WM Titel elektrisiert das Abt Team
Lucas di Grassi holt mit dem Allgäuer Rennstall die Weltmeisterschaft in der Formel E. Teamkollege Daniel Abt schirmt den Brasilianer im Rennen perfekt ab
Nach dem ersten Titelgewinn in 16 Jahren als Rennfahrer fühlte sich Formel-E-Champion Lucas di Grassi endlich am Karriereziel. „Ein Traum ist wahr geworden. Dieser Erfolg ist die absolute Krönung“, schwärmte der Brasilianer nach seinem Triumph im Saisonfinale der vollelektrischen Rennserie in Montreal. Zugleich bereitete der 32-Jährige mit seinem etwas unerwarteten Gesamtsieg die perfekte Bühne für den werksseitigen Formel-E-Einstieg von Autobauer Audi, der zur kommenden Saison di Grassis Abt-Team übernimmt.
Mit dem Engagement der Ingolstädter beginnt die nächste Entwicklungsphase der zunächst oft belächelten Rennserie. Schon bald werden auch die Audi-Rivalen BMW, Mercedes und Porsche mit eigenen Formel-E-Werksteams folgen und dann Renault, Citroën und Jaguar Konkurrenz machen. „Das unterstreicht die wachsende Bedeutung des rein elektrischen Motorsports“, sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass.
Hans-Jürgen Abt, Teamchef des neuen Weltmeisterteams, glaubt an mehr Konkurrenz in der drei Jahre jungen Serie: „Unter dem Wettbewerbsdruck wird sich die Technik in der Elektromobilität schneller entwickeln.“
Die Formel E soll den Herstellern immer mehr als Plattform für die Entwicklung der E-Mobilität dienen und könnte sich so zur echten Alternative zur Formel 1 mausern. „Ich habe vom ersten Tag an die Formel E geglaubt, weil sich die Welt und damit auch der Motorsport wandelt“, sagte di Grassi.
2010 war der Routinier aus São Paulo 18 Formel-1-Rennen als Teamkollege von Timo Glock für Virgin gefahren. In der Formel E ist er seit der ersten Saison 2014/15 dabei. Im Debütjahr reichte es zu Rang drei, in der Vorsaison wurde di Grassi Zweiter.
Der 32 Jahre alte Brasilianer, der mit seiner Frau Bianca, einer Modedesignerin, schon seit Jahren in Monaco lebt, war einer der Väter der Elektro-Rennserie. Lange bevor die ersten Autos auf die Strecke gingen, unterstützte er Serienboss Alejandro Agag und dessen Stellvertreter Alberto Longo bei der Gestaltung und Konzeption der Formel E und ist seitdem einer ihrer prominentesten Botschafter. Am 30. Juli 2017 schließt sich jetzt dieser Kreis.
Im Team erwarb sich di Grassi schnell den Ruf eines verbissenen Analytikers, für den die Arbeit nach dem Training oder dem Rennen noch lange nicht beendet war. Der Brasilianer nahm oft bis spät in die Nacht die Renndaten auseinander. Auch die Fan-Arbeit ist dem 32-Jährigen nicht nur lästige Pflicht. Er nimmt sich viel Zeit, um Autogramme zu schreiben, oder für die obligatorischen Selfies.
Auch in diesem Jahr sah es lange nicht nach dem ersten E-Erfolg aus. Titelverteidiger Sebastien Buemi hatte zwischendurch schon 43 Punkte Vorsprung. „Ich habe immer gesagt, dass wir nie aufgeben und bis zum letzten Meter kämpfen werden“, betonte di Grassi.
Erst im vorletzten Saisonrennen am Samstag übernahm er die Gesamtführung und rettete einen Tag später dank Platz sieben den Erfolg ins Ziel. Der Schweizer Buemi verspielte durch zwei Unfälle und eine Disqualifikation den Titel noch.
Somit war der Weg frei für di Grassi, der von seinem Teamkollegen Daniel Abt aus Kempten perfekt abgeschirmt wurde. Teamchef Hans-Jürgen Abt freute sich über den starken Endspurt: „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft. Wir hatten hier nichts zu verlieren und genau das war am Ende neben einem Nullfehler-Job der Schlüssel zum Erfolg.“
Im Dezember beginnt beim Start der nächsten Formel-E-Saison in Hongkong dann eine neue Zeitrechnung für Abt und Audi. Das Werksteam aus Ingolstadt wird dann von Beginn an der Gejagte sein. HansJürgen Abt freut sich über den Einstieg der Ingolstädter: „Ich bin schon froh, dass wir von Anfang an in der Formel E dabei waren. Aber als Privatteam geht man wirtschaftlich ein hohes Risiko.“