K wie Kanzlermehrheit
Mehrheit ist Mehrheit, wusste schon der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, der 1949 bei seiner Wahl 202 Stimmen benötigte – und genau 202 erhielt, inklusive seiner eigenen. Auch bei seinen Nachfolgern ging es gelegentlich knapp zu. Willy Brandt hatte 1969 nur zwei Stimmen mehr als notwendig, Helmut Schmidt 1980 eine. Wer Kanzler oder Kanzlerin werden will, braucht die Stimmen der Mehrheit der Abgeordneten. Das soll verhindern, dass ein Regierungschef durch eine Zufallsmehrheit ins Amt kommt. Die Wahl ist geheim.
Angela Merkel erhielt noch nie alle Stimmen der Regierungsfraktionen. Vor vier Jahren stimmten 462 Abgeordnete von CDU, CSU und SPD für die Kanzlerin, das waren 42 Stimmen weniger als die Große Koalition Sitze hatte.
Die Kanzlermehrheit wird bei allen Abstimmungen benötigt, die den Regierungschef direkt betreffen: bei seiner Wahl, seiner Abwahl durch ein konstruktives Misstrauensvotum oder der Vertrauensfrage. Nur mit einer Kanzlermehrheit kann der Bundestag auch den Einspruch des Bundesrates bei nicht zustimmungspflichtigen Gesetzen zurückweisen. Bei allen „normalen“Gesetzen reicht die einfache Mehrheit.
Kommt die Kanzlermehrheit nicht zustande, begründet dies das Recht des Bundespräsidenten, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen.