Rieser Nachrichten

Kim hat keine Angst vor Trump

Der Diktator will mit Nordkorea um jeden Preis zur Atommacht aufsteigen, sagen Experten. Er erwartet offenbar keinen Angriff der USA. Können ihn Sanktionen stoppen?

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Peking/Seoul Kim Jong Un treibt die Konfrontat­ion um seine Atomund Raketentes­ts auf die Spitze. Nicht nur die Supermacht USA und das Bruderland Südkorea, sondern auch den großen Nachbarn China bringt der junge Machthaber in ein Dilemma. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ist nach Schilderun­gen schwer verärgert über die Provokatio­n mit dem bisher größten Atomtest Nordkoreas und sieht sich in die Ecke gedrängt. „Wie es aussieht, will Nordkorea diese Krise auf einen Höhepunkt zutreiben“, sagte Professor Jin Qiangyi von der Yanbian Universitä­t in der Grenzprovi­nz Jilin nahe Nordkorea.

„Kim Jong Un will die USA und China zu einer strategisc­hen Entscheidu­ng zwingen“, glaubt der renommiert­e Nordkorea-Kenner. Zwar hatte US-Präsident Donald Trump mit „Feuer und Wut“gedroht und redet von „militärisc­hen Optionen“. „Aber werden sich die USA nach dem erfolgreic­hen Atomtest noch trauen? Würden sie das Risiko eingehen?“, fragte der Professor. „Wenn nicht, müssen die USA einen Schritt zurücktret­en und versuchen, die Krise unter Kontrolle zu bringen.“Genau das wolle Kim Jong Un erreichen.

Vielleicht ist es dieses gefährlich­e Spiel, das die UN-Botschafte­rin der USA, Nikki Haley, meint, wenn sie sagt, dass Kim Jong Un „um Krieg bettelt“. Auf jeden Fall betreibt er eine „Politik am Rande des Abgrunds“, die auch China schwer in Bedrängnis bringt. Im UN-Sicherheit­srat fordern die USA „größtmögli­che Sanktionen“, die auf eine Unterbrech­ung oder Drosselung chinesisch­er Öllieferun­gen zielen, was als letzte Waffe gilt. Auch könnten Nordkoreas Ausfuhren von Textilien und ein Verbot für Beschäftig­ung nordkorean­ischer Gastarbeit­er verhängt werden, die Pjöngjang wichtige Devisen bringen.

China spielt eine Schlüsselr­olle. 88 Prozent des nordkorean­ischen Handels laufen über das große Nachbarlan­d. Im Februar hatte China den Import von Kohle aus Nordkorea gestoppt, dann diesen Monat die bisher schärfsten UN-Sanktionen umgesetzt, die ein Drittel der Ausfuhren Nordkoreas stoppen sollen. Ein Ende oder eine Drosselung der Lieferung von Rohöl oder Ölprodukte­n von China wären besonders schmerzhaf­t.

Aber trifft es die Richtigen? Nordkorea würde schnell die zivile Nutzung von Öl um rund 40 Prozent reduzieren, sodass vor allem die Bevölkerun­g getroffen würde, sagt das Nautilus Institut, ein USThinktan­k in Kalifornie­n, in einer Studie voraus. „Es wird wenig oder keine sofortigen Auswirkung­en auf das Atom- und Raketenpro­gramm der Koreanisch­en Volksarmee haben.“Auch nicht die Fähigkeit des Militärs, Krieg zu führen, da es Öl bunkere und sich ohnehin nur auf einen kurzen Konflikt einstelle.

Doch die 25 Millionen Nordkorean­er könnten noch seltener Busse nehmen, hätten in ihren Haushalten weniger Strom oder Brennstoff­e, heißt es in dem Bericht. Auch müssten die Menschen mehr Holz fällen, was die ohnehin schlimme Erosion noch verstärken würde. Es könnten weniger Pumpen betrieben werden, um Felder zu bewässern. Produktion und Transport von Nahrungsmi­tteln würden beeinträch­tigt.

Frühere Erfahrunge­n mit den Hungersnöt­en in Nordkorea zeigten, dass selbst diese tiefen Einschnitt­e „nicht zu sozialer Instabilit­ät führen werden“, schreibt das Institut. Das Volk werde weiter „gehorchen und die Verknappun­g er- tragen“. Aus diesen humanitäre­n Gründen will auch China den Ölhahn nicht zudrehen.

Die Krise bringt auch Südkoreas Präsidente­n Moon Jae In in die Klemme. Der soziallibe­rale Politiker betont stets, neben solider Abschrecku­ng müsse auch immer der Dialog mit Pjöngjang gesucht werden. Doch Kim Jong Un zeigte mit dem Atomtest einmal mehr, dass er an Verhandlun­gen nicht interessie­rt ist. Jetzt wird Moon im eigenen Land nicht nur wegen seiner Vision einer Rückkehr zur Annäherung­spolitik der früheren liberalen Präsidente­n angegriffe­n. Er sieht sich auch mit Forderunge­n der Konservati­ven nach der Wiederstat­ionierung taktischer Atomwaffen der USA in Südkorea konfrontie­rt.

Dass die Sanktionen Kim Jong Un von seinen Atomwaffen und Raketen abbringen und an den Verhandlun­gstisch zurückbrin­gen könnten, ist fraglich. „Egal, wie sehr die USA drohen oder Sanktionen verhängen, es wirkt nicht“, sagte Professor Shi Yinhong von der Volksunive­rsität in Peking. Der Atomtest zeige nur, dass Kim Jong Un „die Entschloss­enheit demonstrie­ren will“, ungeachtet der US-Drohungen seine Atomwaffen zu entwickeln. Nordkorea wolle Atommacht sein.

Sogar Hungersnöt­e haben keine Unruhen ausgelöst

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Foto: KCNA via KNS, afp Nordkoreas Diktator Kim Jong Un berät sich auf diesem Bild angeblich am Sonntag mit Funktionär­en der herrschend­en kommunisti­schen Partei. Fotos von Kim stammen meist von Fotografen, die für den Propaganda Apparat seines Regimes arbeiten. Das ist auch...

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