Serenade mit satirischem Pfiff
Die Mehlprimeln präsentierten anspruchsvolles Musik-Kabarett. Wie sich die Kaisheimer ihr Stammpublikum erhalten
Für viele Nördlinger ist es ein fester Termin im kulturellen Jahreskalender: Jeden August geben die „Mehlprimeln“aus Kaisheim ein Konzert in der Riesmetropole. Auch heuer gastierten Rainer und Dietmar Panitz in der Alten Bastei und bereiteten den rund 150 Besuchern einen stimmungsvollen Sommerabend bei feinem Musik-Kabarett mit Anspruch und Humor.
Natürlich kennt man das musikalische Brüderpaar seit vielen Jahren und auch die Struktur des Abends ist dem Rieser Stammpublikum bestens vertraut: Im kurzweiligen Wechsel gibt es satirische, hintersinnige und bisweilen messerscharfe Lieder, Gedichte, Couplets und Instrumentalnummern. Dennoch gestalten die „Mehlprimeln“ihr Programm jedes Jahr um, so sind auch heuer wieder zahlreiche neue Texte zu hören.
So geht es in einem Brief von Außenminister Gabriel an den türkischen Staatschef Erdogan zunächst um die große Politik, ehe einige Etagen tiefer ein abgewählter Landrat die Undankbarkeit der Bürger beklagt („vom Landrat zur Landratte degradiert“). Dafür soll ein chinesischer Wahlcomputer künftig für die ultimative Gerechtigkeit bei der Stimmenauszählung sorgen: „Dieses Gelät elleichtelt die Demoklatie.“Auch die grassierende HandyManie junger Leute wird „gewürdigt“: Das Gedicht vom „Hansguck-in-die-Luft“wird umgetextet zu „Finn-guck-auf-die-App“und nach dem „tippen, tippen - wischen, wischen“ist das Ziel erreicht: „Habs gefangen im Klo, das Pokemon Go!“
Mit „Wer geboren ist will leben“beginnt ein Block von Liedern des schwedischen Nationaldichters Carl Michael Bellman, die sich mit Zechkunst, ausschweifender Lebensweise, Liebe und Tod beschäftigen. Diese sind der erst kürzlich erschienenen, musikalisch und inhaltlich ausgezeichneten Bellman-CD der „Mehlprimeln“entlehnt. Aufgelockert wird das Programm durch Instrumentalstücke mit Gitarre, Klarinette und Harfe und Hackbrett („klingt auch noch schön, wenn man falsch spielt“), sei es eine russische Volksweise oder ein andalusischer Flamenco.
Witzige Parabeln auf Zweierbeziehungen kommen beim Publikum immer gut an, etwa die vom „Nashornbullen Waldemar mit erektiler Dysfunktion“oder einer misslungenen Weltreise mit der „Transe Lisa“. Natürlich ist manches altbekannt, aber die „Fliegenden Untertassen“der Frau Maier, Christof Stählins lyrisch-melancholisches Lied von den Zypressen oder das bitterböse „Mein Weib will mich verlassen“von Georg Kreisler kann man einfach immer wieder hören.
Mal nachdenklich und philosophisch, mal wortgewandt und satirisch - es hat wieder einmal alles gepasst beim Auftritt der „Mehlprimeln“.
Handymanie gewürdigt Kurzweilig und unterhaltsam
Ein inspiriertes, kurzweiliges und unterhaltsames Programm, zwei bestens aufgelegte Musik-Kabarettisten – denen man den einen oder anderen „Hänger“gerne verzeiht und ein gut gelauntes Publikum, das nicht mit Beifall sparte. „Wir spielen halt, bis keiner mehr kommt“, meint Dietmar Panitz selbstironisch. In diesem Sinn: bis zum nächsten Jahr!