Novum in der langen Turniergeschichte
Der Augsburger Patrick Afflerbach schafft im „Großen Preis“mit seinen beiden Pferden die einzigen Null-Fehler-Ritte. Damit gibt es erstmals seit vielen Jahren kein Stechen
Das traditionsreiche Nördlinger Scharlachrennen hat in seiner langen Geschichte schon viele spezielle Momente erlebt, aber der gestrige „Große Preis“, die sportlich wertvollste Prüfung des viertägigen Reitturniers, endete besonders kurios: Patrick Afflerbach vom Reitverein Königsbrunn Fohlenhof schaffte im 30-köpfigen Starterfeld mit seinen beiden Holsteinern Cassito und Ciara die beiden einzigen Null-Fehler-Ritte der Konkurrenz und landete damit – nachdem er gemäß Reitsportreglement nicht mit sich selber ins Stechen gehen kann – einen Doppelsieg. „Das ist wie ein Sechser im Lotto“, konnte der 30-jährige Doktor der Wirtschaftsinformatik sein Glück kaum fassen. Insgesamt 4000 Euro Preisgeld waren neben dem reichlichen Beifall des aufmerksamen Publikums der Lohn für seinen Husarenstreich.
Dabei hatte Afflerbach bei der Parcoursbesichtigung vor dem mit insgesamt knapp 10 000 Euro dotierten Drei-Sterne-S-Springen nicht unbedingt ein gutes Gefühl. „Ich habe die Prüfung einen Tick zu schwer empfunden. Nicht technisch, aber aufgrund der Höhe“, plauderte der Augsburger nach seinem Triumph aus dem Nähkästchen. Mindestens zum zehnten Mal sei er aufgrund der geographischen Nähe in Nördlingen am Start, auch einige Male platziert gewesen – im Vorjahr Sechster – aber zum ganz großen Erfolg habe es bislang noch nicht gereicht. Das hat sich gestern nachhaltig geändert: Patrick Afflerbach hat im wahrsten Sinne des Wortes Scharlachrennen-Geschichte geschrieben.
Hinter dem Doppelsieger landeten der im Turnierverlauf überaus erfolgreiche Mario Walter von der RSG Ostalb, Nicoletta Stein vom Reitclub Nürnberg, Toni Haßmann vom Zucht-, Reit- und Fahrverein Lienen und Vorjahressieger HansPeter Konle, gebürtiger Röhlinger und für den Reitclub Küps in Oberfranken startend, mit jeweils einem Abwurf auf den nächsten Plätzen. Der kleine Unterschied: Die Konkurrenten sind allesamt Profireiter, während Afflerbach tagsüber seinem anspruchsvollen Beruf bei einer großen Augsburger Versicherung nachgeht und erst abends aufs Pferd steigt.
Wer am letzten Turniertag früh aufstand, der konnte den Überraschungserfolg einer Lokalmatadorin miterleben. In der morgendlichen Punktespringprüfung der Klasse S* belegte Isabel Schneider vom Reitund Fahrverein St. Georg Nördlingen mit Camira den bemerkenswerten dritten Platz hinter Siegerin Veronika Müller mit Shakira (RSG Rhön) und dem für den Reitclub Küps startenden Röhlinger HansPeter Konle mit Zivia H. Julius Ehinger vom Reitclub Riesbürg vervollständigte auf Rang sechs das starke Ergebnis der Reiter aus der Region.
Die zwei weiteren S-Springen des Sonntags gewannen Johannes Holzeder vom Rottaler Reit- und Fahrverein und Maximilian Ziegler vom Reitverein Augsburg-West. Das schwere Zwei-Sterne-S-Springen am Vortag hatte Toni Haßmann auf Maicon für sich entschieden. Hier hatte Patrick Afflerbach mit Ciara schon angedeutet, dass mit ihm beim „Großen Preis“noch zu rechnen sein könnte. Allerdings natürlich nicht in diesem Ausmaß ...
Begonnen hatte das 57. Scharlachrennen mit einem tragischen Unglücksfall, das den Einsatz von Helfern und Rettungskräften erforderte: Ein Dressurpferd hatte im Anhänger Panik bekommen, verhakte sich in einem Trenngitter und musste mit einem Fußbruch eingeschläfert werden. Nach diesem Schock liefen die weiteren Turniertage aber reibungslos und insbesondere der Publikumszuspruch war vor allem am Abschlusstag bemerkenswert. Auch das Wetter spielte mit, denn die gelegentlichen Schauer am Samstagnachmittag und Sonntagvormittag dienten eher der Platzbewässerung als der Abschreckung der Zuschauer. Und warm blieb es allemal. O