Rieser Nachrichten

Bayern finden lange gesuchten Mann

Hasan Salihamidz­ic hat als Spieler in knapp zehn FC-Bayern-Jahren immer alles für die Münchner gegeben. Jetzt wird er dort neuer Sportdirek­tor. Das gefällt allerdings nicht jedem

- VON ANDREAS SCHOPF

Der neue Mann verkörpert seine Tugenden von Anfang an. Das Sakko hat er gar nicht erst an, die Ärmel des weißen Hemdes sind bis zu den Ellenbogen hochgekrem­pelt. Hasan Salihamidz­ic ist keiner, der sich Gedanken darüber macht, was sich zu bestimmten Anlässen gehören könnte oder nicht. Auch wenn sich seine Chefs links und rechts von ihm im feinen Zwirn zeigen, um ihn, den neuen Sportdirek­tor, zu präsentier­en – Salihamidz­ic hängt sein Sakko erst mal auf seine Stuhllehne und grinst frech in die Runde.

So kennen sie ihn beim FC Bayern. Der Bosnier spielte fast zehn Jahre beim Rekordmeis­ter, hat hier zwischen 1998 und 2007 so ziemlich alle emotionale­n Ausnahmesi­tuationen durchlebt, die ein Verein haben kann: das verlorene ChampionsL­eague-Finale 1999, der Titel 2001, dazu die Last-Minute-Meistersch­aft im selben Jahr. Salihamidz­ic war kein Edeltechni­ker, aber einer, der sich für den Verein aufgearbei­tet hat. „Hasan ist ein fleißiger und loyaler Mitarbeite­r“, sagt Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. „Er hat sich in der Fußballwel­t ein großes Netzwerk aufgebaut und spricht fünf Sprachen.“

Trotzdem: Dass gestern spätnachmi­ttags ausgerechn­et der Bosnier zwischen Rummenigge und Uli Hoeneß im Presseraum an der Säbener Straße Platz nahm, war eine Überraschu­ng. Ging es um den Posten des Sportdirek­tors, fielen im Umfeld der Bayern zuletzt ganz andere Namen: Philipp Lahm, Max Eberl, Mark van Bommel. Doch die Bayern-Bosse haben sich anders entschiede­n. Oder besser gesagt: Sie mussten sich anders entscheide­n. Mit Lahm hatte der bevorzugte Kandidat dem Rekordmeis­ter bereits vor Monaten eine Absage erteilt. Ist Salihamidz­ic jetzt also die Notlösung kurz vor dem Start der neuen Saison? „So fühle ich mich nicht“, sagt der 40-Jährige. „Ich kenne den Verein mit all seinen Strukturen und identifizi­ere mich zu 100 Prozent damit.“Für Manager Uli Hoeneß soll Salihamidz­ic, der den Bayern-Tross bereits auf der Asien-Tour begleitet hatte, stellvertr­etend für eine nachhaltig­e Vereinspol­itik stehen. „Wir müssen wegkommen von den 100-Millionen-Transfers, zurück zu den Wurzeln, zum Nachwuchs, zu den Fans.“Der Bosnier, der sich als Kind alleine ohne Eltern in Deutschlan­d durchgesch­lagen und nach oben gearbeitet habe, als Gegensatz zu den Auswüchsen des modernen Fußballs. „Er ist genau das, was wir brauchen.“

Seitdem Matthias Sammer im vergangene­n Sommer seinen Posten geräumt hatte, blieb die Stelle des Sportdirek­tors bei den Bayern unbesetzt. „In den letzten Monaten ist uns klar geworden, dass wir diese Position dringend neu besetzen müssen“, sagt Hoeneß.

Salihamidz­ic bekommt einen Vertrag bis 2020, das Papier dazu soll erst heute unterschri­eben werden. Seine Hauptaufga­bengebiete sind laut Rummenigge der Nachwuchs und das Scouting. „Er wird bei allen Transferge­sprächen dabei sein.“Ob dieses „dabei sein“auch heißt, dass der an sich ruhige Salihamidz­ic Entscheidu­ngsbefugni­sse bekommt, wird sich zeigen. „Er wird eine wichtige Rolle im Verein spielen“, beteuert Rummenigge.

Davon ist offenbar nicht jeder im Klub begeistert. Trainer Carlo Ancelotti reagierte gestern, angesproch­en auf die neuen Verhältnis­se, etwas gereizt. „Wir haben in der letzten Saison alle gute Arbeit gemacht. Ein Sportdirek­tor hat nicht gefehlt“, sagte der Italiener, der deutlich machte, dass es der Verein war, der in diesem Punkt eine andere Auffassung vertreten hatte. „Hasan ist kein Aufpasser für den Trainer“, spricht Rummenigge den Eindruck an, der bei so manchem Beobachter entsteht. Ein Bindeglied soll er stattdesse­n werden, zwischen Verein, Mannschaft und Trainer. Salihamidz­ics erster Auftritt in neuer Funktion ist heute Abend. Beim Spiel gegen den FC Liverpool wird er bereits auf der Bank sitzen. Wahrschein­lich wieder ohne Sakko.

 ?? Foto: P. Kneffel, dpa ?? Auch als neuer Sportdirek­tor des FC Bayern ein Spaßvogel: Hasan Salihamidz­ic mit seinen beiden Chefs Karl Heinz Rummenigge (li.) und Uli Hoeneß.
Foto: P. Kneffel, dpa Auch als neuer Sportdirek­tor des FC Bayern ein Spaßvogel: Hasan Salihamidz­ic mit seinen beiden Chefs Karl Heinz Rummenigge (li.) und Uli Hoeneß.

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