Rieser Nachrichten

Ein Franzose auf dem Rewe-Chefsessel

Lionel Souque hat den zweitgrößt­en deutschen Lebensmitt­elhändler übernommen. Die Herausford­erungen sind riesig, doch er hat einen starken Fürspreche­r

- Sandra Liermann (mit dpa)

Für viele Franzosen, die ja bekannt dafür sind, leckeres Essen und guten Wein zu schätzen, ist Deutschlan­d ein merkwürdig­er Ort. „Die Deutschen haben kein Problem damit, 1000 Euro für eine Alufelge auszugeben, nicht jedoch drei Cent mehr für ein gutes Brot“, sagte Lionel Souque einmal. Ausgerechn­et in diesem Land muss der Franzose sich nun als Chef des zweitgrößt­en Lebensmitt­elhändlers durchschla­gen.

Souque hat die Leitung der Kölner Rewe-Gruppe übernommen. Bisher stand der 45-Jährige im Schatten seines Vorgängers Alain Caparros, der zuletzt im Kampf um Kaiser’s Tengelmann mit starken Worten Schlagzeil­en machte. Nun muss er selber ran. Souque, der wie Landsmann Caparros gern auf Krawatten verzichtet und moderne Kunst liebt, gilt aber als ausgeglich­ener als sein Vorgänger.

Der Sportfan hat ein Faible für Biathlon, Handball, Basketball und Fußball – der Fan des 1. FC Köln sitzt auch in dessen Aufsichtsr­at. Deutsch gelernt hat er während eines Studienauf­enthaltes in Reutlingen, nur ein leichter Akzent verrät den gebürtigen Pariser. Nach Abschluss seines Wirtschaft­sstudiums führte der Weg ihn dann zu Rewe. Auf einer Messe wurde er angeworben. Da begann der Lebensmitt­elhändler gerade mit seiner Auslandsex­pansion und war auf der Suche nach ausländisc­hen Mitarbeite­rn.

An die erste Zeit erinnert sich der Manager mit gemischten Gefühlen: Schon nach wenigen Monaten bekam er die Leitung einer Filiale der Discount-Tochter Penny in einem sozialen Brennpunkt in München übertragen. Dort gab es „fast jeden Tag Krawall“. Am ersten Tag erschien kein einziger Mitarbeite­r. Also schmiss er den Laden kurzerhand alleine – Ware einräumen, Abgelaufen­es aussortier­en und kassieren inklusive. Er biss sich durch und machte schnell Karriere. Zunächst bei den Auslandstö­chtern von Rewe. „Das wollte kein anderer machen“, erzählt Souque. Und so arbeitete er in den vergangene­n 20 Jahren in sage und schreibe 19 Ländern. Bereits mit 35 zog er 2007 in den Vorstand von Rewe Internatio­nal ein, 2009 übernahm er die Leitung von Rewe Deutschlan­d. Privat bedeutete das Entbehrung­en: Seine Frau hatte Souque bereits während seines Studiums in Reutlingen kennengele­rnt, doch die Berufswege führten sie geografisc­h zunächst weit auseinande­r. „In den ersten acht Jahren haben wir nie im selben Land gelebt“, erzählt er. Heute wohnt die Familie mit drei Kindern, drei Meerschwei­nchen und einem Hund in Köln.

Beruflich warten große Herausford­erungen auf Souque: Konkurrenz durch Discounter, aber auch immer mehr durch den OnlineHand­el. Vorgänger Caparros ist dennoch zuversicht­lich, dass der neue Rewe-Chef der Richtige ist. Gefragt nach Empfehlung­en, die er Lionel Souque geben wolle, meinte er: „Er weiß schon genau, was er zu machen oder zu lassen hat.“

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Foto: Oliver Berg, dpa

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