Das Tempolimit in Deiningen kommt vorerst nicht
Trotz einer Bürgerinitiative wird die Geschwindigkeit nicht begrenzt. Eine Umleitung über Oettingen soll helfen
Seit knapp einer Woche sind die Bundesstraßen 25 und 466 gesperrt. Und in Deiningen laufen die Bürger Sturm, weil der Großteil des Verkehrs durch ihre Ortschaft fährt. In den vergangenen Tagen haben die Bürger Unterschriften gesammelt – sie fordern eine Beschränkung auf 30 Stundenkilometer auf der Hauptstraße für die Dauer der Umleitung.
Stefan Greineder vom Staatlichen Bauamt Augsburg nimmt die Liste, die 626 Unterschriften umfasst, am Montag vor dem Deininger Rathaus entgegen. „Ich bin verantwortlich für die Umleitung“, sagt er. „Sind wir denn Menschen zweiter Klasse?“, ruft einer der Deininger Bürger. Karin Lindner aus Deiningen hat kein Verständnis dafür, dass beide Bundesstraßen gleichzeitig gesperrt wurden. „Das geht soweit, dass Autofahrer, die aus Pfäfflingen kommen, aussteigen und die Fußgängerampel drücken, damit sie abbiegen können.“
Nach einer Besprechung der Beteiligten hinter verschlossenen Türen kommt es zu einer Diskussion vor dem Rathaus. Einige Bürger hatten davor gewartet und reden auf Stefan Greineder ein. „Wie man von diesem Staat behandelt wird, ist unterste Schublade“, schimpft der Landwirt Hermann Faul. Er könne kaum aus seinem Betrieb an der Hauptstraße fahren, und das in der Erntezeit. Mehrere Male hätten ihm Autofahrer den Mittelfinger gezeigt. „Ich kann ja nichts dafür, dass ich rausfahren muss.“Schlaf sei nur mit geschlossenem Fenster und Ohrenstöpseln möglich. Greineder erwidert: „Der Körper kann sich an alles gewöhnen.“
Im Sitzungssaal des Rathauses schlägt Greineder vor, den Verkehr auf der B25 ab Fremdingen über Oettingen und Wechingen zu leiten. Man werde vorher mit den Bürgermeistern sprechen, ab Dienstag soll die zusätzliche Umleitung aber in Kraft sein. Für eine Tempo-30-Limit in Deiningen fehle die rechtliche Grundlage. Magnus Kastenhofer, Sachbearbeiter Verkehr der Polizei im Donau-Ries, stimmt ihm zu: Eine Geschwindigkeitsbegrenzung führe nur zu zäherem Verkehr. Das mache das Einbiegen auf die Hauptstraße noch schwieriger. Matthias Opel, der Leiter der Straßenmeisterei Nördlingen, schlägt eine Ampelanlage bei der Emil-Eigner-Straße in Nördlingen vor, die von der Staatsstraße 2213 von Deiningen auf die B25 führt. Dort käme es regelmäßig zu Stau im Berufsverkehr. Man müsse Unfälle um jeden Preis verhindern, dafür trage er die Verantwortung. Greineder und Kastenhofer sind von dieser Idee nicht überzeugt: Wer mal im Stau stehe, der „hat halt Pech“, sagt Kastenhofer. In anderen Regionen gehöre das zur Normalität, im Ries sei man es eben nicht gewohnt.
Die Anwesenden einigten sich darauf, ab Mittwoch eine Woche lang das Verkehrsaufkommen und die Geschwindigkeiten in Deiningen zu messen, allerdings anonym. Sollten die Zahlen höher als bisher ausfallen, könne man erneut über eine Begrenzung sprechen.
Diese Gespräche hätte man auch im Vorfeld führen können, kritisiert der Deininger Bürgermeister Wilhelm Rehklau, wenn das Staatliche Bauamt die Gemeinde rechtzeitig informiert hätte. Greineder sagt, es hätte in seiner Behörde eine „Panne“gegeben – eine neue Mitarbeiterin sei noch nicht ortskundig und habe Deiningen für einen Ortsteil von Wechingen gehalten. „Johanni mäht ond Jakobi schneidt ma“, so hieß es früher im Ries als Wetterregel für die Tage „St. Johan nes der Täufer“(24. Juni) und „St. Jakobus der Ältere“(25. Juli). Der Rieser unterschied beim Wort mä hen und schneiden: Gras wurde ge mäht und Getreide wurde ge schnitten. Bauern, Knechte, Taglöh ner und Arbeiter waren die „Schnitter“. Und in Oettingen wird danach vier Tage lang die Jakobi Kirchweih gefeiert. (Ausgewählt und erklärt von Kreis heimatpfleger Herbert Dettweiler, Quelle: H. Steger, Wörterbuch der Rieser Mundarten, 1999.)