Der junge Wilde, der es am liebsten zeitlos mag
Der Bayer Stefan Eckert zählt zu den neuen Vertretern der jungen erfolgreichen deutschen Modedesigner-Generation. In seiner Wahlheimat Hamburg spricht er über seine Liebe für Leder und seine Abneigung gegenüber kurzlebigen Trends
Fast jeden zweiten Tag ist er hier und kann sich doch noch verlaufen. Woanders landen als erwartet – das Prinzip jeder guten Inspirationsquelle. Er reckt den Zeigefinger, deutet in eine Richtung, die nach seiner Ansicht „ungefähr passen müsste“und weiter geht’s.
Problemen begegnet der Modeunternehmer vor allem mit Ruhe. Je größer der Druck, desto in sich gekehrter wird er. In seinem Kopf baut er dann Excel-Tabellen, zerbröselt das Problem in seine Einzelteile und treibt sein Personal mit kleinteiligsten To-do-Listen zur Weißglut. Aber, es funktioniert. Mit Struktur lässt sich viel errei-
Trotzdem verwendet der Designer in seinen Kollektionen ausnehmend gern Leder, das „immerwährende Material“, gewonnen von Tieren. Einen Widerspruch sieht er darin nicht. Alle Materialien stammten von Nutztieren und Rotwild und seien somit Nebenprodukte, die sonst im Müll landen würden. Leder von Zuchttieren wie Krokodil, Python oder Nerz lehnt er ab. Der Wunsch nach Langlebigkeit und Nachhaltigkeit prägt Eckerts Weg, auf das Naturmaterial zu setzen. Kunstleder entspricht für ihn eher der Wegwerfkultur, Echtleder begleitet ein Leben lang. Für ihn ist klar: Die Nachfrage werde zukünftig besonders bei ökologisch orientierten Menschen steigen. Durchdacht sind auch seine Kollektionen. Bereits in der Ausbildung, als die Kollegen noch Utopien skizzierten, setzte er auf Schnitte, die funktionieren. Er kennt das Handwerk hinter der Optik. Anfertigungen nach Maß sind für ihn heute Ehrensache. Ob es bei ihm trotzdem einen „Sale“gebe?
Stefan Eckert verzieht das Gesicht, als hätte man ihm gerade eine Kooperation mit einem Discounter vorgeschlagen. „Das wäre Verrat am eigenen Produkt, das Eingeständnis, dass es eben doch nicht den vollen Preis wert ist.“In seiner aktuellen Kollektion gibt es einen ledernen Plisseerock. Allein das vorsichtige Einbügeln der Falten von Hand dauert rund einen Tag. Nicht auszudenken, wenn da ein „Sale“-Schild dranbaumeln würde.
Eine neue Richtung schlägt Eckert als Designer des Hamburger Labels „Heqtor“ein, einer LuxusCollegejacke. Genau wie die Lederjacke ist sie eine Modeikone, unbeeindruckt von Trends. Ihr Image fußt auf ihrem kulturellen Mythos von Sportlern, Filmstars und der persönlichen Verbindung zur einst
Leder und Collegejacken als Haute Couture neu designt
ersten Collegejacke. All dies altert nicht. Und so gefiel Eckert die Idee, ein bekanntes Kleidungsstück Haute Couture neu zu gestalten.
Das Ergebnis ist eine auf 500 Teile limitierte Kollektion mit zwölf Modellen für Damen und acht für Männer – ab 1550 Euro aufwärts das Stück. Die Ärmel sind aus weichem Lammleder gefertigt, der Torso aus Kaschmir, verziert mit einem „H“aus Schweizer CoutureStickerei. Allein dieses Detail erfordert 20000 Stiche, die vorher von Hand festgelegt werden müssen.
Nach zwei Stunden Fußmarsch steht man wieder vor dem schwarzen Kombi. Buddy nimmt im Fußraum Platz. Es ist Mittagszeit und Eckert lenkt den Wagen Richtung Elbe, zu einem unscheinbaren Restaurant am Wasser. Spießig ist der erste Eindruck, aber aufgeräumt genug, um als gemütlich durchzugehen. Es ist einer der Orte, wo der stadtbekannte Designer zwar auffällt, aber für sich bleiben kann. Zumindest bis der Kellner Buddy mit dem Hinweis „Er hat sich in die Küche verirrt“wieder an den Tisch geleitet. „Eine Atmosphäre wie in dem Hotel im Film ‚Dirty Dancing‘“, findet Stefan Eckert und streicht über die gestärkte Tischdecke.
Fast erstaunlich, dass sich der Mann, der gern in Ledermontur seine Harley Davidson besteigt, mit schnulzigem Kultkino auskennt. Aber Besonderes begleitet ein Leben lang.