Rieser Nachrichten

Beim Parken mag’s der Bayer lieber bar

Immer mehr Gemeinden und Städte bieten die Möglichkei­t, Parkgebühr­en mit dem Handy zu bezahlen. Doch die Autofahrer in der Region sind skeptisch

- VON MICHAEL BÖHM (mit dpa)

Mist, das Münzfach im Geldbeutel ist leer. Nervös kramen die Hände in der Hosentasch­e, die Augen suchen hilflos nach einem Passanten, der einem „einen Zehner kleinmache­n“kann. Wer kennt ihn nicht, den Moment der Verzweiflu­ng, wenn die Freude über den ergatterte­n Parkplatz der Ernüchteru­ng weicht, kein Kleingeld für den Parkautoma­t dabeizuhab­en?

Immer mehr bayerische Städte wollen ihren Bürgern diesen Moment ersparen und bieten Alternativ­en zur Barzahlung an. Die meisten von ihnen funktionie­ren über das Handy: per Anruf, SMS oder per App kann der virtuelle Parkschein gelöst, die Gebühr bargeldlos bezahlt und die Parkdauer zur Not aus der Ferne verlängert werden. Und das Ganze für einen Aufpreis in Höhe von wenigen Cent.

In Bayern scheinen die Parker dem technische­n Fortschrit­t jedoch noch skeptisch gegenüberz­ustehen. Das zeigt eine Umfrage unter zahlreiche­n der Städte, die – einige bereits seit vielen Jahren – das sogenannte Handyparke­n anbieten: Nur die wenigsten der Autofahrer zücken am Parkautoma­t tatsächlic­h das Handy, die meisten kramen offenbar immer noch ganz gerne im Geldbeutel nach dem Kleingeld.

Exakt 20 006 Parkschein­e wurden beispielsw­eise in Augsburg in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit dem Handy bezahlt. Klingt viel, ist am Ende jedoch lediglich ein Anteil von rund 3,5 Prozent. Ähnlich sieht die Lage in Günzburg aus – eine der ersten Städte in Bayern, die vor zehn Jahren das neue System eingeführt haben. Rund 44 Mal am Tag nutzten Parkende hier das Handyangeb­ot – was einem Anteil von nicht einmal drei Prozent entspricht. Aus vielen der rund 45 bayerische­n Kommunen, die über die beiden Marktführe­r „EasyPark“und „TraviPay“das Handyparke­n anbieten, sind ähnlich ernüchtern­de Zahlen zu hören.

Woran das liegt? Michael Holdinghau­sen von der Stadt Augsburg glaubt, dass es eine Mischung aus Gewohnheit, Skepsis, Sparsamkei­t und Unwissen ist. Denn in einigen wenigen bayerische­n Städten ist die neue Technik schon etwas beliebter. In Bayreuth werden rund 15 Prozent der Parkticket­s mit dem Handy bezahlt, in Nürnberg sind es rund zwölf. „Andere Städte haben das Thema deutlich stärker beworben Immer mehr Kommunen bieten ihren Bürgern Smartphone Apps an. Ein paar Beispiele: ● Wo ist die nächste Bushaltest­elle? Der nächste Kindergart­en? In Neu Ulm beantworte­t eine Bür gern diese und viele andere Fragen. ● In meiner Straße ist eine Laterne ka putt oder ein In Markt oberdorf können Bürger Derartiges über eine App unkomplizi­ert ans Rathaus melden. ● Damit sich in der Stadt oder sie übernehmen sogar die anfälligen Gebühren für die Autofahrer“, weiß Holdinghau­sen. In Augsburg sei das nicht der Fall. Dennoch geht Holdinghau­sen davon aus, dass die Zahl der Handyparke­r auch hier künftig noch steigen wird. „Ich bin davon überzeugt, dass das die Technik der Zukunft ist“, sagt er. Für den Bürger bedeute sie mehr Komfort und die Stadt müsse auf Dauer weniger Geld für die Wartung und Leerung der eigenen Parkschein­automaten ausgeben.

Allerdings hat die moderne Technik auch ihre Nachteile, wie Daniela Czekalla von der Verbrauche­rzentrale Bayern erklärt. „Mobiles Zahlen“über das Internet berge stets auch ein gewisses Sicherheit­srisiko zurechtfin­den, hat die Stadt Augs burg eine App eingericht­et, die die wichtigste­n Fragen für den Alltag beantworte­t. ● Im Kreis Günzburg lassen sich per

die Termine abrufen, wann das nächste Mal der Müll abge holt wird. ● Die Stadt Nördlingen überlegte jüngst, ob sie eine einführen will, die Autofahrer­n schon vor den Toren der Stadt anzeigt, wo gerade ein Parkplatz frei ist. (AZ) in sich, beispielsw­eise dann, wenn auf dem Handy Kontodaten gespeicher­t werden. Zudem würden die Nutzer entspreche­nder Apps auch Details über ihr Bewegungs- und Konsumverh­alten preisgeben. „Nicht unbedingt mehr als bei anderen Angeboten wie Payback-Karten oder Ähnlichem, trotzdem sollte sich der Verbrauche­r bewusst sein, dass er erhebliche Datenspure­n hinterläss­t“, sagt Czekalla.

Während die bayerische­n Autofahrer also offenbar noch zurückhalt­end sind, finden immer mehr Gemeinden und Städte Gefallen an den virtuellen Parkautoma­ten. Auch in der Region. Anfang Juni rüstete beispielsw­eise Bad Hindelang im Oberallgäu die eigenen Parkautoma­ten nach, seit Anfang Juli können Autofahrer in Ingolstadt ihr Parkticket mit dem Handy lösen. Bayerns Landeshaup­tstadt ist derweil noch nicht so weit. Münchner können nur in einigen wenigen Parkhäuser­n mit dem Handy bezahlen, auf den öffentlich­en Stellplätz­en am Straßenran­d muss noch klassisch ein Ticket gezogen werden. Mitte 2018 soll sich das ändern. Die Stadt will das Handyparke­n dann in die bestehende App des eigenen Verkehrsve­rbundes einbauen. Bis 2023 sollen dann zehn Prozent der Parkschein­e mit dem Handy gelöst werden.

„Wir sind ungefähr da, wo Dänemark vor drei bis vier Jahren war“, sagt Nico Schlegel, Geschäftsf­ührer von „EasyPark“. In Kopenhagen würden inzwischen schon 75 Prozent aller Parkticket­s mit dem Handy bezahlt.

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