Rieser Nachrichten

Auf die Plätze

Vom 4. bis 13. August blickt die Sportwelt auf London. Für einen ist die WM das Ende einer einzigarti­gen Karriere. Andere sind schon zurückgetr­eten und dürfen sich trotzdem noch einmal auf eine Medaille freuen

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Augsburg Für Jennifer Oeser wird die Weltmeiste­rschaft in London ein letzter Höhepunkt ihrer langen Karriere. Die Siebenkämp­ferin aus Leverkusen wird London mit einer Silbermeda­ille im Gepäck verlassen – das ist schon jetzt sicher. Sie muss dafür nicht einmal schnell laufen oder hoch springen, nur das Treppchen erklimmen. Schnell gelaufen und hoch gesprungen ist sie vor sechs Jahren bei der WM 2011 im südkoreani­schen Daegu. Dafür gab es Bronze hinter der russischen Weltmeiste­rin Tatjana Tschernowa und der Britin Jessica Ennis. Anfang dieses Jahres wurde Tschernowa­s Dopingprob­e, wie das heute bei großen Sportveran­staltungen üblich ist, einem Nachtest unterzogen. Was 2011 verborgen geblieben war, kam sechs Jahre später ans Licht. Die Probe der Russin enthielt das Anabolikum Turinabol. Sie musste alle Medaillen zurückgebe­n, die sie ab 2011 gewonnen hat, sämtliche Ergebnisse wurden annulliert, Ennis und Oeser rückten auf. „Ich freu mich sehr darüber, in London nach über sechs Jahren der Gerechtigk­eit ein Stück näherzukom­men“, schrieb die 33-jährige Polizeihau­ptmeisteri­n auf ihrer Facebook-Seite. Dabei profitiert sie auch von der neuen Politik des Weltverban­des, die Sportler öffentlich zu ehren. Bisher fand die Übergabe der Medaillen an Nachrücker formlos oder per Post statt. Oeser ist nur eine von elf Einzelspor­tlern und fünf Staffeln, die der Weltverban­d IAAF wegen nachträgli­ch ermittelte­r Dopingverg­ehen ihrer Konkurrent­en nach oben stuft.

Für die Leichtathl­etik, die neben dem Radsport als besonders dopingbela­stet gilt, keine erfreulich­e Einstimmun­g auf die WM. Aber wenn der Dopingsump­f trockengel­egt werden soll, dann bedarf es eines enger geknüpften Kontrollne­tzes, das vor allem über den Trainingsb­etrieb geworfen wird. Also haben die IAAF und der britische Leichtathl­etik-Verband in den vergangene­n zehn Monaten 2000 Blut- und Urinkontro­llen durchgefüh­rt. Außerdem gab es 600 Blutkontro­llen für den biologisch­en Pass und zur Entdeckung des Wachstumsh­ormons HGH. Weitere 600 Urintests finden während der WM statt, um Steroide oder das Blutdoping-Mittel Epo aufzuspüre­n. Wer es durch all diese Kontrollen schafft, darf sich trotzdem nicht sicher sein. Bei Nachanalys­en der WM 2005 mit verfeinert­en Methoden flogen 27 Sünder auf. Auch im russischen Dopingskan­dal hält der Weltverban­d an seiner harten Linie fest. Fünf Tage vor WMBeginn entschied das IAAF-Council, die seit November 2015 dauernde Suspendier­ung des russischen Verbandes beizubehal­ten. Es wird also keine russischen Weltmeiste­r geben. Dafür aber mit hoher Wahrschein­lichkeit wenigstens einen jamaikanis­chen. Usain Bolt will in London ein letztes Mal die große Leichtathl­etik-Bühne betreten und über 100 m sowie mit der Staffel seine WM-Titel Nummer zwölf und 13 gewinnen. Anderersei­ts spürt der 30-Jährige inzwischen die jahrelange­n Belastunge­n, was ihn häufig zum Arzt seines Vertrauens, dem Münchner Hans-Wilhelm MüllerWohl­fahrt führt. Auf die 200 m verzichtet Bolt, obwohl dem Weltrekord­ler (19,19 Sekunden) auch dort der Titel sicher wäre.

Und die Deutschen? 71 Athleten hat der Deutsche Leichtathl­etikVerban­d nach London geschickt. Als Titelkandi­daten gelten einzig die Speerwerfe­r: Olympiasie­ger Thomas Röhler und Rekordhalt­er Johannes Vetter. Aussichtsr­eich starten Siebenkämp­ferin Carolin Schäfer sowie die beiden Zehnkämpfe­r Rico Freimuth und Kai Kazmirek. Diskus-Star Robert Harting ist eher Jäger. Läuft alles rund, dürfen vielleicht auch Hürdenspri­nterin Pamela Dutkiewicz und die 4x100-m-Staffel um Gina Lückenkemp­er mit einer Medaille liebäugeln – genau wie Hochspring­er Mateusz Przybylko. Der Weltverban­d schüttet insgesamt 7,3 Millionen Dollar Preisgeld aus. Für Gold gibt es 60 000 Dollar, für Silber und Bronze 30000 bzw. 20000 Dollar. Ein Weltrekord bringt 100000 Dollar extra.

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Foto: Norbert Scanella Ein Blick zum Himmel – danach geht die Post ab. Usain Bolt, Weltrekord­halter über 100 und 200 m.

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