Hmmm, diese italienischen Cafés…
Sie punkten mit viel Geschichte, berühmten Persönlichkeiten und köstlichem Kaffee – unsere Tipps
Geht alles nach Plan, wagt sich im nächsten Jahr Starbucks erstmals nach Italien – ins Espresso- und Cappuccino-Paradies! Von Mailand aus plant die US-Kette, die weltweit über 25000 Niederlassungen hat, die Eroberung mit einem riesigen Laden in der ehemaligen Börse. Und das, wo doch Kaffee Teil der italienischen Identität ist. Doch angesichts ihrer Traditionscafés kann Bella Italia ganz entspannt der Invasion von kaffeehaltigen Heiß- und Kaltgetränken entgegensehen. Das sind die Klassiker unter den Cafès.
Caffè degli Specchi in Triest Das Zentrum der Kaffeekultur heißt Triest. Hier wird seit Jahrhunderten Kaffee importiert, gehandelt und geröstet. Unbestätigten Statistiken zufolge bringt es ein Einwohner dieser Stadt auf 1500 „Nero“(Espresso) pro Jahr. Bekannte Röstereien wie Hausbrandt und Illy haben hier ihren Sitz. Als Besucher kommt niemand um das Caffè degli Specchi im prächtigen Palazzo Stratti herum. Allein schon wegen der Lage an der Piazza dell’Unità d’Italia, dem Wohnzimmer der Stadt. Die Institution ist ein typisches Kind der Habsburger Gründerzeit: Ein Grieche gründete das Café 1839 im Stil eines Wiener Kaffeehauses. Noch heute würden berühmte Literaten wie Franz Kafka und James Joyce das Café wiedererkennen, denn die Einrichtung mit den Wandspiegeln und der langen Espressotheke hat sich kaum verändert.
Das älteste Caffè des Landes ist jedoch das Florian in Venedig. Seit 1720 befindet sich das Café unter den Arkaden am Markusplatz. Zentraler geht es nicht, teurer wohl auch kaum. Wer sich den Cappuccino im zuckrigen Neo-Rokoko-Interieur von einem der immer leicht schnöseligen Kellner auf dem Silbertablett servieren lässt, zahlt derzeit zwölf Euro – pro Tasse. Doch dieser Preis sollte wie ein Museumseintritt betrachtet werden: Nir- anders wird die Vergangenheit Venedigs so lebendig wie hier. An den wackligen Tischchen haben sie alle schon am Espresso genippt: Goethe, Balzac und Proust, aber natürlich auch Richard Wagner und Thomas Mann. Zudem war das Florian auch 1848 ein Zentrum des Widerstands gegen die Habsburger Herrschaft.
Die Glastheke mit Eclairs, bunten Obsttörtchen und Petit fours des Caffè Gilli in Florenz scheint kein Ende zu nehmen. Auf Pasticceria, also Konditoreiwaren, ist dieses Haus seit seiner Gründung 1733 spezialisiert. Schließlich waren seine Gründer Feinbäcker aus der Schweiz. Das heutige Café zog erst 1917 an die Piazza Republica, aber schon davor war es ein wichtiger Treffpunkt der Florentiner. Vor allem in den unruhigen Zeiten um 1848 avancierte das Gilli zum Treffpunkt für Intellektuelle, denen die Unabhängigkeit Italiens ein Anliegen war. Heute atmet das Café den Belle-Epoque-Charme des frühen 20. Jahrhundert.
Grün, Weiß, Rot: Italiens Nationalfarben bestimmen die Farben der drei Salons des Caffè Pedrocchi in der Via VIII Febbraio. Die Spezialität des Hauses ist ein sehr heißer Espresso mit grünem Schaum. Der Trick: Die Farbe stammt von mit Pfefferminze versetzter Milch. 1831 zog das Pedrocchi zentral in die Nähe von Universität, Rathaus und Markthalle. Das Kaffeehaus ist bekannt für seinen eklektischen Baustil, außen venezianisch-ägyptisch und innen neo-klassizistisch mit hohen Decken und Säulen. Die Farben wiesen jeder Gästegruppe ihren Raum zu: Im grünen Salon trafen sich Studenten sowie weniger Wohlbetuchte und wurden von den Kellnern in Ruhe gelassen. Im weißen Salon wurde Mittag- und Abendessen serviert. Rot dominierte im Hauptraum mit dem langen Tresen und den Kuchenvitrinen. Verständlich, dass angesichts der Nationalgendwo farben das Café während des Unabhängigkeitskriegs ein wichtiger Ort war. So wichtig, dass die österreichische Armee das Caffè 1848 sogar angriff.
Caffè Sant Eustachio in Rom Nichts für Besucher mit müden Beinen, die unbedingt sitzen wollen, ist das Caffè Sant Eustachio an der gleichnamigen Piazza. Mitten in der Altstadt zwischen Piazza Navona und Pantheon konzentriert sich diese Espressobar seit 1938 auf das Wesentliche: Hausgerösteten Kaffee, für den sich lange Schlangen bilden. Der Barista will nur wissen, ob er den Gran Caffè süßen soll, bevor er ihn auf den Tresen stellt. Diesen doppelten Espresso genießen die Römer im Stehen, umgeben von Vitrinen und Stapeln gelber Dosen, in denen der berühmte Kaffee auch verkauft wird. Manchmal muss man ein wenig raus, das allzu Bekannte und Routinierte hinter sich lassen. Und was tut man dann, wenn man in Bayern wohnt? Man packt seine Sachen, fährt über den Brenner bis an den Gardasee, weil da gibt es schon, kaum ist man fünf Stunden gefahren, garantiert erste italienische Momente. Der Lago, der Espresso, die Antipasti, der Süden … ach! Und endlich kann man mal wieder gekonnt und geschliffen sein Volkshochschulitalienisch anwenden, una camera per due notte … so oder so ähnlich. Denkt man sich und wundert sich, dass das Gegenüber so komisch schaut. Denn die italienische Sprache ist am Gardasee vollkommen überflüssig, hier spricht man deutsch, naturalmente. Sagt der deutsche Gast: Una pizza pugliese. Sagt der Ober: Geht klar. So sind offensichtlich die Rituale am Gardasee. Und so ist es auch im Hotel Pace in Arco. Wer italienisch radebrechend eincheckt, dem wird in perfektem deutsch geholfen. Und am Frühstücksbuffet notiert sich der Ober gelassen die Bestellung Spiegelei, da man das italienische Wort sowieso nicht drauf hätte. So ist das wohl in ganz Arco, das am obersten Zipfel des Gardasees, so etwas wie eine bayerische Bergsteiger- und Klettererenklave ist. Das Hotel Pace liegt am Rande des Centro. Ein hübsches Haus mit ganz in weiß gehaltener Lobby und einer kleinen Bar. Die Zimmer sind, das muss man sagen, italienisch-funktional: Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein Bad, nichts weiter Schickes. Aber solide und ordentlich. Das reichhaltige Frühstück hat sich ebenfalls deutschen Bedürfnissen angepasst, Italiener kommen ja bekanntlich morgens mit einem Espresso gut aus.
Und die italienischen Momente? Dieser Blick über den Lago. Einfach bellissima! *
In unserer Rubrik „Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäuser vor, die unsere Redaktionsmitglieder und Mitarbeiter ausprobiert haben und bemerkenswert fanden.