Mit Drohnen gegen den Maiszünsler
Mithilfe eines GPS-gesteuerten Quadrocopters wirft der Deininger Ralf Engel Schlupfwespeneier auf sein Maisfeld. Er verlangt mehr Anreize für umweltfreundliche Verfahren
Deiningen Links behandelt, rechts unbehandelt – der Deininger Landwirt Ralf Engel steht auf dem Feldweg zwischen zwei seiner Maisfelder. Dann schreitet er durch den Dschungel aus Maispflanzen. Nacheinem kurzen Kennerblick auf die unbehandelten Pflanzen folgt die Erkenntnis: „Da sind einige angefressen.“
Doch der Reihe nach: Der weitverbreitete Maiszünsler, ein Kleinschmetterling, legt seine Eier auf Maispflanzen. Zwei Wochen hängen sie an der Unterseite der Blätter. Dann schlüpfen die Raupen – und fressen sich den Stängel hinab in die Pflanze. Häufig bringen sie dadurch den Mais zu Fall. Das sorgt für Einbußen und erschwert die Ernte. Dagegen wollte Engel heuer vorgehen.
Es gab drei Optionen: Am gängigsten ist die chemische Behandlung mit einem Insektizid. Diese Vorgehensweise wollte er vermeiden. Auch wenn er konventionelle Landwirtschaft betreibe, versuche er, die Umwelt so gut es geht zu schonen, sagt er. Eine weitere Möglichkeit ist in Deutschland nicht zugelassen: die Verwendung von gentechnisch verändertem „BT-Mais“. Dieser entwickelt ein Gift, das die Raupen absterben lässt. „Das käme für mich aber auch nicht infrage, wenn es erlaubt wäre“, merkt Engel an. Die Risiken von genmanipuliertem Saatgut hält er für viel zu hoch.
Der 45-jährige Deininger setzt deshalb auf eine neue Technologie: Er bekämpft die Schädlinge mithilfe eines Quadrocopters, einem kleinen ferngesteuerten Fluggerät. Um den Service zu bestellen, übermittelte er die GPS-Daten seiner Felder an ein Unternehmen. Das züchtet die Schlupfwespeneier dann termingerecht. Die Drohne lässt man, mit einem Tablet gesteuert, in die Luft steigen. Dann schaltet man auf Autopilot. „Alle zehn Meter lässt die Drohne eine Kugel fallen“. 1000 Schlupfwespeneier befinden sich in den Behältern, die biologisch abbaubar sind. Sobald die Drohne eine Spur abgeflogen hat, fliegt sie zehn Meter weiter und beginnt mit der nächsten Reihe. „Ungefähr 100 Kugeln wirft sie pro Hektar ab“, erklärt Engel. Mit fast zehn Metern pro Sekunde flitzt die Drohne übers Feld. Eine Akkuladung hält 20 Minuten, genug für acht Hektar.
Nach zwei Wochen muss die Drohne erneut Schlupfwespen auf das Feld werfen. Anfang Juli wurde Engels Feld das erste Mal behandelt, Mitte Juli das zweite Mal. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden: Er streift durch das Feld, in dem die Schlupfwespen abgeworfen wurden, und findet fast keine befallenen Maispflanzen.
Auf der Vergleichsfläche gegenüber sucht er in den befallenen Pflanzen nach einer Raupe des Maiszünslers. „Da muss eine drin sein“, sagt er und zeigt auf einen Maiskolben, an dem getrocknetes Mehl aus dem Inneren klebt. Mit einem Messer trägt er Schicht für Schicht ab. „Da haben wir sie“, sagt er – der Übeltäter hat es sich im Maiskolben gemütlich gemacht.
Der Landwirt hofft, dass mehr Landwirte im Ries die Methode in Erwägung ziehen. Zum einen, weil sie die Böden und die Umwelt schone. Zum anderen, weil die Kosten sinken würden, wenn sie verbreiteter wäre, vermutet er. Er könne sich sogar vorstellen, dass man sich über den Maschinenring die Ausstattung und Software teilen könnte.
Schlupfwespen gegen Maiszünsler einzusetzen, sei an sich nichts Neues, sagt Engel. Er habe schon vor Jahrzehnten mit seinem Vater Schlupfwespeneier in Kartons ins Feld gehängt. Mit den Drohnen sei es aber deutlich einfacher, genauer und effektiver.
Kritisch sieht Engel, dass es kaum Anreize gebe, auf umweltschonende Verfahren innerhalb der konventionellen Landwirtschaft zurückzugreifen. Das mache er nur aus Überzeugung. Handfeste Förderungen gebe es ausschließlich für reine Biolandwirtschaft. Mit der „liebäugle“er zwar – scheue aber noch die großen Hürden des Umstiegs.
Manfred Faber, Direktor des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nördlingen, erklärt, dass man mit der Methode durchaus 70 bis 80 Prozent der Schädlinge ausschalten könne – abhängig vom Zeitpunkt und der Witterung. Das reiche aus, weil ein leichter Maiszünslerbefall unbedenklich sei. Er betont, dass die chemische Lösung weniger koste – um die Insektizide auszubringen sei aber meist, je nach Höhe des Maises, ein Hochradschlepper notwendig.
Es sei richtig, dass chemische Lösungen meist die günstigeren und einfacheren für Landwirte seien, bestätigt Faber. Allerdings gebe es zahlreiche Fördermöglichkeiten für bayerische Landwirte. Er verweist auf das Kulturlandschaftsprogramm. Das unterstütze beispielsweise extensive Bewirtschaftung von Grünland, bodennahe Gülleausbringung oder das Anlegen von Grünlandstreifen bei Gewässern. Unabhängig davon gebe es eine Grundförderung für Landwirte. Anreize für einzelne Verfahren zu schaffen sei schwierig – „Wo soll der Staat anfangen und wo aufhören?“, fragt Faber.