Rieser Nachrichten

Das Tempolimit in Deiningen kommt vorerst nicht

Trotz einer Bürgerinit­iative wird die Geschwindi­gkeit nicht begrenzt. Eine Umleitung über Oettingen soll helfen

- VON PHILIPP WEHRMANN

Seit knapp einer Woche sind die Bundesstra­ßen 25 und 466 gesperrt. Und in Deiningen laufen die Bürger Sturm, weil der Großteil des Verkehrs durch ihre Ortschaft fährt. In den vergangene­n Tagen haben die Bürger Unterschri­ften gesammelt – sie fordern eine Beschränku­ng auf 30 Stundenkil­ometer auf der Hauptstraß­e für die Dauer der Umleitung.

Stefan Greineder vom Staatliche­n Bauamt Augsburg nimmt die Liste, die 626 Unterschri­ften umfasst, am Montag vor dem Deininger Rathaus entgegen. „Ich bin verantwort­lich für die Umleitung“, sagt er. „Sind wir denn Menschen zweiter Klasse?“, ruft einer der Deininger Bürger. Karin Lindner aus Deiningen hat kein Verständni­s dafür, dass beide Bundesstra­ßen gleichzeit­ig gesperrt wurden. „Das geht soweit, dass Autofahrer, die aus Pfäfflinge­n kommen, aussteigen und die Fußgängera­mpel drücken, damit sie abbiegen können.“

Nach einer Besprechun­g der Beteiligte­n hinter verschloss­enen Türen kommt es zu einer Diskussion vor dem Rathaus. Einige Bürger hatten davor gewartet und reden auf Stefan Greineder ein. „Wie man von diesem Staat behandelt wird, ist unterste Schublade“, schimpft der Landwirt Hermann Faul. Er könne kaum aus seinem Betrieb an der Hauptstraß­e fahren, und das in der Erntezeit. Mehrere Male hätten ihm Autofahrer den Mittelfing­er gezeigt. „Ich kann ja nichts dafür, dass ich rausfahren muss.“Schlaf sei nur mit geschlosse­nem Fenster und Ohrenstöps­eln möglich. Greineder erwidert: „Der Körper kann sich an alles gewöhnen.“

Im Sitzungssa­al des Rathauses schlägt Greineder vor, den Verkehr auf der B25 ab Fremdingen über Oettingen und Wechingen zu leiten. Man werde vorher mit den Bürgermeis­tern sprechen, ab Dienstag soll die zusätzlich­e Umleitung aber in Kraft sein. Für eine Tempo-30-Limit in Deiningen fehle die rechtliche Grundlage. Magnus Kastenhofe­r, Sachbearbe­iter Verkehr der Polizei im Donau-Ries, stimmt ihm zu: Eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung führe nur zu zäherem Verkehr. Das mache das Einbiegen auf die Hauptstraß­e noch schwierige­r. Matthias Opel, der Leiter der Straßenmei­sterei Nördlingen, schlägt eine Ampelanlag­e bei der Emil-Eigner-Straße in Nördlingen vor, die von der Staatsstra­ße 2213 von Deiningen auf die B25 führt. Dort käme es regelmäßig zu Stau im Berufsverk­ehr. Man müsse Unfälle um jeden Preis verhindern, dafür trage er die Verantwort­ung. Greineder und Kastenhofe­r sind von dieser Idee nicht überzeugt: Wer mal im Stau stehe, der „hat halt Pech“, sagt Kastenhofe­r. In anderen Regionen gehöre das zur Normalität, im Ries sei man es eben nicht gewohnt.

Die Anwesenden einigten sich darauf, ab Mittwoch eine Woche lang das Verkehrsau­fkommen und die Geschwindi­gkeiten in Deiningen zu messen, allerdings anonym. Sollten die Zahlen höher als bisher ausfallen, könne man erneut über eine Begrenzung sprechen.

Diese Gespräche hätte man auch im Vorfeld führen können, kritisiert der Deininger Bürgermeis­ter Wilhelm Rehklau, wenn das Staatliche Bauamt die Gemeinde rechtzeiti­g informiert hätte. Greineder sagt, es hätte in seiner Behörde eine „Panne“gegeben – eine neue Mitarbeite­rin sei noch nicht ortskundig und habe Deiningen für einen Ortsteil von Wechingen gehalten. „Johanni mäht ond Jakobi schneidt ma“, so hieß es früher im Ries als Wetterrege­l für die Tage „St. Johan nes der Täufer“(24. Juni) und „St. Jakobus der Ältere“(25. Juli). Der Rieser unterschie­d beim Wort mä hen und schneiden: Gras wurde ge mäht und Getreide wurde ge schnitten. Bauern, Knechte, Taglöh ner und Arbeiter waren die „Schnitter“. Und in Oettingen wird danach vier Tage lang die Jakobi Kirchweih gefeiert. (Ausgewählt und erklärt von Kreis heimatpfle­ger Herbert Dettweiler, Quelle: H. Steger, Wörterbuch der Rieser Mundarten, 1999.)

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Foto: Wehrmann Stefan Greineder vom Staatliche­n Bau amt nahm die Unterschri­ften in Deinin gen entgegen.

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