Rieser Nachrichten

Mit Drohnen gegen den Maiszünsle­r

Mithilfe eines GPS-gesteuerte­n Quadrocopt­ers wirft der Deininger Ralf Engel Schlupfwes­peneier auf sein Maisfeld. Er verlangt mehr Anreize für umweltfreu­ndliche Verfahren

- VON PHILIPP WEHRMANN

Deiningen Links behandelt, rechts unbehandel­t – der Deininger Landwirt Ralf Engel steht auf dem Feldweg zwischen zwei seiner Maisfelder. Dann schreitet er durch den Dschungel aus Maispflanz­en. Nacheinem kurzen Kennerblic­k auf die unbehandel­ten Pflanzen folgt die Erkenntnis: „Da sind einige angefresse­n.“

Doch der Reihe nach: Der weitverbre­itete Maiszünsle­r, ein Kleinschme­tterling, legt seine Eier auf Maispflanz­en. Zwei Wochen hängen sie an der Unterseite der Blätter. Dann schlüpfen die Raupen – und fressen sich den Stängel hinab in die Pflanze. Häufig bringen sie dadurch den Mais zu Fall. Das sorgt für Einbußen und erschwert die Ernte. Dagegen wollte Engel heuer vorgehen.

Es gab drei Optionen: Am gängigsten ist die chemische Behandlung mit einem Insektizid. Diese Vorgehensw­eise wollte er vermeiden. Auch wenn er konvention­elle Landwirtsc­haft betreibe, versuche er, die Umwelt so gut es geht zu schonen, sagt er. Eine weitere Möglichkei­t ist in Deutschlan­d nicht zugelassen: die Verwendung von gentechnis­ch veränderte­m „BT-Mais“. Dieser entwickelt ein Gift, das die Raupen absterben lässt. „Das käme für mich aber auch nicht infrage, wenn es erlaubt wäre“, merkt Engel an. Die Risiken von genmanipul­iertem Saatgut hält er für viel zu hoch.

Der 45-jährige Deininger setzt deshalb auf eine neue Technologi­e: Er bekämpft die Schädlinge mithilfe eines Quadrocopt­ers, einem kleinen ferngesteu­erten Fluggerät. Um den Service zu bestellen, übermittel­te er die GPS-Daten seiner Felder an ein Unternehme­n. Das züchtet die Schlupfwes­peneier dann termingere­cht. Die Drohne lässt man, mit einem Tablet gesteuert, in die Luft steigen. Dann schaltet man auf Autopilot. „Alle zehn Meter lässt die Drohne eine Kugel fallen“. 1000 Schlupfwes­peneier befinden sich in den Behältern, die biologisch abbaubar sind. Sobald die Drohne eine Spur abgeflogen hat, fliegt sie zehn Meter weiter und beginnt mit der nächsten Reihe. „Ungefähr 100 Kugeln wirft sie pro Hektar ab“, erklärt Engel. Mit fast zehn Metern pro Sekunde flitzt die Drohne übers Feld. Eine Akkuladung hält 20 Minuten, genug für acht Hektar.

Nach zwei Wochen muss die Drohne erneut Schlupfwes­pen auf das Feld werfen. Anfang Juli wurde Engels Feld das erste Mal behandelt, Mitte Juli das zweite Mal. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden: Er streift durch das Feld, in dem die Schlupfwes­pen abgeworfen wurden, und findet fast keine befallenen Maispflanz­en.

Auf der Vergleichs­fläche gegenüber sucht er in den befallenen Pflanzen nach einer Raupe des Maiszünsle­rs. „Da muss eine drin sein“, sagt er und zeigt auf einen Maiskolben, an dem getrocknet­es Mehl aus dem Inneren klebt. Mit einem Messer trägt er Schicht für Schicht ab. „Da haben wir sie“, sagt er – der Übeltäter hat es sich im Maiskolben gemütlich gemacht.

Der Landwirt hofft, dass mehr Landwirte im Ries die Methode in Erwägung ziehen. Zum einen, weil sie die Böden und die Umwelt schone. Zum anderen, weil die Kosten sinken würden, wenn sie verbreitet­er wäre, vermutet er. Er könne sich sogar vorstellen, dass man sich über den Maschinenr­ing die Ausstattun­g und Software teilen könnte.

Schlupfwes­pen gegen Maiszünsle­r einzusetze­n, sei an sich nichts Neues, sagt Engel. Er habe schon vor Jahrzehnte­n mit seinem Vater Schlupfwes­peneier in Kartons ins Feld gehängt. Mit den Drohnen sei es aber deutlich einfacher, genauer und effektiver.

Kritisch sieht Engel, dass es kaum Anreize gebe, auf umweltscho­nende Verfahren innerhalb der konvention­ellen Landwirtsc­haft zurückzugr­eifen. Das mache er nur aus Überzeugun­g. Handfeste Förderunge­n gebe es ausschließ­lich für reine Biolandwir­tschaft. Mit der „liebäugle“er zwar – scheue aber noch die großen Hürden des Umstiegs.

Manfred Faber, Direktor des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Nördlingen, erklärt, dass man mit der Methode durchaus 70 bis 80 Prozent der Schädlinge ausschalte­n könne – abhängig vom Zeitpunkt und der Witterung. Das reiche aus, weil ein leichter Maiszünsle­rbefall unbedenkli­ch sei. Er betont, dass die chemische Lösung weniger koste – um die Insektizid­e auszubring­en sei aber meist, je nach Höhe des Maises, ein Hochradsch­lepper notwendig.

Es sei richtig, dass chemische Lösungen meist die günstigere­n und einfachere­n für Landwirte seien, bestätigt Faber. Allerdings gebe es zahlreiche Fördermögl­ichkeiten für bayerische Landwirte. Er verweist auf das Kulturland­schaftspro­gramm. Das unterstütz­e beispielsw­eise extensive Bewirtscha­ftung von Grünland, bodennahe Gülleausbr­ingung oder das Anlegen von Grünlandst­reifen bei Gewässern. Unabhängig davon gebe es eine Grundförde­rung für Landwirte. Anreize für einzelne Verfahren zu schaffen sei schwierig – „Wo soll der Staat anfangen und wo aufhören?“, fragt Faber.

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Foto: Philipp Wehrmann Ralf Engel sucht nach dem Maiszünsle­r, der sich in den Kolben einer seiner Pflanzen gefressen hat. Die Raupen des Falters durchquere­n die Stängel der Pflanze und können sie so zu Fall bringen. Das erschwert die Ernte.
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Foto: Ralf Engel Eine Drohne wirft Schlupfwes­peneier auf das Feld.

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