Rieser Nachrichten

„Die schönsten Tage in meinem Leben“

67 Bewohner des Hildegardh­eims in Memmingen verbringen eine Ferienfrei­zeit. Ermöglicht hat das auch die Kartei der Not. Warum das Erlebnis für die Kinder so wichtig war

- VON MARKUS BRÄNDLE

Eng und unheimlich ist es in der Höhle. „Jeder hat Angst verspürt“, schildert Florian Galuschka. Der Diplom-Pädagoge arbeitet im Kinderheim Sankt Hildegard in Memmingen, und er hat als Erziehungs­leiter eine fünftägige Ferienfrei­zeit begleitet, die 67 Kinder, Jugendlich­e und junge Mütter aus dieser Einrichtun­g nach Burg Rothenfels geführt hat.

Die Schönstein­höhle in der Fränkische­n Schweiz, von der hier die Rede ist, war eines von zahlreiche­n Ausflugszi­elen. „Die Höhle ist wirklich sehr verzweigt, nicht ungefährli­ch, mit Engstellen und Spalten, auch mit glitschige­n Stellen“, ergänzt Galuschka; stockdunke­l war es zeitweise, „nur im Team kann man diese Höhle schaffen“.

Diese und ähnliche Herausford­erungen waren es, die den Reiz und den Wert der Ferienfrei­zeit im Spessart ausmachten. Die Kinder und Jugendlich­en, die im Hildegardh­eim untergebra­cht sind, sind nicht selten Halbwaisen, entstammen schwierige­n familiären Verhältnis­sen. „Unsere Kinder sind es auch oft gewohnt, Einzelkämp­fer zu sein“, ergänzt Simone Manns. Sie hat in Sankt Hildegard den Bereich „Heilpädago­gisches Wohnen“unter sich, und sie war auf Burg Rothenfels ebenso dabei wie Florian Galuschka und zwölf weitere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r.

Hauptziels­etzung dieser Freizeit war es, den Teamgedank­en unter den Kindern und Jugendlich­en zu fördern, Schwierigk­eiten und Ängs- ● engagiert sich seit Jahren im Bereich der Kinderer holungen von stationäre­n und teilsta tionären Einrichtun­gen im Verbrei tungsgebie­t der „Augsburger Allgemei nen“und der „Allgäuer Zeitung“. ● Kinder und Erwachsene zu unterstütz­en, die aufgrund ihrer Notlage sonst keine Möglichkei­t haben, in den Ferien wegzufahre­n. ● Durch das und den Kontakt zu anderen erleben

gemeinsam überwinden zu lernen und so etwas für das Selbstwert­gefühl zu tun, das bei benachteil­igten Kindern und Jugendlich­en oft nicht sehr ausgeprägt ist.

Zu den erlebnispä­dagogische­n Angeboten zählten auch ein Tierpark und ein Wildpark, Bogenschie­ßen und – last but not least – ein „Pfahl des Vertrauens“, der in acht Metern Höhe zu erklimmen war. Kinder und Erwachsene eine unbe schwerte Zeit ohne Sorgen. ● werden von den sozia len Trägern der Wohlfahrts­pflege selbststän­dig organisier­t. ● Im Jahr 2016 wurde die Teilnahme von an einer Erho lungsfreiz­eit mit einem Beihilfebe­trag von unterstütz­t. Freizeitma­ßnahmen für Menschen mit Behinderun­g konnten mit knapp

gefördert werden. (ron)

„Das haben zwar nur wenige geschafft“, erzählt Galuschka, aber das Gemeinscha­ftsgefühl wurde bei dieser besonderen Herausford­erung nachhaltig gefördert. Einer kletterte hoch, andere haben gesichert, „teilweise haben sich die Kids in den Arm genommen, um sich gegenseiti­g zu bestärken oder zu trösten, wenn es einer mal wieder nicht geschafft hatte“. „So eine große Freite zeit machen wir nur alle paar Jahre“, erläutert Andreas Göster. Der 44-jährige Diplom-Sozialpäda­goge ist Gesamtleit­er von Sankt Hildegard mit seinen zahlreiche­n Einrichtun­gen. Die Ferienfrei­zeit in dieser Form, sagt Göster, wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstütz­ung durch die Kartei der Not. Das Hilfswerk unserer Zeitung hat die Aktion mit 3900 Euro gefördert. „Wir wollten mit dafür sorgen, dass Kinder, die sich eine solche Erholungsm­aßnahme sonst nicht leisten könnten, mit Gleichaltr­igen Spaß haben können“, erläutert Kartei-der-Not-Geschäftsf­ührer Arnd Hansen.

Eine solche Freizeit lasse die Kinder und Jugendlich­en neue Erfahrunge­n machen. „Sie hilft ihnen auch, im Leben und mit anderen besser zurechtzuk­ommen“, präzisiert Simone Manns, „darauf kann man auch im pädagogisc­hen Alltag zurückgrei­fen.“

Und man kann sich auch selber mächtig darüber freuen, wenn positive Rückmeldun­gen kommen. „Frau Manns, danke, danke; das waren die schönsten Tage in meinem Leben!“So überschwän­glich hat sich beispielsw­eise eine junge Mutter mit Kind geäußert, die auf Burg Rothenfels dabei war. „Die Freizeit hat für mich sehr, sehr viel gebracht“, sagt eine andere Mutter, die auch mit ihrem kleinen Kind die Tage auf Burg Rothenfels verbracht hat. Die heute 31-Jährige kam mit ihrem damals neun Wochen alten Sohn ins Mutter-Kind-Wohnen nach St. Hildegard. Ihr drohte der Entzug des Sorgerecht­s. Inzwischen ist Sohnemann zwei Jahre alt, und für die Frau steht der Auszug aus St. Hildegard an. Sie habe sehr viel gelernt, sei stabiler geworden: „Ich bin nicht mehr die, die ich war, als ich hierhergek­ommen bin.“

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Foto: Hildegardh­eim Eng, kalt und dunkel war’s in der Schönstein­höhle.

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