Ein Tag als Schaumschläger
Surfen lernen an der Algarve
Die Algarve ist ein perfektes Ziel für Surfer und alle, die es werden wollen. Ein Tag im Anfängerkurs – wie weit kommt man da? Ein Selbstversuch.
Die Welle hinter mir kommt fauchend an, mit mächtig Schaum vor dem Mund. Also los, rauf aufs Brett: paddeln, Füße in Position. Platsch! Das hier sieht nicht nach Surfen lernen aus, eher nach Tauchen lernen. Gut, es ist ein Anfängerkurs.
Aber irgendwie hatte ich mir diesen Trip an die Algarve anders vorgestellt: Ich als cooler Surfer, ein Mann und sein Brett, sanft über die Wellen gleitend. Das hier ist eher eine unfreiwillige Slapstick-Einlage. War das am Ende doch keine so gute Idee?
Aber von Anfang an. Ankunft am Amado-Strand am südwestlichen Zipfel Portugals. Hier begrüßt einen die Sonne noch, wenn der Sommer in Deutschland längst vorbei ist. Und Surflehrer Nelson. Die Algarve ist ein Dorado für Surfer, erklärt er. Warum? Perfekte Wellen, dazu 300 Sonnentage im Jahr. Nelson ist ein Bilderbuch-Surfer: braun gebrannt, blonde Wuschellocken, durchtrainiert mit Sixpack. Ich dagegen: blass, untrainiert und mit sichtbarem Bauchansatz. Ob wir zusammenpassen?
Surfen ist Kult
Hinter dem Surfstand fallen einem die VW-Bullis und Wohnmobile ins Auge, die hier wild campen. Die Männer tragen Hipsterbärte, die Frauen Cowboyboots – so wild und ungezähmt wie die zerklüftete Steilküste fühlen sich auch die Leute hier. Surfen ist eben kein Sport, es ist ein Kult. Wenn man den Surfern hier zusieht, gehen im Kopf gleich die Beach Boys an: Fun, Fun, Fun – genau, darum geht es.
Für Einsteiger geht es aber auch eine Nummer komfortabler, als hier wild zu campen. Zum Beispiel in einer Lodge mitten im grünen Hinterland, nichts als Natur und Surfer unter sich. Am nächsten Morgen steht am Amado Strand erstmal Trockenschwimmen an. Surflehrer Nelson lässt die Gruppe zum Aufwärmen Fangen spielen und Hampelmann machen. Dann erklärt er die Grundfigur beim Surfen, einen Dreischritt. Eins – rechten Fuß aufstellen, zwei – linken Fuß aufs Brett, drei – aufstehen und lossurfen. Klingt doch ganz einfach, oder?
Also ab ins Wasser. Ich lerne, was Weißwasser ist: der flache Bereich, weiß vom Schaum der Wellen. Hier sind sie kleiner, weil sie sich schon gebrochen haben. Nelson ruft: Eins, zwei, drei, dann übertönt die Welle ihn, und ich werde unfreiwillig zum Schaumschläger im Weißwasser. Einigen anderen aus dem Kurs geht es auch so. Nur die Kinder sausen an mir vorbei und stehen dabei sicher auf dem Board. Frechheit! Für mich geht dagegen die Salzwasser-Verkostung weiter. Dieser Kurs ist eine Lektion in Demut. Und im Auf-sich-allein-gestellt-Sein. Da ist nichts außer der Welle, deinem Brett und dir. Existenzialismus pur. Und die Hölle, das sind die anderen. Die einem vom Strand aus zuschauen. Eine große Welle rollt heran, öffnet ihr Maul und verschlingt mich. Happs. Im Bauch der Welle unter Wasser ist es ganz still. Hat was von Jonas und der Wal. Jetzt hilft nur noch beten.
Surfen geht nur mit Geduld
Dann ist der Spuk zum Glück vorbei, die Welle spuckt mich wieder aus, und ich japse nach Luft. Also kurze Pause, so wird das nichts. Ich will zu schnell zu viel. Surfen lernen heißt Geduld lernen. Nicht das Brett beherrschen wollen, sondern sich einfach von der Welle treiben lassen. Da kommt eine gute Welle. Also los: paddeln, rechter Fuß, linker Fuß – platsch! Geht das schon wieder los? Nein, diesmal nicht. Nach gefühlt 50 Versuchen endlich: anpaddeln, rechter Fuß, linker Fuß, und dann passiert es: Die Welle trägt mich zum Strand hin. Gleiten, schweben. Hinterher geht es zur Imbissbude über der Bucht, wo die Surfer mit einem Bier in der Hand in den Sonnenuntergang schauen. Mein Tag als Schaumschläger läuft noch einmal vor meinen Augen ab: Eine kleine Weißwasserwelle lang durfte ich auf der großen Surfwelle mitreiten.