Unverwüstliche Rock Röhre
Gianna Nannini wird auf Schloss Kapfenburg gefeiert. Wie das italienische Energiebündel seine Fans verzaubert
Das Beste kommt zum Schluss! Nicht immer greift diese Binsenweisheit, aber im Fall des Sommerfestivals auf Schloss Kapfenburg trifft sie in vollem Umfang zu. Nach einer mit Top-Events gespickten Woche mit Konzerten von Konstantin Wecker, La Brass Banda und Status Quo setzte Gianna Nannini mit ihrem Auftritt einen fulminanten Schlusspunkt.
Schon nach den ersten Akkorden des Eröffnungssongs „America“sprang der Funke über, die vorwiegend weiblichen Fans in den ersten Reihen sangen sofort textsicher mit. Dies wiederum befeuerte die Künstlerin, die in kürzester Zeit das Publikum hinter sich zog: Nach drei Songs hatte sie die Hälfte der Besucher an der Angel und nach dem fünften Lied klatschte der gesamte, bis auf den letzten Platz gefüllte Schlosshof mit.
Mit bekannten Hits wie „I maschi“, „Fotoromanza“und „Avventuriera“trieb Gianna Nannini die Stimmung hoch, um dann bei beschaulicheren Songs wie „Sei nell’anima“oder „Meravigliosa creatura“mal kurz einen Gang rauszunehmen. Weder an der aufwändigen Lichtshow noch am Personal hatte die Italienerin gespart: Neben der üblichen Besetzung einer Rockband mit zwei Gitarren, Bass, Keyboard und Schlagzeug waren auch noch ein sechsköpfiges Streicherensemble und zwei Background-Sängerinnen an Bord. Dies ermöglichte breit angelegte Arrangements wie etwa eine Rockversion des Gassenhauers „Volare“.
Hier eine auffordernde Geste, da eine Verneigung, dort ein gekrächztes „ich bin sehr zufrieden“– mit der souveränen Gelassenheit eines internationalen Topstars führte Gianna Nannini sowohl ihre Musiker als auch das Publikum durch den Abend. Dass die oft als italienische Janis Joplin apostrophierte Sängerin inzwischen 63 Lenze zählt, merkt man ihr zu keinem Zeitpunkt des Konzerts an – vor allem nicht, wenn sie im zweiten Teil bei „Bello e impossibile“oder „Latin Lover“richtig auf die Tube drückt.
Wie kaum ein anderer Künstler wird das stimmgewaltige Energiebündel auf Schloss Kapfenburg gefeiert. Minutenlanges rhythmisches Klatschen am Schluss, was Gianna Nannini offensichtlich genießt und zu einem mehr als halbstündigen Zugabenblock bewegt. Hier mobilisiert die unverwüstliche Rock-Röhre noch einmal die letzten Reserven und lässt beim mitreißenden WMSong „Un’ estate Italiana“bei den Fußball-Fans die Erinnerung an eine zauberhafte römische Nacht im Sommer 1990 aufleben.