Rieser Nachrichten

Milde Strafe für Fahrraddie­b

Ein 18-Jähriger knackt in Nördlingen ein Zahlenschl­oss und stiehlt ein Mountainbi­ke. In der Fußgängerz­one erkennt die Mutter des Geschädigt­en das Rad wieder und erobert es zurück

- VON VERENA MÖRZL

Der Schüler besaß das 1000-Euro-Mountainbi­ke mit dem zebragestr­eiften Rahmen gerade eine Woche, als ein 18-Jähriger das Zahlenschl­oss knackte und sich mit dem Rad auf und davon machte. Auf einem Parkplatz vor einer Nördlinger Schule schien das Mountainbi­ke leichte Beute zu sein. Es war nagelneu und dann am 17. März dieses Jahres plötzlich verschwund­en.

Drei Tage später, so beschreibt Richter Andreas Krug am Jugendgeri­cht des Nördlinger Amtsgerich­ts die zufällige Klärung des Falls, saß die Mutter des Geschädigt­en in einem Nördlinger Café und traute ihren Augen kaum. Ein Mountainbi­ke der selben Marke und ebenfalls mit einem schwarzweí­ß-gestreifte­n Rahmen stand vor einem Schaufenst­er. Das konnte kein Zufall sein. Als ein junger zum Fahrrad zurückkehr­te, zögerte sie nicht lange und sprach ihn an. Wo er denn das Rad her habe, fragte sie. Und, dass ihr Sohn ein identische­s Rad besitzen würde – oder bessergesa­gt besessen hätte. Statt Ausreden und einer Fluchtreak­tion nahm der Fall aber eine andere Wendung.

Der 18-Jährige aus dem Kreis Donau-Ries zeigte sich überrasche­nd schnell geständig, das verwundert sowohl Richter Krug als auch Staatsanwä­ltin Wagner bei der Verhandlun­g. Mutter und Fahrraddie­b einigten sich darauf, gleich zur Polizei zu gehen. „Andere Täter wären auf diesem Weg vermutlich weggerannt“, sagt Krug. Er aber gestand bei der Polizei und nochmals am Montagnach­mittag vor Gericht – eine Ausnahme. Auf die Frage, warum er das Rad gestohlen hatte, konnte er aber keine konkrete Antwort geben.

Der junge Mann kam unter anderen auch deswegen bei der Verhandlun­g glimpflich davon. Krug verwarnt ihn und verhängt 72 Sozialstun­den nach Jugendstra­frecht. Dazu trägt vor allem der Bericht der Jugendgeri­chtshilfe bei, der ihm Reifemänge­l attestiert­e. Grund dafür: familiäre Probleme in der Kindheit. Nach der Scheidung der Eltern sei der Stiefvater gewalttäti­g gegenüber dem Buben worden. Eine Pflegefami­lie hätte ihn daraufhin aufgenomme­n.

Im Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft hieß es ebenfalls, dass seine „Entwicklun­g alles andere als geradlinig verlaufen ist“. Außerdem habe er das Rad mit „geringer Gegenwehr“zurückgebr­acht. Trotzdem müsse man den extrem hohen Schaden sehen. Würde man ihn nicht nach Jugendstra­frecht ahnden, müsse er womöglich mit einer Freiheitss­trafe von sieben bis neun MoMann naten rechnen. „Ich habe kurze Zeit an Jugendarre­st gedacht“, gab Krug zu. „Aber Sie sind ein ordentlich­er Kerl und nie beim Jugendamt in Erscheinun­g getreten.“Der junge Mann war mit der Verwarnung und mit den Sozialstun­den einverstan­den.

Dass Fahrraddie­bstähle aufgeklärt werden, ist selten. Deutschlan­dweit waren es 2016 nicht einmal neun Prozent der rund 330000 gestohlene­n Räder. Im Zuständigk­eitsbereic­h der Polizeiins­pektion Nördlingen sind die Zahlen nur minimal besser. 2016 waren nach Angaben von Leiter Walter Beck 64 Fahrraddie­bstähle gemeldet worden, aufgeklärt wurden knapp zehn Prozent. Im Jahr zuvor seien 77 Räder als gestohlen gemeldet worden. Im ersten Halbjahr 2017 wurden bislang 23 Fahrraddie­bstähle zur Anzeige gebracht und damit weniger als im Vorjahresz­eitraum mit 33.

 ?? Symbolbild: Tobias Hase, dpa ?? Obwohl das Fahrrad eines Jugendlich­en in Nördlingen mit einem Zahlenschl­oss gesichert war, gelang es einem 18 Jährigen, das Mountainbi­ke zu stehlen. Dass solch ein Ver brechen aufgeklärt wird, hängt oftmals vom Zufall ab.
Symbolbild: Tobias Hase, dpa Obwohl das Fahrrad eines Jugendlich­en in Nördlingen mit einem Zahlenschl­oss gesichert war, gelang es einem 18 Jährigen, das Mountainbi­ke zu stehlen. Dass solch ein Ver brechen aufgeklärt wird, hängt oftmals vom Zufall ab.

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