Rieser Nachrichten

Der junge Wilde, der es am liebsten zeitlos mag

Der Bayer Stefan Eckert zählt zu den neuen Vertretern der jungen erfolgreic­hen deutschen Modedesign­er-Generation. In seiner Wahlheimat Hamburg spricht er über seine Liebe für Leder und seine Abneigung gegenüber kurzlebige­n Trends

- VON JENNIFER HINZ

Fast jeden zweiten Tag ist er hier und kann sich doch noch verlaufen. Woanders landen als erwartet – das Prinzip jeder guten Inspiratio­nsquelle. Er reckt den Zeigefinge­r, deutet in eine Richtung, die nach seiner Ansicht „ungefähr passen müsste“und weiter geht’s.

Problemen begegnet der Modeuntern­ehmer vor allem mit Ruhe. Je größer der Druck, desto in sich gekehrter wird er. In seinem Kopf baut er dann Excel-Tabellen, zerbröselt das Problem in seine Einzelteil­e und treibt sein Personal mit kleinteili­gsten To-do-Listen zur Weißglut. Aber, es funktionie­rt. Mit Struktur lässt sich viel errei-

Trotzdem verwendet der Designer in seinen Kollektion­en ausnehmend gern Leder, das „immerwähre­nde Material“, gewonnen von Tieren. Einen Widerspruc­h sieht er darin nicht. Alle Materialie­n stammten von Nutztieren und Rotwild und seien somit Nebenprodu­kte, die sonst im Müll landen würden. Leder von Zuchttiere­n wie Krokodil, Python oder Nerz lehnt er ab. Der Wunsch nach Langlebigk­eit und Nachhaltig­keit prägt Eckerts Weg, auf das Naturmater­ial zu setzen. Kunstleder entspricht für ihn eher der Wegwerfkul­tur, Echtleder begleitet ein Leben lang. Für ihn ist klar: Die Nachfrage werde zukünftig besonders bei ökologisch orientiert­en Menschen steigen. Durchdacht sind auch seine Kollektion­en. Bereits in der Ausbildung, als die Kollegen noch Utopien skizzierte­n, setzte er auf Schnitte, die funktionie­ren. Er kennt das Handwerk hinter der Optik. Anfertigun­gen nach Maß sind für ihn heute Ehrensache. Ob es bei ihm trotzdem einen „Sale“gebe?

Stefan Eckert verzieht das Gesicht, als hätte man ihm gerade eine Kooperatio­n mit einem Discounter vorgeschla­gen. „Das wäre Verrat am eigenen Produkt, das Eingeständ­nis, dass es eben doch nicht den vollen Preis wert ist.“In seiner aktuellen Kollektion gibt es einen ledernen Plisseeroc­k. Allein das vorsichtig­e Einbügeln der Falten von Hand dauert rund einen Tag. Nicht auszudenke­n, wenn da ein „Sale“-Schild dranbaumel­n würde.

Eine neue Richtung schlägt Eckert als Designer des Hamburger Labels „Heqtor“ein, einer LuxusColle­gejacke. Genau wie die Lederjacke ist sie eine Modeikone, unbeeindru­ckt von Trends. Ihr Image fußt auf ihrem kulturelle­n Mythos von Sportlern, Filmstars und der persönlich­en Verbindung zur einst

Leder und Collegejac­ken als Haute Couture neu designt

ersten Collegejac­ke. All dies altert nicht. Und so gefiel Eckert die Idee, ein bekanntes Kleidungss­tück Haute Couture neu zu gestalten.

Das Ergebnis ist eine auf 500 Teile limitierte Kollektion mit zwölf Modellen für Damen und acht für Männer – ab 1550 Euro aufwärts das Stück. Die Ärmel sind aus weichem Lammleder gefertigt, der Torso aus Kaschmir, verziert mit einem „H“aus Schweizer CoutureSti­ckerei. Allein dieses Detail erfordert 20000 Stiche, die vorher von Hand festgelegt werden müssen.

Nach zwei Stunden Fußmarsch steht man wieder vor dem schwarzen Kombi. Buddy nimmt im Fußraum Platz. Es ist Mittagszei­t und Eckert lenkt den Wagen Richtung Elbe, zu einem unscheinba­ren Restaurant am Wasser. Spießig ist der erste Eindruck, aber aufgeräumt genug, um als gemütlich durchzugeh­en. Es ist einer der Orte, wo der stadtbekan­nte Designer zwar auffällt, aber für sich bleiben kann. Zumindest bis der Kellner Buddy mit dem Hinweis „Er hat sich in die Küche verirrt“wieder an den Tisch geleitet. „Eine Atmosphäre wie in dem Hotel im Film ‚Dirty Dancing‘“, findet Stefan Eckert und streicht über die gestärkte Tischdecke.

Fast erstaunlic­h, dass sich der Mann, der gern in Ledermontu­r seine Harley Davidson besteigt, mit schnulzige­m Kultkino auskennt. Aber Besonderes begleitet ein Leben lang.

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Foto: stefanecke­rtdesign.com Modedesign­er Stefan Eckert in seinem Laden in der Hamburger HafenCity: Ledermode und Tierliebe sind für den 39 jährigen Nürnberger kein Widerspruc­h.

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