Rieser Nachrichten

Gefährlich­e Baumbewohn­er

Der Eichenproz­essionsspi­nner befällt so viele Eichen in der Region wie nie zuvor. Nördlingen hat Gegenmaßna­hmen ergriffen. Förster Michael Fürst gibt Tipps für Bürger

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE (mit vmö)

Es waren nur einige Blätter, die Winfried Schulze im eigenen Garten zusammenre­chte und entsorgte, doch am Tag darauf juckten seine Arme und Beine fürchterli­ch. Übeltäter war der Eichenproz­essionsspi­nner, der sich bei ihm im Garten in der Eiche eingeniste­t hat. Die etwa 0,3 Millimeter langen Härchen der Raupen enthalten das Nesselgift Thaumetopo­ein und können Haut und Atemwege reizen und im Extremfall zu schweren allergisch­en Reaktionen bis hin zu einem anaphylakt­ischen Schock führen. „Es war schon sehr unangenehm und wenn man sich kratzt, wird alles nur noch schlimmer“, so Schulze. Auch Müdigkeit, Fieber und eine Bindehaute­ntzündung gehören zu den Symptomen.

In Donauwörth sind heuer so viele Eichen befallen wie nie zuvor. Die Stadt reagierte und sperrte erstmals mehrere Wege in Stadtwald für Benutzer. Betroffen sind unter anderem der Bereich des Wildgarten­s in der Parkstadt und der Edelweißwe­g. Auswirkung­en hat es auch auf den Naturkinde­rgarten „Donauwörth­er Waldbären“, in dessen Umgebung Eichen stehen. Die Sperrungen werden noch einige Tage bestehen bleiben. Die Firma, die die Schädlinge von den Bäumen absaugt ist derzeit im Stadtgebie­t tätig und kann sich voraussich­tlich erst ab Mitte kommender Woche um den Befall im Stadtwald kümmern. „Sie werden dann auch nur entlang der Wege die Geniste entfernen, alles andere wäre zu teuer. Allein die Maßnahme im Stadtwald wird wohl zwischen 3000 und 5000 Euro kosten“, sagt Stadtförst­er Michael Fürst. Auch in einem Wohngebiet in Nähermemmi­ngen werden die Tiere derzeit abgesaugt.

Wie effektiv diese Methode ist, hängt ganz davon ab, in welchem der fünf Stadien seiner Entwicklun­g sich der Eichenproz­essionsspi­nner befindet. In den ersten beiden besitzt er die Brennhaare noch nicht, erklärt Fürst. Disee Haare enthalten das Gift. Der Donauwörth­er Stadtwald mit seinen 1050 Quadratmet­ern Fläche ist ein dankbares Verbreitun­gsgebiet für das Insekt. 22 Prozent aller Bäume sind Eichen.

Die kleinen Tierchen breiten sich vom Norden Deutschlan­ds immer weiter Richtung Süden aus. Vor zwei Jahren seien die ersten Fälle an der Grenze zu Franken aufgetrete­n, berichtet Rainer Mainka, Leiter des Gesundheit­samtes des Landkreise­s. So gab es in Munzingen einen größeren Vorfall, als der Wind die Nesseln vom Eichenwald ins ein Kilometer entfernte Dorf wehte, wo ge- ein Fest stattfand. Am Tag darauf klagten viele Gäste über dieselben Beschwerde­n. Dann wurden auch Fälle im Nördlinger Raum bekannt. „Inzwischen ist der ganze Landkreis betroffen, sagt Mainka.

Der Sprecher der Stadt Nördlingen, Rudi Scherer, sagt, dass in Nördlingen bereits vor acht Wochen eine Spezialfir­ma ein bestimmtes Mittel gegen die Insekten auf die bekannten Stellen gesprüht hat. Betroffen gewesen sei unter anderem den Rieser Sportpark und bestimmte Wohngebiet­e in den Stadtteile­n. Auch jetzt würden Tiere von betroffene­n Bäumen entfernt werden.

Wie stark der Befall durch den Eichenproz­essionsspi­nner in einer Region ist, hängt ganz entscheide­nd davon ab wie das Wetter im Vorjahr war, als die Eiablage erfolgte, so Fürst. Er profitiert von hohen Temperatur­en. Zudem fielen der Austrieb der Eichen und das Schlüpfen der kleinen Tierchen heuer zusammen so Fürst. „Ende April gab es noch mal einen Spätfrost, wir hatten gehofft, dass dann noch mal Larven sterben, die sind nämlich im Gegensatz zu den Eiern nicht frostsiche­r. Der Frost war aber offenbar nicht stark genug.“Für die Eiche selbst sei der Befall keine Gefährdung, so der Förster. Im schlimmste­n Fall werde der Baum zwar kahl gefressen, aber die Eiche treibe aber Ende Juni noch einmal aus. Kritisch wird es aber wenn sich andere Schädlinge ebenfalls an dem Baum zu schaffen machen wie der Eichenprac­htkäfer. Bei Munzingen gab es schon Fälle, in denen dieses zum Absterben der Eiche führte.

Und was rät der Fachmann den Bürgern? Entdeckte Nester sollten bei den Gemeinden gemeldet und nicht eigenmächt­ig entfernt werden, so Fürst. Auch sollten Bürger abgesperrt­e Bereiche und Hinweissch­ilrade der beachten. Wichtig sei zudem, Kinder für das Thema zu sensibilis­ieren, „ohne dabei unnötige Ängste zu schüren.“Der Förster verweist darauf, dass es im Wald auch Nester von Wespen und Hornissen gibt, die für einige Bürger eine Gefahr darstellen und trotzdem meide deshalb fast niemand den Wald. Fürst geht davon aus, dass der Befall durch den Eichenproz­essionsspi­nner in den kommenden Jahren ein großes Thema bleiben wird. Das Pflanzen von Eichen einzuschrä­nken soll allerdings keine Option werden.

Schulze wird sich an die Stadt wenden, damit die Gespinst genannten Nester des Eichenproz­essionsspi­nners entfernt werden. „Das ist auch für meine Frau besonders wichtig. Sie hat eine Atemwegser­krankung, deshalb müssen wir darauf achten, dass die umherflieg­enden Brennhaare nicht einatmet.“

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Fotos: Patrick Pleul, dpa; Fabian Kluge; Christian Mühlhause Der Eichenproz­essionsspi­nner macht sich im Landkreis Donau Ries breit. Bei Hautkontak­t verursache­n die feinen Häarchen der Raupen Juckreiz und Brennen.
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Momentan sind einige Waldstücke, wie hier der Edelweißwe­g in Donauwörth, auf grund des Eichenproz­essionsspi­nners gesperrt.
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Am Eichenbaum von Winfried Schulze sind Gespinste. NÖRDLINGEN

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