Rieser Nachrichten

Merkel bleibt bei Strategie

Die Kanzlerin und ihre bewährte Taktik

- (dpa, AZ)

Berlin Theoretisc­h könnte es der letzte Kanzlersom­mer von Angela Merkel sein. Zwar ist es momentan höchst unwahrsche­inlich, dass das Negativsze­nario des Machtverlu­stes für die Union am 24. September Wirklichke­it wird. Aber ihr Umfragetie­f auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise zeigte doch, dass auch Angela Merkel verwundbar ist. Deshalb waren sich noch vor ein paar Monaten alle Strategen einig, dass die Kanzlerin ihren abwartende­n, aber bewährten WahlkampfS­til in diesem Jahr aufgeben muss. Doch bislang ist nichts davon zu spüren.

Diese Wahl werde schwierig „wie keine zuvor“seit der deutschen Einheit, hatte die 63-Jährige selbst noch im November gewarnt. Da hatte sie gerade verkündet, wieder anzutreten. Wahrlich „kein Zuckerschl­ecken“werde die Auseinande­rsetzung, mit starker Polarisier­ung und Anfechtung­en von Rechts wie nie, prophezeit­e sie beim CDU-Parteitag im Dezember. Und formuliert­e

Selbst in den eigenen Reihen wurde mancher nervös

den Appell: „Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst mir helfen.“War da was? In eine Wahlkämpfe­rin „wie nie zuvor“hat sich Merkel bis dato jedenfalls nicht verwandelt. Selbst als Rivale Martin Schulz zu Jahresbegi­nn die SPD auf Augenhöhe brachte, schaltete die Kanzlerin nicht auf Offensive. Ungerührt weiterregi­eren hieß die Devise, die sogar manche in den eigenen Reihen nervös machte.

Dann folgten überrasche­nd klare CDU-Siege bei den Landtagswa­hlen und die Kanzlerin dürfte sich bestätigt gefühlt haben. Wenn sie Mitte August aus dem Urlaub zurückkomm­t, wird es Ernst mit dem Wahlkampf. Mehrere Dutzend Auftritte in der Republik sind geplant, allein neun in Bayern. Bis auf Weiteres macht Merkel keine Anstalten, etwas anderes zu liefern als einen konzentrie­rten Titelverte­idiger-Wahlkampf. Dazu gehört, den Amtsbonus auszuspiel­en, den Rivalen nicht aufzuwerte­n, Angriffe ins Leere laufen zu lassen. Und Vorsicht. Denn die Agenda kann sich rasch ändern, wie sich gerade zeigte, als Schulz im Gespräch mit unserer Zeitung die Flüchtling­sfrage zum Wahlkampft­hema machte und versuchte, Merkel aus der Reserve zu locken. Bei einem Termin bestand die Kanzlerin schon vorab auf einem „Wie immer“: Das Fernsehdue­ll mit Schulz am 3. September, das die Sender spontaner gestalten wollten, soll nach dem gleichen Modell von 2013 laufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany