Vetternwirtschaft bei Pallicare?
Die Geschäftsführerin soll ihren Vater laut Anklage zu überteuerten Sätzen beschäftigt haben. Der Streitfall wurder nun vor Gericht verhandelt
Es war ein Paukenschlag, als im Dezember 2015 die Nachricht die Runde machte, dass die Dillinger Caritas bei Pallicare Nordschwaben ausgestiegen ist. Nicht einmal ein Jahr nach Gründung der gemeinnützigen Gesellschaft, die spezialisierte ambulante Palliativversorgung für schwer- und todkranke Menschen in den Kreisen Dillingen und Donau-Ries anbietet, verabschiedete sich damit der erste Partner. Und nicht nur das. Er erhob auch schwere Vorwürfe gegen eine der Geschäftsführerinnen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Um was es genau ging, dazu wollte lange niemand etwas sagen.
Nun allerdings fand vor dem Amtsgericht in Dillingen die Verhandlung gegen die 38-Jährige und ihren 68-jährigen Vater statt. Die Staatsanwaltschaft warf der Frau Untreue in zehn Fällen und ihrem Vater Beihilfe zur Untreue vor. Denn sie soll bereits einen Tag, nachdem sie Anfang 2015 als Geschäftsführerin eingesetzt wurde, einen Dienstleistungsvertrag mit ihrem Vater geschlossen haben, der sie bei der Lohnabrechnung und Buchhaltung unterstützen sollte. Dabei sei schriftlich keine Vergütung vereinbart worden. Die tatsächlich gezahlte Vergütung habe dann aber deutlich über dem gelegen, was üblich gewesen sei, so die Anklage. Und sei teilweise auch für Dinge gezahlt worden, die Aufgabe der Geschäftsführerin gewesen seien. So seien Pallicare letztlich 4726 Euro Schaden entstanden.
Die 38-Jährige ließ die Vorwürfe über ihren Anwalt kommentieren. Er erklärte, dass die langjährige Mitarbeiterin des Donauwörther Onkologen Dr. Dirk Hempel, dem mittlerweile einzig verbliebenen Gesellschafter von Pallicare Nordschwaben, zunächst die Geschäftsführung nicht habe übernehmen wollen. Sie sei überredet worden und habe nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass sie sich von ihrem Vater bei Löhnen und Buchhaltung unterstützen lassen könne. Das habe man bei einem gemeinsamen Gespräch mit allen Gesellschaftern 2014 so besprochen. Für die Leistungen habe man Vergleichsangebote eingeholt. Zwei unabhängig voneinander beauftragte Wirtschaftsprüfer seien im Nachgang zu dem Schluss gekommen, dass die Rechnungen nicht überteuert waren und der Vorwurf der Untreue deshalb nicht haltbar sei.
Ein Beamter der Kripo Dillingen, der mit den Ermittlungen betraut war, berichtete dagegen aus einem Gespräch mit dem Caritas-Geschäftsführer nach der Anzeige. Der habe erklärt, er habe nichts von dem Vertrag mit dem Vater gewusst, der dann auch noch überteuerte Abrechnungen gestellt habe. Beispielsweise hätte er 85 Cent pro Kilometer abgerechnet. Alle anderen Mitarbeiter hätten allerdings nur 30 Cent bekommen. Hier, hakte der Anwalt der 38-Jährigen ein, müsse man allerdings berücksichtigen, dass der 68-Jährige für die Fahrten keine Arbeitszeit berechnet habe. Schließlich zogen sich Staatsanwalt, Verteidiger und Richter zu einem Verständigungsgespräch zurück, an dessen Ende Richter Patrick Hecken eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe des in der Anklage genannten Schadens in Aussicht stellte. „Dass das am Ende des Tages so aussieht, als sei da etwas nicht perfekt gelaufen, gestehen alle ein“, so Hecken. Und wenn man einen Verwandten beschäftige, habe das oft den Anschein, dass etwas nicht richtig laufe. Doch die Gutachten hätten gezeigt, dass die Sätze nicht überteuert gewesen seien, sodass ihnen zufolge den gemeinnützigen Trägern auch kein Schaden entstanden sei.
Schaden zurückführen
Da die Gutachten in Stuttgart und Kempten erstellt worden seien, stehe man aber vor der Frage, ob da auch die im Kreis Dillingen üblichen Sätze zugrunde gelegt worden seien. Deshalb sei es sinnvoll, den Betrag in der Höhe des angeklagten Schadens zurückzuführen. Die 38-Jährige muss demnach 2500 Euro an den Caritasverband für den Landkreis Dillingen zahlen. Ihr Vater 2500 Euro an die Pallicare gGmbH.