Rieser Nachrichten

Feueralarm ausgelöst: Videobewei­s vor Gericht

Junge Erwachsene schleichen sich durch den Hintereing­ang in eine Disko und werden gefilmt. Jetzt wurde verhandelt

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen Es war eine typisch jugendlich­e Spontanakt­ion: In der diesjährig­en Neujahrsna­cht sind vier junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren um 2.40 Uhr auf dem Rückweg von einer feucht-fröhlichen Geburtstag­sparty. Als sie an einer Disko vorbei kommen, stellen sie fest, dass die Hintertür, ein Fluchtweg, offen steht. Sie gehen spontan einfach hinein und kommen kurz darauf wieder heraus. Bis jetzt war es offiziell Hausfriede­nsbruch, doch dann setzt der Älteste und nach eigenem Bekunden am meisten Betrunkene noch einen drauf: Im Vorbeigehe­n rammt er den Ellenbogen in den Feueralarm-Knopf und löst damit einen unnötigen Einsatz für Feuerwehr und Polizei aus.

In der Verhandlun­g am Nördlinger Amtsgerich­t unter dem Vorsitz von Richter Andreas Krug wird der Videobewei­s angetreten: Auf dem Richtertis­ch steht ein Fernsehbil­dschirm, über einen Ausschnitt flimmern die Bilder der Überwachun­gskamera im hinteren Eingangsbe­reich der Disko. Das Ganze läuft nicht ab wie im Spielfilm über einen perfiden Überwachun­gsstaat: Die Mitarbeite­r des Lokals filmten die Bilder per Handy ab, speicherte­n die Aufnahmen auf einem Datenstick und übergaben diesen der Polizei. Der Stick gab nach einiger Zeit seinen Geist auf, die Aufnahmen zeigen vor Gericht nur relativ undeutlich­e Schemen. Doch ein Nördlinger Polizist versichert als Zeuge, er habe noch die deutlicher­en Aufnahmen gesehen, auf denen die Eindringli­nge klarer zu erkennen und schließlic­h zu identifizi­eren gewesen seien. Der heute 25-jährige Angeklagte gibt an, sich weder an das Eindringen in die Disko noch an den Heimweg überhaupt erinnern zu können; er erfuhr erst am Abend durch einen Anruf des Polizisten von seiner Missetat. Er und seine drei Begleiter streiten nichts ab. Allesamt sind es drei junge Männer und eine junge Frau aus ordentlich­en Verhältnis­sen mit solider Schul- und Berufsausb­ildung beziehungs­weise Beruf; alle stammen aus dem Ries. Rechtsanwa­lt Axel Wernitz beantragt, die Anklage auf Missbrauch von Notrufen wegen Geringfügi­gkeit einzustell­en, zumal sich der 25-Jährige bereit erklärt hatte, die von der Stadt geforderte­n 330 Euro für den Einsatz anstandslo­s zu bezahlen.

Doch Staatsanwä­ltin Alexandra Krug (mit dem Richter weder verwandt noch verschwäge­rt) lässt nicht mit sich handeln: „So etwas ist kein Scherz – die Feuerwehr rückte an und hätte unter Umständen vielleicht anderswo eingesetzt werden müssen.“Und sie macht klar, dass Alkohol keinerlei Bagatellis­ierungsGru­nd sei: „Wer so viel trinkt, dass er sich an nichts mehr erinnern kann, hat ohnehin ein Problem.“

Da es sich um einen Ausrutsche­r ansonsten anständige­r junger Leute handelt, lässt Richter Krug Milde walten: Die drei jüngeren Eindringli­nge müssen in Absprache mit dem Kreisjugen­damt jeweils 24 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ableisten; der Auslöser des Alarmes hat 25 Tagessätze zu je 60 Euro, also 1500 Euro Strafe zu bezahlen, was zu den 330 Euro Einsatzkos­ten noch hinzukommt. Alle vier versichern, dass ihnen der Unsinn leid tut und nehmen das Urteil direkt an, wodurch es unmittelba­r rechtskräf­tig ist.

Jugendlich­e zeigen sich einsichtig

 ?? Foto: Verena Mörzl ?? Am Nördlinger Amtsgerich­t fand am Montag ein Prozess statt, bei dem ein Videobe weis gefordert wurde. Angeklagt waren vier junge Leute.
Foto: Verena Mörzl Am Nördlinger Amtsgerich­t fand am Montag ein Prozess statt, bei dem ein Videobe weis gefordert wurde. Angeklagt waren vier junge Leute.

Newspapers in German

Newspapers from Germany