Die Brücke nimmt Form an
Die Abbrucharbeiten am Wemdinger Tunnel sind teilweise abgeschlossen. Wie die neuangefertigten 700-Tonnen-Betonteile bewegt werden
Teflon und Steaks, das geht zusammen, schließlich gibt es Bratpfannen mit dieser Beschichtung. Doch Teflon und der Wemdinger Tunnel? Tatsächlich ist es so, dass das Material bei der Baustelle eine Schlüsselrolle spielt. Der Tunnel wird im Grunde aus vier monströsen Betonteilen bestehen. Im Querschnitt sehen sie ungefähr aus, wie noch nicht getackerte Heftnadeln. Etwa 18 Meter breit, vier Meter hoch und zehn Meter lang sind sie – fast 700 Tonnen Gewicht pro Bauteil kommen dadurch zusammen.
Michael Bauhammer, Leiter der Abteilung Tiefbau bei der Stadt Nördlingen, zeigt auf die Hilfsbrücke: „Dort fahren weiterhin die Züge, bis der Beton getrocknet ist.“Man versuche, den Zugverkehr so wenig wie möglich zu stören. Deshalb werden die Betonteile nicht an der Stelle hergestellt, wo sie letztendlich hin sollen. Dafür müsste man nämlich die Hilfsbrücke abbauen – der Zugverkehr läge monatelang still. Die Einschubelemente werden deshalb etwa zwanzig Meter versetzt gegossen. Dort trocknet der Stahlbeton dann einige Wochen auf einem massiven Traggerüst. Anfang August ist das Betonelement fertig, dann muss es aber an seinen Bestimmungsort. 700 Tonnen massiven Beton zu bewegen und mehrere Meter zum Boden herabzulassen, sei natürlich keine einfache Sache, gibt Bauhammer zu bedenken. An diesem Punkt kommt das Teflon ins Spiel.
Zunächst müssten Stahlplatten mit Teflonbeschichtung unter das Element geschoben werden. Auf ihnen wird ein Ölfilm verteilt, der es ermöglicht, die Giganten mit einer Hydraulikanlage zu verschieben. Um es anschließend auf den Boden zu bekommen, bocke man es auf vier Zentimeter starken Stahlwürfeln auf, die dann Stück für Stück entfernt würden, erklärt Bauhammer. Alleine das Herunterlassen dauere einen Tag. Insgesamt brauche man Anfang August voraussichtlich knapp zehn Tage, um die Hilfsbrücke durch das Betonelement zu ersetzen. In dieser Zeit wird Schienenersatzverkehr notwendig sein, danach fahren die Züge aber dort, wo sie es künftig immer tun werden.
Etwa 30 Arbeiter sind zurzeit auf der Baustelle am Werk. Die meisten von ihnen stehen auf dem Tragegerüst und verteilen den Beton mit einem Schlauch, breiter als ein Elefantenrüssel, sodass er gleichmäßig in dem Stahlgewebe verteilt trocknen kann. Andere eilen im Untergrund umher. Gerade eben erst wurde die Schalung an den Innenwänden des ersten Betonklotzes entfernt. „So sehen die Wände an den Gehwegen später aus“, erklärt Bauhammer. Sobald alle vier Teile Ende des Jahres stehen, trage man noch vier Meter des Untergrunds ab. Dort käme dann eine sogenannte „Grundwasserwanne“hin, darüber ein Fundament und schließlich die Straße.
Aussparung in der Decke
Richtung Wemdinger Viertel steht noch ein recht großer Teil des alten Tunnels. Beim Anblick des verwitterten Bauwerks lässt sich erahnen, wie der neue Tunnel verglichen dazu aussehen muss. Beidseitige Geh- und Radwege mit einer Breite von jeweils über zwei Metern, eine große Aussparung in der Decke, durch die die Sonne scheint, und moderne LED-Beleuchtung an den Decken werden den Tunnel „hell und freundlich“wirken lassen, schwärmt Bauhammer. Sein Lächeln zeigt, wie sehr er sich über den Fortschritt auf der Baustelle freut – der neue Wemdinger Tunnel sei das größte Projekt, das er in seinem Beruf bisher begleitet hat, sagt er.
Bauhammer hofft, dass das Wetter bleibt wie die vergangenen Tage. Die Hitze in den vergangenen Wochen hätte die Arbeit sehr erschwert. Man hätte die Betonrezeptur ändern und Thermofolien beim Trocknen auslegen müssen, um die Temperaturschwankungen abzufedern. Außerdem müssten die Arbeiter sowieso einen Knochenjob leisten – 30 Grad Celsius hätten das freilich noch verschlimmert.