Rieser Nachrichten

Im Navajo Land

Auf den Spuren der Indianer durch Amerikas Westen

- VON BERND KUBISCH Weitere Infos Reisezeit:

Wie leben heute die Indianer im Westen der USA? Touristen können das auf eigene Faust erkunden. Wer ein bisschen plant, verbindet touristisc­he Höhepunkt wie Las Vegas und Grand Canyon mit einem Besuch bei Navajo, Hualapai und Hopi.

Die ersten Sonnenstra­hlen verwandeln aufragende Schatten in rot glühende Sandsteinf­elsen, die wie Nadeln in den Himmel ragen. Der Tag erwacht im Monument Valley Navajo Tribal Park, der sich von Arizona bis Utah erstreckt. Einige Touristen sind schon wach und genießen das morgendlic­he Schauspiel inmitten einer der berühmtest­en Landschaft­en der USA. Harry Nez trägt einen Cowboyhut und blickt in die aufgehende Sonne: „Ich genieße dieses Wunder fast jeden Morgen.“Langsam dreht er sich um die eigene Achse und sagt: „Das alles gehört meinem Volk.“Nez meint nicht nur Monument Valley, sondern die gesamte Navajo Nation Reservatio­n.

300 Reservatio­ns in den USA

Das Indianerre­servat ist ungefähr so groß wie Bayern. Hinweissch­ilder am Straßenran­d informiere­n Touristen darüber, dass sie sich in einem Reservat befinden. Gut 300 Indian Reservatio­ns gibt es zwischen Kalifornie­n und Florida. Sie sind natürlich nicht umzäunt. Alle Native Americans, Nachfahren der Ureinwohne­r, haben einen US-Pass. Sie sprechen selbstvers­tändlich Englisch und können leben, wo sie wollen. Längst nicht alle der knapp 350 000 Navajo, die sich Diné nennen, leben im Reservat.

Harry Nez nimmt für die gut dreistündi­ge Tour im Geländewag­en auf teils versteckte­n Wegen 90 Dollar. Nicht ganz günstig, aber dennoch ein unvergleic­hliches Erlebnis. Zwei Kilometer weiter grasen Schafe vor einer steilen Felswand. In einem sogenannte­n Hogan empfängt eine Navajo-Frau mit ihrem 18 Monate alten Sohn Lonni auf dem Schoß die Gäste. Der Kuppelbau ist fensterlos, errichtet aus Baumstämme­n und Lehm, mit Sandboden, Eingang in Richtung Sonnenaufg­ang. Die wenigsten der Navajo leben noch in solchen traditione­llen Häusern. Eula, Ende 20, sitzt zwischen Gemälden, Fotos, Wandteppic­hen, Pfeilspitz­en und Schmuckstü­cken, die auch zu kaufen sind. „Der Tourismus hilft uns. Etliche Besucher sind einfühlsam, wissen, was unseren Vorfahren angetan wurde“, sagt die junge Frau. Monument Valley ist ein Höhepunkt auf einer Reise durch den Westen der USA. Knapp 650 Kilometer sind es von hier nach Las Vegas, in die Glitzermet­ropole in Nevada, wo die Reise begann. Das war vor 13 Tagen. Der Besuch bei sechs Indianervö­lkern steht im Programm.

Entlang dem Colorado

Wer von Las Vegas aus aufbricht, für den wird es schon nach knapp einer Stunde aufregend: Die Straße schlängelt sich an Colorado River und Black Canyon entlang und überquert den Hoover Dam. Unten glitzert der große Stausee in der Sonne. Weiter durch Arizona, auf dem Highway durch die Steppe bis zur legendären Route 66.

Peach Springs hatte schon lebhaftere Zeiten. Es ist der Hauptort des kleinen Stammes der Hualapai. Knapp 2000 Ureinwohne­r leben zwischen Grasland, Wäldern und Grand Canyon. „Wir zahlen keine Pacht oder Miete auf unserem Land“, sagt Lyndee Hornell. Sie arbeitet im touristenf­reundliche­n Kulturdepa­rtment des Stammes.

Vor dem Walapai Market trinken junge Leute Cola und Kaffee. Alkohol wird in den meisten Reservaten nicht verkauft. Weiter im Osten, in Flagstaff, füllen auch die Native Americans Bier und Whiskey in den Kofferraum. Getrunken wird in den eigenen vier Wänden. Vielerorts sind Arbeitslos­igkeit, auch Drogen- und Alkoholsuc­ht verbreitet. Arizona hat viel Brachland, einsame Landstraße­n, Weiden und Farmen. Die Bauweise auf dem Land ist meist schlicht. Zwischen Flagstaff und der Navajo-Gemeinde Tuba City endlich ein architekto­nisches Highlight: Wupatki und weitere historisch­e Ruinen. Aus flachen Sandsteinb­löcken haben hier im 12. und 13. Jahrhunder­t Anazasi und Sinagua sogar mehrstöcki­ge Häuser und heiligen Stätten gebaut. Heute noch ragen Mauern und hohe Fassaden aus der kargen Landschaft und erinnern an die Baukunst dieser inzwischen verschwund­enen Völker. Danach folgt der Stopp bei den Diné und Harry Nez. Weiter geht die Fahrt über wenig befahrene Straßen in Richtung Osten – zu den Hopi.

Große Künstler

Die drei Mesa (Tafelberge) überragen das kleine Reservat, das komplett von Navajo-Land umschlosse­n wird. Ein paar Häuser sind noch im traditione­llen Pueblo-Stil mit zwei, drei Stockwerke­n gebaut. „Wir sind ein kleines Volk der großen Künstler“, sagt Marilyn Fredericks in der Galerie Hopi Fine Arts ihrer Schwester Evelyn. Ihre Familie beherrscht noch die traditione­lle Sprache der Hopi.

Gallup in New Mexico wirbt schon lange erfolgreic­h um Touristen. Die freuen sich über die kleine Altstadt, indianisch­e Wandmalere­ien sowie viele Restaurant­s, Hotels und Shops der Ureinwohne­r. Das Kasino ist ein Schmelztie­gel: Man sieht Indianer, Weiße, Schwarze, Latinos und ausländisc­he Touristen.

Keine zwei Stunden entfernt bietet der kleine Stamm der Acoma Kontrastpr­ogramm: ein Kasino an der Autobahn und ein paar Kilometer entfernt ein traditione­lles PuebloDorf mit Museum und Kunstwerks­tätten. Zugang nur mit Führer. Das kleine Reservat der Zuni, ein Volk der Schmuckmac­her, Flechter und Maler, liegt eine Autostunde südlich von Gallup. Im Ort Zuni Pueblo zeugen große Gemälde in kräftigen Farben auf Wänden und Mauern von Göttern, Helden, Tieren und Riten. Auf dem Highway 15 geht es von Norden kommend zurück nach Las Vegas. In der Show- und Glücksspie­lstadt warten wieder die Vergnügung­en, die sich in jedem Reiseführe­r finden lassen.

OAm besten von Frühjahr bis Herbst. Im Winter droht Schnee und Eis auf gebirgigen Straßen. Einreise: Deutsche Urlauber brau chen kein Visum, müssen sich unter https://esta.cbp.dhs.gov aber eine elektronis­che Einreiseer­laubnis (Esta) besorgen.

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Der Navajo Harry Nez arbeitet als Reiseführe­r im Monument Valley.
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Galeristin Marilyn Fredericks vom Volk der Hopi.

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