Heavy Metal? „Klar, wir können das doch auch“
Die Wildecker Herzbuben über ihre Auftritte auf kleineren Konzerten wie in Forheim, ihre Bewunderung für Helene Fischer, „beknackte“Uniformen und einen Ausflug in härtere Musikrichtungen
Herr Schwalm, Herr Gliem, deutsche Musik liegt im Trend, Schlager sind wieder in den Charts angekommen. Spürt man das auch bei den Wildecker Herzbuben?
Also das „wieder“muss ich erstmal widerlegen (lacht). Es ist vor allem die schreibende Zunft, die sagt, etwas kommt an oder nicht. Der Schlager war nie weg, wurde immer gehört.
In jeder Branche gibt es ein leichtes Auf und Ab, das ist ganz normal.
Aber bringt jemand wie Helene Fischer nicht eine ganz neue Gruppe, also jüngere Leute, zum Schlager?
Wenn so tolle Leute wie Helene Fischer auftauchen, führt das natürlich zu einem besonderen Hype. Da merkt man einfach, die kann unheimlich viel. Frauen wollen gerne so sein wie sie, und Männer wollen sie gerne haben.
Ähnlich ist es ja auch bei Andrea Berg. Diese beiden führen momentan einfach die Verkaufszahlen an und sind mit Schlagern richtig erfolgreich. Ganz anders ist es übrigens bei der Volksmusik. Die ist aus der Öffentlichkeit verschwunden. Komplett.
„Wir haben schon Termine und Tourneen bis 2019 aus gemacht, immer mit der optimistischen Einstellung, dass wir dann noch leben.“
Wilfried Gliem, Wildecker Herzbuben
Das liegt auch an der Presse. Zuerst wurde die Volksmusik hochgejubelt, dann wurde sie niedergeschrieben. Aber mittlerweile ärgere ich mich nicht mehr darüber.
Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk findet die Volksmusik kaum noch statt. Es gibt nur noch zwei Sender, die sie überhaupt noch regelmäßig spielen.
Dabei kommen unsere Lieder immer noch super an. Wenn wir auftreten, sind die Menschen glücklich.
Welche Menschen kommen denn zu Ihren Konzerten?
Wir haben ein unglaubliches Spektrum. Von Kleinkindern, die zuhause „Herzilein“vorgespielt bekommen, weil die Eltern damit groß geworden sind, bis hin zu 70oder 80-Jährigen.
Sind es denn dann auch die Klassiker wie „Herzilein“, die auf den Konzerten am besten ankommen?
Wolfgangs heißes Trompetensolo kommt immer sehr gut an, auch die Cover-Songs wie „I want to break free“oder unser Hit-Mix.
Wir machen auch eine Operetten-Parodie, da machen die Menschen immer mit, da kommt Stimmung auf. Lieder wie den „Chianti Wein“kennen die Leute einfach.
Tragen Sie eigentlich seit Ihrem ersten Hit in den 90ern ein und dieselben Uniformen?
(lacht) Die originalen haben wir noch, die Erstausstattung ist noch komplett vorhanden, aber die hängt bei uns im Schrank.
Werden sie von einem Schneider hergestellt oder wo kauft man so etwas?
Von einem Schneider, ja. Es sind authentische hessische Trachten. Anfangs wollte uns die Plattenfirma in alpenländische Kleidung
stecken, wie alle anderen. Aber wir haben uns gedacht: Wir machen was anderes. So sind wir immer aus der Masse herausgestochen mit unseren roten Westen und den beknackten Hüten. (lacht) Bekommen Sie von den Regionen, in denen Sie spielen, eigentlich etwas zu sehen? Haben Sie Zeit, sich Nördlingen anzuschauen?
Gliem: Ich komme um 17 Uhr im Hotel an, dann gibt es einen Pressetermin, ein Essen mit den Veranstaltern und dann ist es dunkel. Am Morgen wird gefrühstückt und dann machen wir Soundcheck. Außer Autobahnabfahrt, Hotel und der Halle, in der man spielt, sieht man nicht viel.
Schwalm: Wenn man auf Tournee ist, hat man in der Regel ein bisschen mehr Zeit. Sie haben für eine TV-Sendung mit der Metal-Band „Freedom Call“Lieder getauscht. Gliem: Wir sind gefragt worden, ob wir bei dieser Sendung mitmachen wollen. Wir hatten ja keine Ahnung, auf wen wir da treffen. Wir saßen bei Wolfgang im Wohnzimmer, als wir das erfahren haben. Da dachten wir uns schon „oha“. Aber wir haben uns super mit der Band verstanden. Könnten Sie sich denn vorstellen, das Genre zu wechseln? Heino hat es ja auch mit Heavy Metal versucht. Gliem: Klar, wir können das doch auch (lacht). Wenn wir das als Spaß machen, ok. Aber selbst wenn wir die beste Rock-Platte der Welt machen, würden sich einige unserer Fans wahrscheinlich abwenden.
Schwalm: Die Herzilein-Schiene ist vielleicht einfach zu eingefahren. Heino hat ja früher schon immer auf die Pauke gehauen. Die Wildecker Herzbuben stehen für Gemütlichkeit. Spielen Sie deshalb auch auf kleineren Festen wie jetzt in Forheim? Gliem: Kleinere Feste, Familienfeiern oder ein Auftritt im Möbelhaus: Wenn man so etwas aus Prinzip nicht macht, ist das für mich ein Zeichen von Arroganz.
Unser kleinstes Konzert war in Köln, da haben wir vor sechs oder sieben Leuten gespielt, weil eine Frau das ihrem Mann zum Geburtstag geschenkt hat.
Herr Gliem, Sie sind 71 Jahre alt, denkt man da schon langsam an den Ruhestand?
Wir haben schon Termine und Tourneen bis 2019 ausgemacht, immer mit der optimistischen Einstellung, dass wir dann noch leben.
Unser beider Leben ist die Musik, seit meinem dritten Lebensjahr blase ich die Trompete, du hast etwas später angefangen (blickt zu Wilfried Gliem).
Mich haben sie als Kind immer auf den Tisch gestellt, da musste ich steppen.
Ja, an dir ist ein echter Tänzer verloren gegangen.