Was passiert mit den Auto-Aktien?
In der Automobilkultur ist Deutschland Spitze. Diese Hochachtung darf man nicht verspielen. Denn mit Diesel-Abgasskandalen und Innovationsträgheit drohen die Träume zu platzen. So mancher, der am Fließband für Diesel-Fahrzeuge steht, fragt sich bereits „Was mache ich hier eigentlich?“Sicher, die ausländische Auto-Konkurrenz hat keinen Grund, ihre Hände in Unschuld zu waschen. Auch sie hat viel Dreck am Stecken. London, Paris, Rom oder New York gehen auch nicht als Luftkurorte durch.
Selbstverständlich muss sich auch Deutschland zügig auf die Zeit nach Verbrennungsmotoren einstellen. Hier ist einiges verbummelt worden. Deutschland hat das automobile Industrie-Zeitalter beherrscht wie seinerzeit das Römische Reich die Welt. Doch jetzt sind wir in der spätrömischen Epoche angekommen. Das selbstgerechte deutsche Auto-Imperium wird angegriffen wie früher Rom durch die Germanen. Amerika sieht die Chance gekommen, Deutschland vom Auto-Thron zu stoßen. Heute lacht niemand mehr über Tesla. Da gibt es 500 000 Vorbestellungen. Es ist höchste Zeit, aus der spätrömischen Dekadenz aufzuwachen. Wir sind dabei, die automobile Zukunft zu verspielen. „Vorsprung durch Technik“ist auch morgen unsere einzige Chance.
Schaffen wir das? Falsche Frage, wir müssen es schaffen. Das kommt natürlich auch deutschen Autoaktien zugute, die zwar im Vergleich zum Leitindex Dax teilweise nur halb so hohe Bewertung haben. Das gibt Raum für zwischenzeitliche Erholungsbewegungen. Damit sie aber auch langfristig attraktive Investments darstellen, sind innovationsbegeisterte Hersteller und reformfreudige Autoproduktionsstandorte eine unternehmerische und wirtschaftspolitische Bringschuld. Ich wünsche mir sehr, dass für die deutsche Autoindustrie und ihre Aktien bald wieder das Motto des früheren VW Käfers gilt: Er läuft und läuft und läuft.
Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapitalmarkt analyse der Baader Bank und einer der führen den Börsenexperten.