Kulinarische Reihenfolge
So zuverlässig wie Miss Sophie und Butler James an Silvester kommen Anfang September die empörten Rufe im Supermarkt: „Hier gibt’s schon Lebkuchen! Wer isst denn jetzt schon Lebkuchen?!“Anscheinend genügend Menschen, sonst würde es sie ja nicht geben, denke ich mir da insgeheim.
Für mich kommen Lebkuchen Anfang September noch gar nicht infrage. Das liegt aber nicht daran, dass mir die süßen Teile jetzt noch nicht schmecken würden. Aber ich finde: Alles im Leben sollte seine Ordnung haben. Auch die Inhalte meines Speiseplans. Erdbeeren im Winter oder Rüben im Sommer – das geht gar nicht.
So lange der Mozzarella noch im Kühlschrank weilt und darauf wartet, mit den letzten Gartentomaten verspeist zu werden, so lange kommen Herbstgerichte noch nicht auf den Teller. Dazu gehören beispielsweise die Kürbisse, die es jetzt schon im Supermarkt und an vielen Ständen neben der Straße zu kaufen gibt. Denn vor dem Verzehr von Kürbis hat der liebe Gott den Federweißen gesetzt – in meiner traditionellen, kulinarischen Reihenfolge jedenfalls. Erst, wenn man des Zwiebelkuchens überdrüssig geworden ist, geht es weiter zur Kürbissuppe. Und erst danach sind Glühwein, Lebkuchen und Co. an der Reihe. Es ist doch herrlich, wenn man Traditionen pflegt – und das nicht nur an Silvester. Und ist es nicht noch viel herrlicher, dass sich eine Schachtel Pralinen so gar nicht jahreszeitlich einordnen lässt und stets passt?