Pflegebranche im Wandel
Die Seniorenheime im Landkreis haben eine hohe Auslastung. Das führt auch zu Problemen. Mitarbeiter erzählen, wie sich der Beruf geändert und was sich verbessert hat
Es ist eine Szene, wie sie Altenpflegerin Kathleen Straub häufig erlebt: Eine ältere Dame grüßt sie auf dem Gang des BRKSeniorenheims in Donauwörth und erkundigt sich, wie es ihrer Mutter geht. „Guad“, antwortet die Pflegedienstleiterin dann immer, wohlwissend, dass sich die Bewohnerin und ihre Mutter überhaupt nicht kennen. „Wir stammen aus demselben Ort, vielleicht glaubt sie deswegen, dass sie meine Mutter kennt“, mutmaßt Straub. Bei der Frau wird die Demenz zum immer größeren Problem. Der Umgang mit der Erkrankung ist eines der großen Themen, die auf die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren zukamen und neue Anforderungen ans Personal stellten. Einige Betroffene sind nur vergesslich, andere reagieren abwehrend oder aggressiv.
Was sich auch in der Pflegebranche geändert hat, sind die gesunkene Zahl an Mitarbeitern in den Einrichtungen und die Dauer, die Senioren heute in den Einrichtungen leben. „Früher kamen rüstige Rentner. Einige lebten 15 oder 20 Jahre bei uns“, erinnert sich Straub. Heute seien es immer öfter Menschen, bei denen es in die letzte Lebensphase gehe und eine ambulante Betreuung nicht mehr möglich sei. Beim BRK haben deswegen inzwischen 50 Prozent der Kollegen eine Palliativausbildung erhalten.
Doch obwohl der Beruf als körperlich und geistig anstrengend und nicht sonderlich gut bezahlt gilt, hat sich Alma Aljic vor drei Jahren bewusst dafür entschieden und gerade ihre Ausbildung abgeschlossen. „Ich bin sehr zufrieden. Die Arbeit macht Spaß“, sagt die 25-Jährige, die vor fünf Jahren aus Bosnien nach Deutschland zog.
Mit Herausforderungen wie den Demenzkranken lerne man mit der Zeit umzugehen, sagt sie. „Es ist wichtig, die Ruhe zu bewahren.“Dass sich die junge Frau für den Beruf entschieden und jetzt ihren Abschluss in der Tasche hat, freut auch ihren Chef Timo Böllmann, Leiter des BRK-Heims in Donauwörth. „Wir müssen selber ausbilden, um unsere Zukunft zu sichern, der Markt bei den Fachkräften ist leer. Aktuell haben wir zehn Auszubildende, für kommendes Jahr aber leider erst eine gewinnen können“, so Böllmann.
Ohne Personal aus dem Ausland wird es künftig wohl kaum gehen
Ohne ausländische Mitarbeiter werde es aufgrund der steigenden Zahl an Senioren künftig wahrscheinlich nicht mehr gehen, sagt er. Das Problem ist aber nicht neu. Ohne die vielen Russlanddeutschen, die in der Wendezeit und danach in die Pflege gegangen seien, hätte die Branche schon früher ein viel größeres Problem gehabt“, so Böllmann.
Dass es mehr Senioren werden, die Einrichtungen im Landkreis schon jetzt. Das BRK-Heim hat eine Auslastung von 95 Prozent, in anderen Häusern sieht es ähnlich aus. Das hat vor allem für Patienten und deren Angehörige massive Auswirkungen, die nur für eine überschaubare Zeit, beispielsweise im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, einen Platz im Pflegeheim bräuchten. „Wir bekommen da viele Anfragen, vereinzelt sogar von Krankenhäusern in München, weil die nicht wissen wohin mit den Patienten, die nach der Entlassung noch Pflegebedarf haben“, berichtet BRK-Geschäftsführer Arthur Lettenbauer. Wenn er die Plätze dauerhaft an Bewohner vergibt, ist das für das BRK besser planbar und dadurch auch wirtschaftlicher.
Das hat auch Auswirkungen auf Menschen, die im Landkreis leben und ihre Angehörigen daheim pflegen. Früher konnten sie ihre Verwandten beispielsweise für die Zeit des Sommerurlaubs in den Seniorenheimen unterbringen, heute be- kommen sie nur noch mit Glück einen Platz und auch nur relativ kurzfristig Bescheid. Das Thema Kurzzeitpflege sei eine der größten Baustellen, um die sich die Politik kümmern müsse, sagt Lettenbauer. Hier müssten dringend Kapazitäten aufgebaut werden.
Einiges hat sich in den vergangenen Jahren aber auch verbessert für die Unternehmer und Mitarbeiter in der Pflege. So wurde unter anderem der Dokumentationsaufwand deutlich reduziert. „Früher musste jeder Schritt aufgeschrieben werden. Wenn sich aber mehrere Bewohner gleichzeitig an die Mitarbeiterin wenden, dann muss sie schnell abwägen und handeln und kann nicht alles dokumentieren. Wenn sie dann wieder Luft hat, erinnert sie sich möglicherweise nicht mehr an alle Tätigkeiten, die sie gemacht hat“, sagt Lettenbauer. Das BRK stellt derzeit auf eine elektronische Dokumentation um, dann müssen die Pflegerinnen nur noch auf dem Bildschirm antippen, welche Aufgamerken ben sie erledigt haben. Zudem greift auch die Einrichtung in der Jennisgasse inzwischen auf eine Leistung zurück, die immer mehr Apotheken anbieten: Die Medikamente der Bewohner werden vorsortiert in luftdichten und hygienischen Beuteln angeliefert.
„Früher haben das Kollegen gemacht, das hat viel Zeit gekostet“, erinnert sich Altenpflegerin Straub. Diese Medikamentenrationen können für eine Woche oder für einen längeren Zeitraum befüllt werden. Angeschafft hat die Einrichtungsleitung zudem Lifter, damit die Mitarbeiter die Bewohner nicht mehr heben müssen. Früher fielen immer wieder Kollegen wegen Bandscheibenvorfällen aus.
Und auch finanziell stehen die Betreiber inzwischen besser da. Unter anderem wurde bei der Vergütung für die Pflege von Demenzkranken nachgebessert und auch die ambulante Pflege, in der die Honorarsätze als besonders problematisch galten, steht nun besser da.