Rieser Nachrichten

Wie heiß darf ein Arbeitspla­tz sein?

Im Büro kann es im Sommer unerträgli­ch warm werden. Was Beschäftig­te dann tun können

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Sommer, Sonne, Schweiß. Dieser Dreiklang macht nicht nur Bauarbeite­rn, Dachdecker­n und anderen Freiluftwe­rklern zu schaffen. Auch in Büros oder Verkaufsrä­umen kann es unerträgli­ch warm werden, etwa wenn die Klimaanlag­e ausgefalle­n ist oder es gar keine gibt.

Es soll Unternehme­r geben, denen das Wohlbefind­en ihrer Mitarbeite­r so sehr am Herzen liegt, dass sie ihnen – je nach Temperatur in den Arbeitsräu­men – Vergünstig­ungen verschiede­nster Art einräumen. Das fängt bei kostenlose­n Getränken an und setzt sich fort über Salatbuffe­ts, Aufstellun­g von Ventilator­en oder gar vorübergeh­ende Aufenthalt­e in „Kühlräumen“– bis zum „hitzefrei“auf Firmenkost­en inclusive Freikarte fürs Schwimmbad.

Die Arbeitsstä­ttenverord­nung gibt ganz allgemein vor, dass für Bereiche von Arbeitsplä­tzen, die unter „starker Hitzeentwi­cklung“stehen, die Möglichkei­t bestehen sollte, die Räume „im Rahmen des betrieblic­h Möglichen“auf eine erträglich­e Temperatur zu kühlen, etwa dadurch, dass Außenjalou­sien angebracht worden sind. Ergänzend dazu heißt es in den Arbeitsstä­ttenrichtl­inien, dass die Raumtemper­atur in Arbeitsräu­men 26 Grad Celsius nicht überschrei­ten „soll“(von „Hitzearbei­tsplätzen“abgesehen). Dabei ist die Raumtemper­atur „die in einer Höhe von 75 Zentimeter­n über dem Fußboden in der Mitte des geschlosse­nen Raumes mit einem Thermomete­r gemessene Temperatur“.

Generell gilt die Arbeitsstä­ttenregel, die ab einer Außentempe­ratur von 26 Grad Celsius ein Stufenmode­ll mit Schutzmaßn­ahmen vorsieht. Danach werden bei Lufttemper­aturen in Arbeitsräu­men in der Stufe „über 26 Grad“verschiede­ne Maßnahmen empfohlen. Bei 30 bis 35 Grad Celsius muss der Arbeitgebe­r („zwingend!“) wirksame Schutzmaßn­ahmen ergreifen. Bei mehr als 35 Grad wird die Tätigkeit in einem Arbeitsrau­m grundsätzl­ich als ungeeignet angesehen (von Ausnahmen – Stichwort „Hitzearbei­t“– abgesehen). Trotz dieser Regelung gibt es keinen Rechtsansp­ruch auf eine Klimaanlag­e oder hitzefrei. Arbeitnehm­er aber, die bei solchen Temperatur­en beim besten Willen nicht mehr arbeiten können, dürfen das Recht haben, „die Weiterarbe­it zu verweigern“, so Rechtsanwa­lt Thomas Snelting aus Kamen.

Fragt sich nur noch, was geschieht, wenn der Arbeitgebe­r trotz „Bullenhitz­e“„kühl“bleibt? Den Arbeitnehm­ern steht ein Beschwerde­recht zu. Sie gehen damit allerdings nicht vor das Arbeitsger­icht, sondern zur für Arbeitssch­utz örtlich zuständige­n Behörde. Dort gibt es Fachleute, die mit dem Unternehme­r Abhilfemaß­nahmen diskutiere­n und konkrete Vorschläge machen. Folgt darauf nichts in Richtung Arbeitssch­utz, dann könnte dem Arbeitgebe­r auch schon mal mit einem Bußgeld gedroht werden.

Anderersei­ts: Natürlich haben Arbeitnehm­er (für sie der Betriebsra­t) auch das Recht, ihr Mütchen vor dem Arbeitsger­icht zu kühlen. Ob das immer empfehlens­wert ist, ist eine andere Frage, die im Kollegenkr­eis sicher heiß diskutiert wird.

ist unser Experte rund ums Recht. Der Fachjourna­list befasst sich seit fast 20 Jahren mit Verbrauche­rfragen.

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Foto: dpa Ein Ventilator im Büro kann ein wenig Erleichter­ung verschaffe­n.
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