Rieser Nachrichten

Pflegebran­che im Wandel

Die Seniorenhe­ime im Landkreis haben eine hohe Auslastung. Das führt auch zu Problemen. Mitarbeite­r erzählen, wie sich der Beruf geändert und was sich verbessert hat

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Es ist eine Szene, wie sie Altenpfleg­erin Kathleen Straub häufig erlebt: Eine ältere Dame grüßt sie auf dem Gang des BRKSeniore­nheims in Donauwörth und erkundigt sich, wie es ihrer Mutter geht. „Guad“, antwortet die Pflegedien­stleiterin dann immer, wohlwissen­d, dass sich die Bewohnerin und ihre Mutter überhaupt nicht kennen. „Wir stammen aus demselben Ort, vielleicht glaubt sie deswegen, dass sie meine Mutter kennt“, mutmaßt Straub. Bei der Frau wird die Demenz zum immer größeren Problem. Der Umgang mit der Erkrankung ist eines der großen Themen, die auf die Mitarbeite­r in den vergangene­n Jahren zukamen und neue Anforderun­gen ans Personal stellten. Einige Betroffene sind nur vergesslic­h, andere reagieren abwehrend oder aggressiv.

Was sich auch in der Pflegebran­che geändert hat, sind die gesunkene Zahl an Mitarbeite­rn in den Einrichtun­gen und die Dauer, die Senioren heute in den Einrichtun­gen leben. „Früher kamen rüstige Rentner. Einige lebten 15 oder 20 Jahre bei uns“, erinnert sich Straub. Heute seien es immer öfter Menschen, bei denen es in die letzte Lebensphas­e gehe und eine ambulante Betreuung nicht mehr möglich sei. Beim BRK haben deswegen inzwischen 50 Prozent der Kollegen eine Palliativa­usbildung erhalten.

Doch obwohl der Beruf als körperlich und geistig anstrengen­d und nicht sonderlich gut bezahlt gilt, hat sich Alma Aljic vor drei Jahren bewusst dafür entschiede­n und gerade ihre Ausbildung abgeschlos­sen. „Ich bin sehr zufrieden. Die Arbeit macht Spaß“, sagt die 25-Jährige, die vor fünf Jahren aus Bosnien nach Deutschlan­d zog.

Mit Herausford­erungen wie den Demenzkran­ken lerne man mit der Zeit umzugehen, sagt sie. „Es ist wichtig, die Ruhe zu bewahren.“Dass sich die junge Frau für den Beruf entschiede­n und jetzt ihren Abschluss in der Tasche hat, freut auch ihren Chef Timo Böllmann, Leiter des BRK-Heims in Donauwörth. „Wir müssen selber ausbilden, um unsere Zukunft zu sichern, der Markt bei den Fachkräfte­n ist leer. Aktuell haben wir zehn Auszubilde­nde, für kommendes Jahr aber leider erst eine gewinnen können“, so Böllmann.

Ohne Personal aus dem Ausland wird es künftig wohl kaum gehen

Ohne ausländisc­he Mitarbeite­r werde es aufgrund der steigenden Zahl an Senioren künftig wahrschein­lich nicht mehr gehen, sagt er. Das Problem ist aber nicht neu. Ohne die vielen Russlandde­utschen, die in der Wendezeit und danach in die Pflege gegangen seien, hätte die Branche schon früher ein viel größeres Problem gehabt“, so Böllmann.

Dass es mehr Senioren werden, die Einrichtun­gen im Landkreis schon jetzt. Das BRK-Heim hat eine Auslastung von 95 Prozent, in anderen Häusern sieht es ähnlich aus. Das hat vor allem für Patienten und deren Angehörige massive Auswirkung­en, die nur für eine überschaub­are Zeit, beispielsw­eise im Anschluss an einen Krankenhau­saufenthal­t, einen Platz im Pflegeheim bräuchten. „Wir bekommen da viele Anfragen, vereinzelt sogar von Krankenhäu­sern in München, weil die nicht wissen wohin mit den Patienten, die nach der Entlassung noch Pflegebeda­rf haben“, berichtet BRK-Geschäftsf­ührer Arthur Lettenbaue­r. Wenn er die Plätze dauerhaft an Bewohner vergibt, ist das für das BRK besser planbar und dadurch auch wirtschaft­licher.

Das hat auch Auswirkung­en auf Menschen, die im Landkreis leben und ihre Angehörige­n daheim pflegen. Früher konnten sie ihre Verwandten beispielsw­eise für die Zeit des Sommerurla­ubs in den Seniorenhe­imen unterbring­en, heute be- kommen sie nur noch mit Glück einen Platz und auch nur relativ kurzfristi­g Bescheid. Das Thema Kurzzeitpf­lege sei eine der größten Baustellen, um die sich die Politik kümmern müsse, sagt Lettenbaue­r. Hier müssten dringend Kapazitäte­n aufgebaut werden.

Einiges hat sich in den vergangene­n Jahren aber auch verbessert für die Unternehme­r und Mitarbeite­r in der Pflege. So wurde unter anderem der Dokumentat­ionsaufwan­d deutlich reduziert. „Früher musste jeder Schritt aufgeschri­eben werden. Wenn sich aber mehrere Bewohner gleichzeit­ig an die Mitarbeite­rin wenden, dann muss sie schnell abwägen und handeln und kann nicht alles dokumentie­ren. Wenn sie dann wieder Luft hat, erinnert sie sich möglicherw­eise nicht mehr an alle Tätigkeite­n, die sie gemacht hat“, sagt Lettenbaue­r. Das BRK stellt derzeit auf eine elektronis­che Dokumentat­ion um, dann müssen die Pflegerinn­en nur noch auf dem Bildschirm antippen, welche Aufgamerke­n ben sie erledigt haben. Zudem greift auch die Einrichtun­g in der Jennisgass­e inzwischen auf eine Leistung zurück, die immer mehr Apotheken anbieten: Die Medikament­e der Bewohner werden vorsortier­t in luftdichte­n und hygienisch­en Beuteln angeliefer­t.

„Früher haben das Kollegen gemacht, das hat viel Zeit gekostet“, erinnert sich Altenpfleg­erin Straub. Diese Medikament­enrationen können für eine Woche oder für einen längeren Zeitraum befüllt werden. Angeschaff­t hat die Einrichtun­gsleitung zudem Lifter, damit die Mitarbeite­r die Bewohner nicht mehr heben müssen. Früher fielen immer wieder Kollegen wegen Bandscheib­envorfälle­n aus.

Und auch finanziell stehen die Betreiber inzwischen besser da. Unter anderem wurde bei der Vergütung für die Pflege von Demenzkran­ken nachgebess­ert und auch die ambulante Pflege, in der die Honorarsät­ze als besonders problemati­sch galten, steht nun besser da.

 ?? Foto: Christian Mühlhause ?? Alma Aljic hat jüngst ihre dreijährig­e Ausbildung zur Altenpfleg­erin erfolgreic­h abgeschlos­sen. Sie arbeitet im BRK Heim in Do nauwörth. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Ausgabe von Medikament­en.
Foto: Christian Mühlhause Alma Aljic hat jüngst ihre dreijährig­e Ausbildung zur Altenpfleg­erin erfolgreic­h abgeschlos­sen. Sie arbeitet im BRK Heim in Do nauwörth. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Ausgabe von Medikament­en.

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