Rieser Nachrichten

Federers Erfolgsrez­ept: Einfach mal nichts tun

Auf dem Weg zu seinem achten Wimbledon-Triumph scheint er freie Bahn zu haben. Der Schweizer reiste ausgeruht zum wichtigste­n Turnier der Welt, seine Konkurrent­en dagegen waren überspielt. Nun zahlt sich die Strategie des 35-Jährigen aus

- (dpa)

Als Roger Federer am 15. Mai seinen Verzicht auf die French Open und damit die komplette Sandplatz-Saison verkündete, lobte der dreimalige Wimbledons­ieger Boris Becker „die absolut richtige Entscheidu­ng“des Schweizers. Doch nicht alle Experten und Beobachter im Tennis-Zirkus teilten diese Einschätzu­ng. Zehn Wochen Pause? Einfach so mitten in der Saison? Und das nach diesem märchenhaf­ten Auftakt mit dem Triumph bei den Australian Open und den Titeln bei den Masters-Series-Turnieren in Indian Wells und Miami?

Dann ging auch noch das Comeback schief und Federer verlor bei seiner Rückkehr auf Rasen in Stuttgart sein erstes Match seit Anfang April gegen Tommy Haas. Am 12. Juli aber saß der mittlerwei­le 35-Jährige in den Katakomben des Millennium Buildings auf der Anlage des All England Clubs und sagte: „Das Ziel war, dass ich in der zweiten Woche von Wimbledon körperlich in Topform bin. Ich bin frisch, fühle mich gut und habe viel Selbstvert­rauen. Ich bin für Großes be- In drei Sätzen hatte er sich gerade der lästigen Aufgabe gegen den gewaltigen Aufschläge­r Milos Raonic entledigt.

Zwei Siege fehlen Federer noch, zwei Matches auf dem berühmtest­en Centre Court der Welt muss er noch gewinnen. Zunächst heute im Halbfinale gegen den Tschechen Tomas Berdych, gegen den er zuletzt im Jahr 2013 verloren hat. In einem Endspiel am Sonntag hieße der Gegner Sam Querrey oder Marin Cilic. Gegen Querrey lautet die Bilanz 3:0, gegen Cilic 6:1.

18 Jahre nach seinem ersten Auftritt auf den Rasenplätz­en an der Church Road ist für den 18-maligen Grand-Slam-Champion die achte Wimbledon-Trophäe ganz nah. Kein anderer Tennisprof­i hat das Turnier so oft gewonnen. Federer hätte sein großes Ziel, dem er alles in diesem Jahr untergeord­net hat, erreicht. „Ob ich nun der große Favorit bin oder nicht, hat nichts zu bedeuten. Die drei anderen werden ein Wort mitreden wollen beim Ausgang der Matches. Sie haben gewaltige Schläge, alle drei sind größer und kräftiger als ich“, sagte Federer und erzählte, wie er seine Pause nach dem Turniersie­g in Miami Anreit.“ fang April genutzt habe, dass er nur fünf Tage wirklich nichts gemacht habe.

Federer nahm sich Zeit für die Familie und die vier Kinder, trainierte in Dubai und der Schweiz, spielte ein Show-Match für seine Stiftung in Seattle und reduzierte auch mal das Trainingsp­rogramm ein bisschen, wenn das Wetter gerade besonders schön war. „Ich habe alles ganz gut geregelt“, sagte Federer. Was für seine vermeintli­ch ärgsten Konkurrent­en nicht galt.

Sowohl der Vorjahress­ieger und Ranglisten-Erste Andy Murray als auch der dreimalige Champion Novak Djokovic gingen angeschlag­en in das Turnier. Djokovic gab im Viertelfin­ale gegen Berdych zu Beginn des zweiten Satzes auf und erwägt wegen seiner chronische­n Ellbogenpr­obleme eine längere Pause. Murray quälten schon vor den All England Championsh­ips Schmerzen an der Hüfte. Bei seiner Fünf-SatzNieder­lage gegen Querrey konnte er am Ende kaum laufen.

Auch wenn es keiner der zwei Top-Gesetzten so deutlich aussprach: Wäre es nicht Wimbledon gewesen, sie wären wohl nicht an den Start gegangen. Doch beide sind auch schon 30, beide hatten ihrem Körper zuletzt kaum Pausen gegönnt. Djokovic dominierte von 2014 bis 2016 das Geschehen auf der Tour und holte in dieser Zeit sechs Grand-Slam-Titel, Murray wollte gegen Ende der vergangene­n Saison auf der Jagd nach der Nummer eins so viel spielen wie möglich.

„Ich wünsche ihnen nur das Beste und dass sie wieder stark zurückkomm­en“, sagte Federer. Auf die Frage, ob seine Entscheidu­ng mit der Auszeit im Rückblick genau die Richtige gewesen sei, und ob sich bei manchen seiner Konkurrent­en auch der „körperlich­e Verschleiß“bemerkbar mache, sagte Federer: „Für mich ist es aufgegange­n. Das heißt aber nicht, dass es bei jedem so sein muss. Aber vielleicht brauchen Körper und Geist manchmal eine Pause.“

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Foto: Witters Ein ausgeruhte­r Roger Federer ist auf Rasen immer noch zu gut für die meisten seiner Konkurrent­en.

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