Die AfD und ihre Gegner
Wahlkampf Beatrix von Storch spricht in der Alten Schranne in Nördlingen. Vor dem Gebäude demonstrieren mehr als 250 Menschen gegen die Partei
Zahlreiche Menschen haben sich am Samstagabend versammelt, um gegen den Auftritt der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch in der Alten Schranne in Nördlingen zu demonstrieren. Die Veranstalter sprechen von fast 350, die Polizei von mehr als 250 Demonstranten. Von Storch selbst und auch der Direktkandidat der AfD für den Bundestag in der Region, Rafael Hauptmann, nutzten die Veranstaltung, um für das Programm ihrer Partei zu werben.
In der Schranne geht es zu Beginn noch ruhig zu. An einem Stand bedienen sich die AfD-Mitglieder und Besucher bei Würstchen, Käsebrötchen und Bier. Der Saal ist gut gefüllt, wenn auch nicht voll. Rund 150 Menschen sind gekommen – vom Jugendlichen bis zum Rentner, Männer wie Frauen. Von dem, was draußen vor sich geht, bekommen die Gäste noch wenig mit.
Dort sprechen inmitten der Menschenmenge Vertreter verschiedener Parteien und Organisationen. Einer der Organisatoren, Bernhard Kusche von der Offenen Linken Donau-Ries, fordert die Anwesenden auf, friedlich zu bleiben. Harald Weinberg, Bundestagsabgeordneter der Linken, sagt, die AfD sei keinesfalls eine soziale Partei, sondern eine „unappetitliche Mischung aus FDP und NPD“. Sie verfolge eine „knall- harte neoliberale Politik für Reiche“. Die Bundesvorsitzende der ÖDP, Gabriela Schimmer-Göresz, kritisiert die Umweltpolitik der AfD: „Nationalisten ist unser Planet scheißegal.“Kurz darauf bilden die Demonstranten eine Menschenkette um das Gebäude. Polizisten sorgen dafür, dass weitere Gäste der AfD trotzdem den Eingang erreichen.
Ein Stockwerk weiter oben fällt einem Gast, der auf der Bank eines geöffneten Fensters sitzt, fast das Wienerle vom Teller, als plötzlich gellendes Pfeifen von draußen ertönt. Die Menschen erheben sich und drängen zu den Fenstern. „Da bekommt man ja gleich Angst“, sagt eine Frau und weicht einige Meter zurück. Ein Mann reagiert weniger zurückhaltend: „Geht doch mal lieber was arbeiten!“, brüllt er nach draußen. Auch die Demonstranten halten sich nicht zurück. „Ihr seid eine Schande für Deutschland!“, ruft einer.
Als Rafael Hauptmann das Podium in der Schranne betritt, ist schnell klar, dass sich nicht nur Freunde der Partei im Publikum befinden. Während er vor einer Bundeskanzlerin warnt, „die das Land ins Verderben führt“und versucht zu erörtern, warum die Wahl der AfD Unterstützung der organisierten Kritik am „korrupten System“bedeute, wird er immer wieder unterbrochen. Bis auf einige Zwischenrufe und ironische Kommentare bleibt es allerdings ruhig, zumal sich einige AfD-Gegner unter Applaus vieler Anwesender bald nach draußen verabschieden. Als Hauptmann dann prophezeit, dass die CSU ihre Vormachtstellung in Bayern bei der Bundestagswahl im Herbst verlieren werde, schafft er es als einziger an diesem Abend, Gegner und Befürworter der AfD auf eine Linie zu bringen: alle lachen. AfD-Landeschef Petr Bystron spricht von zahlreichen Flüchtlingen, die nur aus wirtschaftlichen Interessen nach Deutschland kommen und Medien, die nicht die Wahrheit verbreiten. Sätze, die bei weiten Teilen der Zuhörer auf Zustimmung stoßen.
Nachdem die offizielle Demonstration draußen bereits beendet ist, sammeln sich etwa fünfzig AfDGegner in der Fußgängerzone. Einige stimmen Antifa-Gesänge an. Zwei der Demonstranten fangen an zu trommeln. Als Polizeichef Walter Beck sie auffordert, aufzuhören, leisten sie dem umgehend Folge.
In der Schranne nimmt man die Schreie und Pfiffe nur noch gedämpft wahr, die Fenster sind jetzt geschlossen. Beatrix von Storch ist an der Reihe. Die „Ehe für alle“ist eines der Themen, das sie anspricht. Die AfD sei die letzte Partei, die die Institution Ehe zwischen Mann und Frau noch verteidige, meint die
Antifa Gesänge angestimmt
stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende. Zum Islam vertritt sie eine klare Meinung: „Die Werte von Muslimen und Deutschen sind nicht vereinbar.“Tosender Applaus in der Schranne, nur einige Zuhörer schütteln den Kopf. Die Zahl der kriminellen Zuwanderer explodiere, sagt von Storch, die Leute, die behaupten würden, die Statistiken bestätigten das nicht, nennt sie „Zahlenverdreher“. Als sie auf Nachfrage aus dem Publikum auf das Thema Vermögens- und Erbschaftssteuer zu sprechen kommt – die AfD will beides laut Parteiprogramm abschaffen – erklärt sie, dass eine Umverteilung des Vermögens „sinnloser Unfug“sei, ja sogar „unsozial“. Das Vorhaben der AfD habe nichts mit einer Bevorzugung Wohlhabender zu tun – von Storch stößt bei den Anwesenden auf Zustimmung. „Glauben Sie nicht alles, was man Ihnen sagt“, ruft sie.
Als die Gäste sich nach dem Ertönen der Nationalhymne nach draußen aufmachen, werden sie von einigen buhenden Protestlern empfangen. „Nazischweine“, rufen die Demonstranten und noch weit üblere Beschimpfungen. Polizeichef Walter Beck sagt am Ende, der Abend sei ruhig verlaufen – auch wenn man nicht mit so vielen Demonstranten in Nördlingen gerechnet habe. I