Der Ware wahrer Warenwert
Wie der Tandler den Online-Handel vor Gericht erlebte
Wia i neilich erfahra hab, dass es inrer Grichtsverhandlung z’Nearle um an Kaufrausch und Betrug mit Internetbeschdellunga ganga isch, hab i scho g’wittert, dass des auf a Werbeveraschdaldung für kloine, altmodische Tandler wia mi nauslofft und hab mer’s live ag’schobt. Und tatsächlich, es isch um an klassischa Fall von krankhafter Kaufsucht ganga. Dia Aklagte hot’s wia aus’m Psychologie-Lehrbuach beschrieba: Wann’s alloi drhoim war und ihr di Decke auf’n Kopf gfalla isch, hot si si drmit tröaschded, in Beschdellkataloge rumzumblättra, in so scheane Sacha wia Design-Kaffeemaschina odder’m „Fifty shades of grey“-Video zum Schwelga, was rauszumsuacha, da Computer aschmeißa, dia Bschdellprozedur durchzumführa und si zum fräa, dass bald was Scheans ins Haus kommt. Wann des Zuig kommt, isch des Glückserlebnis lang vorbei, oft wird net amole auspackt und zahlt wird überhaupt net.
Dia Froo isch dann wega Betrug verurdoild wora, aber do drum got’s mer jetzt gar net. Weil, sogar dr Richter hot g’sagt, dass des Problem net amole in erschder Linie a juristisches, sondern a gesellschaftliches isch. Du hocksch drhoim rum und hosch Sorga, bisch in’rer schlechta Schdimmung. Des passiert jedm amole. No brauchsch halt ebbas, was di a weng aufbaut, des isch klar. Und scho isch dia allgegawärtiga Werbung do, genau in deim Wohnzimmer mit bunte Farba und lautm Gschroi ausm Fernseher und mit oiner oiziga Grundaussag: Konsumiera macht glücklich. Also konsumiert dia Froo, schdeigert si in an Kaufrausch. Dia Ware schpielt drbei koi Roll mehr. Der Wert von dr Ware wird dodal missachtet und zwar net nur von dr Betrügerin selber. Dia Firma hom ihr Zuig gar nimme zruck haba gwollt – Originalverpacktes hom se si von dr Polizei grad no zruck schicka glossd; aber wann’s aufgmacht war, war des Entgeganemma von der Ware, dia Prüfung, eventuell Reinigung und dr Verwaltungsaufwand so groaß, dass dia Firma g’sagt hom: „Schenkt’s es ‘m Roata Kreiz odder schmeißt’s es furt“–natierlich nur bis zuarer gewissa Preisgrenze, des isch klar. D’Polizei hot sogar an nagelnuia Laptop vernichtet - aus Datenschutzgründe, es hättad ja private Data drauf sei kenna, dia wo’s rein rechtlich gar net hom aufruafa deffa. Do froog i mi scho: Was isch des für a Signal, wann für dia Firma selber dia Ware bloss a verwaltungstechnischer Faktor isch, der wo sein Wert verliert, wann er z’viel Ärbat macht? Und was isch des für a Signal an dia Kinder von dera Froo, dia wo mitkriagad, dass Berge von Wara oifach so bschdelld wera, dia wo nochhad ungeöffnet im Keller odder in irgendwelche Schränk verkommad?
So, und do muaß i jetzat scho mein Tandler-Lada ins Schpiel bringa. Do bemüht si dr Kunde exschdra na, meine Verkeiferinna odder i zoigad’m, was er braucht, preisad des a, dann hot des Ganze glei an noo gräaßara ideella Wert. Wann dr Kunde widder kommt, froogad oos vielleicht noch, ob’s recht war und dr Kunde vrzählt, wia er si gfreit hot, dass es guat funktioniert. Und wann net, kümmer mer oos oo drum. Schperenzla mim Zahla gibt’s koine; du zahlsch an dr Kass’ und fertig. Zum Kauferlebnis ghärt dr Kontakt mit richtige Leit drzua, und genau des war ja dr Ausgangspunkt von dera kaufsüchtiga Froo, dass ihr do was g’fehlt hot. Bei mir im Gschäft ka’s erschd a Vierdlschdund mit mir ratscha, dann no a Vierdelschdund mit oiner von di Verkeiferinna, des gibt’s bei mir als Konsumerlebnis mit drzua. Und wann dr dann no an scheana Dag im scheana Nearling machsch mit Kaffee trinka, Leit treffa und rumgschoba in andre Gschäfter inmitta vonrer Kulisse, dia wo bei oos original isch und in di Outlet-Center künschdlich nochgeahmt wera muass, no verbindsch mit deim nuia Produkt noo meahner scheane Erlebnisse. So got kunsumiera – aber net im Internet.
Der Tandler