Ein Rieser Problem
Der Umbau des Theodor-Heuss-Gymnasiums kostet zehn Millionen Euro mehr. Schwierigkeiten macht auch der Untergrund. Was das mit dem Meteoriteneinschlag zu tun hat
Nördlingen Rund zehn Millionen Euro mehr muss der Landkreis für den Umbau am Theodor-HeussGymnasium in Nördlingen bezahlen. Über diese Kostensteigerung informierte Landrat Stefan Rößle Ende Juli die Öffentlichkeit (wir berichteten). Statt rund 20 Millionen Euro soll die Sanierung des Nördlinger Gymnasiums jetzt 30 Millionen Euro kosten. Einer von mehreren Gründen dafür: Probleme mit dem Untergrund. So mancher Rieser fühlt sich da an den Beginn des Jahrtausends erinnert.
Damals war Nördlingen unfreiwillig überregional in die Schlagzeilen geraten – dank seiner neuen Ostumgehung. Denn die sackte gleich zweimal ab, zuletzt im Juli 2002. Der damalige Leiter des städtischen Tiefbauamtes, Friedrich Schwefel, wollte an einem Montagmorgen eigentlich die Arbeiter, die die Fahrbahnmarkierungen aufbringen sollten, einweisen. Doch statt einer schönen, neuen Straße bot sich ihm vor Ort ein ganz anderes Bild: Auf einer Länge von 60 Metern war der Asphalt aufgerissen, berichteten die Rieser Nachrichten, an einer Stelle die Fahrbahn gar um einen halben Meter abgesackt. Ein 200 Meter langer Damm war gebrochen, offensichtlich hatte der Untergrund den Erdmassen nicht Stand gehalten.
15 Jahre später will der Leiter der Abteilung Tiefbau am Landratsamt in Donauwörth, Joachim Aurnhammer, genau das verhindern: Dass das THG nach unten sackt. Zumal das Hauptgebäude eine neue, vorgesetzte Front und damit einen Anbau bekommt, der mit dem Altbau verbunden werden soll. Das bestehende Gebäude hat sich über die vergangenen Jahrzehnte allerdings bereits gesetzt. Der neue Anbau soll genau das nicht tun, schließlich verschieben sich sonst Verbindungen in den Altbau. Und damit kommt der Untergrund ins Spiel.
Bevor mit der Baumaßnahme begonnen wurde, habe man an drei Stellen Probebohrungen gemacht, sagt Aurnhammer. Festgestellt wurde dabei, dass sich jeweils in der gleichen Tiefe eine tragende Kiesschicht befindet. Nun ging man davon aus, dass sich diese Ergebnisse auf die Fläche der gesamten Baustelle übertragen lassen – eine falsche Annahme. Denn genau dort, wo der errichtet wird, befindet sich die tragende Kiesschicht tiefer im Boden. Darüber sei eine Tonschicht, sagt Aurnhammer. Die sei nicht ganz trocken und halte der Belastung eines Baus wie des THGs auch nicht so stand, wie Kies. „Es gibt Gegenden, da kommt unter dem Humus gleich eine tragende Schicht. Im Ries muss man da sehr viel tiefer gehen“, erklärt Aurnhammer.
Woran das liegt, kann DiplomGeologe Dr. Oliver Sachs, VorsitAnbau zender des Vereins Freunde des Rieskratermuseums, erklären. Dafür muss er allerdings rund 15 Millionen Jahre zurückschauen. Damals schlug bekanntlich ein Meteorit dort ein, wo heute das Ries ist. In dem dadurch entstandenen Krater bildete sich zunächst ein abflussloser, bis zu 400 Quadratkilometer großer See. Zunächst war das Wasser darin salzig, später war das Becken zunehmend mit Süßwasser gefüllt. Wirklich tief war der See nicht, zwischen zwei und zehn Meter, sagt Sachs.
Maximal zwei Millionen Jahre blieb der Riessee bestehen. Und gegen Ende dieser Zeit war die Region wohl eine wunderschöne, mediterran anmutende Seelandschaft: Die Forscher haben nicht nur Reste von Wasserpflanzen (diverse Algenarten, ja ganze versteinerte Riffe von Grünalgen) und Landpflanzen (Laubbäume, Kiefern, Schilf) gefunden, sondern auch die Reste von Tieren wie Schnecken, Muschelkrebsen, Insekten und Wirbeltieren wie Fischen, Schildkröten, Igel, Hasen, Hamster, Fledermäusen. Es gab zudem im Ries diverse Vogelarten –
Der Asphalt war auf 60 Metern aufgerissen
Flamingos und Papageien lebten im Ries
so lebten beispielsweise Flamingos, Pelikane und Papageien am Ufer und auf den Inseln des Riessees. Allerdings wurden immer mehr Sedimente in den See eingeschwemmt und lagerten sich dort ab. Irgendwann verschwand er ganz, so Sachs.
Diese ganz unterschiedlichen Sedimente finden sich heute immer noch tief im Boden des Rieses, erklärt der Geologe. Es gebe stabile, wie Kalk- und Mergelsteine, aber auch instabile, wie etwa verwitterte und durchweichte Tone. Sachs hat für die Uni Göttingen Bodenproben von der Baustelle am Wemdinger Tunnel genommen. Dort wurden zur Stabilisierung des Bodens Gründungspfähle bis in eine Tiefe von rund 20 Metern eingebracht. Und auch dort kam Sachs je nach Stelle zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen: „Teils haben die Proben nach Öl gerochen und waren schneidbar, teils waren sie fest, teils weich und schmierig.“»Angemerkt
OInformation Wer mehr über den Ries see erfahren möchte, der sollte das Rieskratermuseum besuchen. Dort ist die Geschichte des Rieses anschaulich dar gestellt. Geöffnet ist es in der Sommersai son von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 16.30 Uhr.