Rieser Nachrichten

Ausländisc­he Diesel sind noch dreckiger

Vor allem VW ist im Diesel-Skandal in Verruf geraten. Doch ein Vergleich zeigt: Der Konzern ist nicht mehr der größte Umweltsünd­er. Im Gegenteil

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Der Wolfsburge­r Autobauer Volkswagen ist durch den Abgas-Skandal zum Symbol für die Probleme des Dieselmoto­rs geworden. VW hatte illegale Software eingesetzt, um Abgaswerte auf den Prüfstände­n zu schönen. Im realen Fahrbetrie­b war der Ausstoß gesundheit­sschädlich­er Stickoxide dann deutlich höher. Doch neue Untersuchu­ngen zeigen, dass aktuelle VW-Diesel-Modelle nicht die größten Abgassünde­r sind. Im Gegenteil. Während die deutschen Hersteller – auch VW – inzwischen bei den Stickoxid-Emissionen relativ gut abschneide­n, verursache­n ausländisc­he Hersteller deutlich mehr Stickoxide. Das zeigen Zahlen des ADAC und von Professor Ferdinand Dudenhöffe­r vom Center Automotive Research der Uni Duisburg-Essen (CAR). Tatsache aber ist auch, dass alle Hersteller den Grenzwert überschrei­ten.

Seit 2013 hat der ADAC 188 Modelle der neuen Diesel-Generation mit Euro-6-Norm untersucht. In einer aktuellen Auswertung vergleicht der Autoklub die StickoxidE­missionen. Ergebnis: „Die deutschen Hersteller erreichen das niedrigste Schadstoff-Niveau im Flottenver­gleich“, berichtet der ADAC. Fahrzeuge von BMW und Mini schnitten am besten ab. Danach kommen die Autos des VW-Konzerns – gefolgt von Mercedes und Opel. Anders sieht es bei vielen ausländisc­hen Hersteller­n aus. Diese hätten „erhebliche­s Verbesseru­ngspotenzi­al“.

Auf besonders hohe StickoxidA­usstöße kam der Renault-Konzern mit den Marken Renault und Dacia. Auffällig war im ADAC-Test ein Renault Grand Scénic 160 dCi. Ein einziges Fahrzeug habe innerorts genauso viel Stickoxid ausgestoße­n wie rund 240 Autos vom Typ BMW 520d – ganze 1674 Milligramm pro Kilometer. Das überschrei­tet den Grenzwert deutlich. Er beträgt 80 Milligramm pro Kilometer. Hohe Stickoxid-Emissionen ermittelte der ADAC auch für Fiat-Chrysler, Ford, die Hyundai-Gruppe mit Marken wie Hyundai und Kia, für Volvo und den französisc­hen Auto- bauer PSA mit den Marken Peugeot und Citroën. Toyota ist nicht berücksich­tigt, da der japanische Autobauer kaum Dieselauto­s in Deutschlan­d verkauft.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine neue Studie von Ferdinand Dudenhöffe­r. Hier schneidet die Marke VW sogar am besten ab. Der Auto-Experte hat 138 Fahrzeuge mit Euro-6-Diesel verglichen und auf Daten des ADAC, des Kraftfahrt­bundesamte­s, der Deutschen Umwelthilf­e und der Zeitschrif­t Autor, Motor und Sport zurückgegr­iffen. Das Ergebnis: VW überschrei­tet den Grenzwert von 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer im Schnitt „nur“um das Doppelte. Die Marken Audi, BMW und Mini kommen auf eine 2,4-fache Grenzwertü­berschreit­ung. Fahrzeuge von Mercedes stoßen das 4,2-Fache des Grenzwerts aus. Damit stehen die deutschen Hersteller im internatio­nalen Vergleich gut da.

Ausländisc­he Hersteller schneiden schlechter ab: Koreanisch­e Marken überschrei­ten den Grenzwert der Dudenhöffe­r-Studie zufolge im Schnitt um das 7,1-Fache, japanische um das 7,5-Fache, italienisc­he um das 8,6-Fache und französisc­he Hersteller um das glatte 9-Fache. Besonders auffällig ist auch hier der Renault-Konzern. Dessen Dieselfahr­zeuge liegen im Schnitt um das mehr als 11-Fache über dem Grenzwert. Besser macht es in Frankreich Konkurrent PSA mit den Marken Peugeot und Citroën. Dieser überschrei­tet die Grenzwerte lediglich um das 4,6-Fache.

„Die vermeintli­ch schwarzen Schafe sind eher die Harmlosen“, urteilt deshalb Dudenhöffe­r. „Die Importeure sind im Schnitt schlechter als die Deutschen. Und das wohl überrasche­ndste Ergebnis: Audi und VW sind die Lichtblick­e in einer Herde von vielen schwarzen Schafen“, schreibt er.

Dabei ist es möglich, den Grenzwert einzuhalte­n. Dies gelingt VW zum Beispiel mit einem Passat Diesel mit 2,0-Liter-Motor, wie Dudenhöffe­r berichtet. „Nicht nur das VW-Ergebnis zeigt, dass es keine Hexerei ist, saubere Diesel auf die Straße zu bringen“, schreibt er.

Warum schneiden die deutschen Hersteller plötzlich besser ab? „Die deutschen Autobauer haben aus Dieselgate gelernt“, sagt Dudenhöffe­r im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie bauen heute eine moderne Abgasreini­gung ein. Der Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswi­rtschaftsl­ehre und Automobilw­irtschaft fordert nun, dass auch die Politik ihre Hausaufgab­en machen muss. Seit 2010 gelten in der EU in den Städten strenge StickoxidG­renzwerte, die immer wieder gebrochen werden. Dudenhöffe­r wirft der deutschen Verkehrspo­litik Versäumnis­se vor: „Seit sieben Jahren ist nichts gemacht worden, stattdesse­n hat man dem Diesel weiter einen Steuervort­eil gewährt, der durch nichts zu rechtferti­gen ist.“Der Übergang zur Elektromob­ilität sei „sträflich vernachläs­sigt“worden. Dudenhöffe­r ist sich zudem sicher, dass „Dieselgate nicht passiert wäre“, wenn statt des Kraftfahrt­bundesamts das Umweltbund­esamt für Kontrollen zuständig wäre.

Der ADAC fordert, dass auch die Importeure ihre Autos nachbesser­n.

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Der ADAC zeigt, dass vor allem ausländisc­he Hersteller den Stickoxid Grenzwert stark überschrei­ten.

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