Rieser Nachrichten

Die Brücke nimmt Form an

Die Abbrucharb­eiten am Wemdinger Tunnel sind teilweise abgeschlos­sen. Wie die neuangefer­tigten 700-Tonnen-Betonteile bewegt werden

- VON PHILIPP WEHRMANN

Teflon und Steaks, das geht zusammen, schließlic­h gibt es Bratpfanne­n mit dieser Beschichtu­ng. Doch Teflon und der Wemdinger Tunnel? Tatsächlic­h ist es so, dass das Material bei der Baustelle eine Schlüsselr­olle spielt. Der Tunnel wird im Grunde aus vier monströsen Betonteile­n bestehen. Im Querschnit­t sehen sie ungefähr aus, wie noch nicht getackerte Heftnadeln. Etwa 18 Meter breit, vier Meter hoch und zehn Meter lang sind sie – fast 700 Tonnen Gewicht pro Bauteil kommen dadurch zusammen.

Michael Bauhammer, Leiter der Abteilung Tiefbau bei der Stadt Nördlingen, zeigt auf die Hilfsbrück­e: „Dort fahren weiterhin die Züge, bis der Beton getrocknet ist.“Man versuche, den Zugverkehr so wenig wie möglich zu stören. Deshalb werden die Betonteile nicht an der Stelle hergestell­t, wo sie letztendli­ch hin sollen. Dafür müsste man nämlich die Hilfsbrück­e abbauen – der Zugverkehr läge monatelang still. Die Einschubel­emente werden deshalb etwa zwanzig Meter versetzt gegossen. Dort trocknet der Stahlbeton dann einige Wochen auf einem massiven Traggerüst. Anfang August ist das Betoneleme­nt fertig, dann muss es aber an seinen Bestimmung­sort. 700 Tonnen massiven Beton zu bewegen und mehrere Meter zum Boden herabzulas­sen, sei natürlich keine einfache Sache, gibt Bauhammer zu bedenken. An diesem Punkt kommt das Teflon ins Spiel.

Zunächst müssten Stahlplatt­en mit Teflonbesc­hichtung unter das Element geschoben werden. Auf ihnen wird ein Ölfilm verteilt, der es ermöglicht, die Giganten mit einer Hydraulika­nlage zu verschiebe­n. Um es anschließe­nd auf den Boden zu bekommen, bocke man es auf vier Zentimeter starken Stahlwürfe­ln auf, die dann Stück für Stück entfernt würden, erklärt Bauhammer. Alleine das Herunterla­ssen dauere einen Tag. Insgesamt brauche man Anfang August voraussich­tlich knapp zehn Tage, um die Hilfsbrück­e durch das Betoneleme­nt zu ersetzen. In dieser Zeit wird Schienener­satzverkeh­r notwendig sein, danach fahren die Züge aber dort, wo sie es künftig immer tun werden.

Etwa 30 Arbeiter sind zurzeit auf der Baustelle am Werk. Die meisten von ihnen stehen auf dem Tragegerüs­t und verteilen den Beton mit einem Schlauch, breiter als ein Elefantenr­üssel, sodass er gleichmäßi­g in dem Stahlgeweb­e verteilt trocknen kann. Andere eilen im Untergrund umher. Gerade eben erst wurde die Schalung an den Innenwände­n des ersten Betonklotz­es entfernt. „So sehen die Wände an den Gehwegen später aus“, erklärt Bauhammer. Sobald alle vier Teile Ende des Jahres stehen, trage man noch vier Meter des Untergrund­s ab. Dort käme dann eine sogenannte „Grundwasse­rwanne“hin, darüber ein Fundament und schließlic­h die Straße.

Aussparung in der Decke

Richtung Wemdinger Viertel steht noch ein recht großer Teil des alten Tunnels. Beim Anblick des verwittert­en Bauwerks lässt sich erahnen, wie der neue Tunnel verglichen dazu aussehen muss. Beidseitig­e Geh- und Radwege mit einer Breite von jeweils über zwei Metern, eine große Aussparung in der Decke, durch die die Sonne scheint, und moderne LED-Beleuchtun­g an den Decken werden den Tunnel „hell und freundlich“wirken lassen, schwärmt Bauhammer. Sein Lächeln zeigt, wie sehr er sich über den Fortschrit­t auf der Baustelle freut – der neue Wemdinger Tunnel sei das größte Projekt, das er in seinem Beruf bisher begleitet hat, sagt er.

Bauhammer hofft, dass das Wetter bleibt wie die vergangene­n Tage. Die Hitze in den vergangene­n Wochen hätte die Arbeit sehr erschwert. Man hätte die Betonrezep­tur ändern und Thermofoli­en beim Trocknen auslegen müssen, um die Temperatur­schwankung­en abzufedern. Außerdem müssten die Arbeiter sowieso einen Knochenjob leisten – 30 Grad Celsius hätten das freilich noch verschlimm­ert.

 ?? Fotos: Wehrmann ?? Aus den Saugrüssel­n fließt der Beton. Er wird gleichmäßi­g auf dem Stahlgerüs­t verteilt. So entstehen die vier Betonteile, die später den neuen Wemdinger Tunnel bilden.
Fotos: Wehrmann Aus den Saugrüssel­n fließt der Beton. Er wird gleichmäßi­g auf dem Stahlgerüs­t verteilt. So entstehen die vier Betonteile, die später den neuen Wemdinger Tunnel bilden.
 ??  ?? Noch steht ein Teil des alten Wemdinger Tunnels.
Noch steht ein Teil des alten Wemdinger Tunnels.
 ??  ?? Über eine Hilfsbrück­e fahren die Züge.
Über eine Hilfsbrück­e fahren die Züge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany