz Brunner aus Illertissen in seiner Funktion als Berichterstatter seiner Fraktion den Antrag stellen, das Thema nicht auf die Tagesordnung zu setzen, sondern auf die nächste Sitzung zu verschieben, da der Koalitionspartner noch „Gesprächsbedarf“habe.
Beim 31. Mal konnte Brunner im Ausschuss endlich für den Antrag stimmen – gegen die Unionsabgeordneten. „Wir waren koalitionstreu bis zur Selbstverleugnung“, sagt Brunner unserer Zeitung, die SPD habe aus ihrer Position, dass man über die Ehe für alle „jederzeit“abstimmen könne, nie einen Hehl gemacht. Die Union habe vier Jahre Zeit gehabt, sich dem Thema zu stellen, allein drei Mal habe sich der Bundestag damit beschäftigt. Daher laufe der Vorwurf, die SPD peitsche das Gesetz nun übereilt durchs Parlament, ins Leere.
Die Union dagegen bleibt bei ihrer Kritik und stellt die Vereinbarkeit der Ehe für alle mit dem Grundgesetz infrage. Man werde unverzüglich
Der Gesetzesantrag wurde bereits 30 Mal aufgerufen
rechtliche Schritte einleiten, sollte der Bundestag heute die Ehe für alle beschließen, heißt es: „Wir prüfen, ob ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wegen Unvereinbarkeit des Gesetzes zur Ehe für alle mit Artikel sechs des Grundgesetzes eingereicht wird“, bestätigt Fraktionsjustiziar HansPeter Uhl (CSU).
Das Innenministerium geht davon aus, dass das Grundgesetz geändert werden muss. Nach der ständigen Auslegung des Verfassungsgerichts umfasse der Artikel sechs des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt, nur die Ehe zwischen Mann und Frau, sagt Innenstaatssekretär Günter Krings. Diese Rechtsauffassung könne nur durch eine Änderung des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt werden.
Damit der Bundestag heute überhaupt über das Thema abstimmen kann, muss die Tagesordnung geändert werden. Um das zu erreichen, benötigt die SPD die Stimmen der Grünen und der Linken. Doch die Mehrheitsverhältnisse sind knapp. Die Abstimmung findet um 8 Uhr statt, sollte eine Mehrheit zustande kommen, findet sofort im Anschluss eine 38-minütige Aussprache statt, danach kommt es zur namentlichen Abstimmung.