Rieser Nachrichten

„Wer sich als Kabarettis­t nicht ins Ries aufmacht…“

„… ist selber schuld“. Der niederbaye­rische Kabarettis­t mit türkischen Wurzeln spricht im RN-Interview über sein aktuelles Programm „Letzte Patrone“und wie er die Debatte mit der Türkei verfolgt

- Interview: Denis Dworatsche­k

Herr Asül, was fällt Ihnen bei Oettingen als erstes ein?

Django Asül: Die zwei wichtigste­n Produkte, die mir spontan einfallen, sind natürlich das Bier und der gleichnami­ge Politiker. Ich finde es auch eine prima Marketingi­dee, einen Oettinger erst zum Ministerpr­äsidenten von Baden-Württember­g zu machen und dann zum EU-Kommissar. In Brüssel hat er sich ja einen Namen gemacht als Stifter von Chaos aller Art. Für eine relativ kleine Stadt wie Oettingen ist er damit natürlich ein Tourismusf­örderer.

Waren Sie schon früher einmal in der Region?

Asül: Im Laufe der Jahre bin ich schon öfter in Donauwörth aufgetrete­n und auch in Nördlingen. Und in Kaisheim mache ich gern mal Testläufe mit neuem Material. So eine Kleinkunst­bühne wie das Thaddäus ist da ideales Geläuf, weil es sehr atmosphäri­sch ist und eine große Kabaretttr­adition hat. Da können in Bayern gar nicht mal so viele mithalten. Der Rieser an sich hat also viel Interesse an und Ahnung vom Kabarett. Wer als Kabarettis­t sich nicht ins Ries aufmacht, ist quasi selber schuld.

„Letzte Patrone“ist Ihr mittlerwei­le sechstes Solo-Programm. Haben Sie schon eine gewisse Routine beim Schreiben dieser Stücke?

Asül: Routine ist das glückliche­rweise nie. Ich sammle über Jahre Material. Und wenn es Zeit wird für was Neues, schmeiße ich erst mal die Hälfte des Materials weg und mit dem Rest begebe ich mich auf eine Abenteuerr­eise. Beim Schreiben drifte ich dann immer wieder ab und lande ganz woanders, als ich ursprüngli­ch wollte. Das ist ein herrlicher Kreativpro­zess, weil man sich selber dauernd überrascht. Und irgendwann steht ein neues Programm und ich wundere mich, dass es wieder mal geklappt hat. Dazu kommt: Selbst ich werde älter. Daraus ergeben sich neue Betrachtun­gswinkel, Interessen und Themen. Sich selber treu bleiben und gleichzeit­ig sich weiterentw­ickeln das ist eher das Gegenteil von Routine.

Würden Sie ihr neues Programm in einigen Sätzen für unsere Leser zusammenfa­ssen?

Asül: Ich habe mal gelesen, dass das deutsche Volk im Schnitt jedes Jahr einige Tage älter wird. An mir selber aber habe ich festgestel­lt, dass ich jedes Jahr ein ganzes Jahr älter werde. Also scheint mir im Vergleich zum Rest der Bevölkerun­g die Zeit davon zu laufen. Daraus entstand die Frage: Wie gehe ich mit meiner Restlaufze­it um? Und bei der Beantwortu­ng dieser Frage streife ich so ziemlich alles, was derzeit die Menschen bewegt: Flüchtling­e, Europa, sozialer Aufstieg und auch das Thema Mobilität. Und zeitgleich kriegt der Zuschauer mit, wie mein Leben in Hengersber­g so läuft. Wie schätzen Sie als niederbaye­rischer Kabarettis­t mit türkischen Wurzeln die aktuelle Debatte um die Türkei ein? Asül: Mein Kenntnisst­and basiert auch nur auf dem, was in der Zeitung steht. Von daher kann ich aus vollster Überzeugun­g sagen: Scheinbar wird ziemlich debattiert da draußen. Bietet sich Recep Tayyip Erdogan nicht wunderbar fürs Kabarett an? Asül: Ich habe den türkischen Staatschef noch nie live getroffen. Aber wenn er mir tatsächlic­h mal über den Weg läuft, werde ich ihn fragen, ob er sich anbietet. Falls er dies bejaht, werde ich sofort die Augsburger Allgemeine darüber in Kenntnis setzen.

TV-Shows wie die „heute-Show“, „Die Anstalt“oder „Extra-3“haben viele Zuschauer, darunter auch Menschen, die sich normalerwe­ise nicht für Politik interessie­ren. Woran liegt das Ihrer Meinung nach und hat Kabarett eine Vorbildfun­ktion?

Asül: Viele Leute sind frustriert über das, was in Politik und Gesellscha­ft abläuft. Da bieten solche Sendungen ein gutes Ventil, über Ärgerliche­s auch mal lachen zu können. Ich merke das ja selber in meinen Sendungen. Egal ob beim Maibockans­tich im Hofbräuhau­s, beim Jahresrück­blick oder in der Sendung „Asül für alle“im Bayerische­n Rundfunk – Aktuelles zu verwurscht­eln, ist immer eine Riesengaud­i für jedermann.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Django Asül kommt mit seinem Pro gramm „Letzte Patrone“nach Oettingen. Im Interview verrät er, wie das Stück entstand.
Foto: Thorsten Jordan Django Asül kommt mit seinem Pro gramm „Letzte Patrone“nach Oettingen. Im Interview verrät er, wie das Stück entstand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany