Kraterkunde im Ries
Zwei ESA-Astronauten waren in der vergangenen Woche in Nördlingen. Professor Stefan Hölzl erzählt vom Besuch
Nördlingen Schon 1970 besuchten die vier Apollo-Astronauten Edgar D. Mitchell, Eugene A. Cernan, Alan Shepard (der erste Amerikaner im All) und Joe Engle das Nördlinger Ries und flogen später zum Mond. Nun folgten ihnen zwei ESA-Astronauten: die Italienerin Samantha Cristoforetti und der Deutsche Dr. Matthias Maurer. Der Leiter des Rieskrater-Museums, Professor Dr. Stefan Hölzl, war beim Besuch dabei und hat die Astronauten aus der Nähe erlebt. „Das sind ganz normale Menschen, die überhaupt nicht abgehoben sind“, sagt er im Gespräch mit den RN.
Die ESA führte heuer zum zweiten Mal ein solches Training durch, das Astronauten und Planer von Raumfahrtmissionen in die Geologie der Planeten einführen soll. „Es ist wichtig, dass auch die Bodencrew an diesen Exkursionen teilnimmt, um ein Verständnis für die Arbeit der Astronauten im Weltall zu bekommen“, sagt Hölzl. Unter der Leitung von Planetologen Professor Harald Hiesinger von der Universität Münster ging es nach Wengenhausen, in den Steinbruch Aumühle, nach Gundelsheim und nach Polsingen, wo er den Trainingsteilnehmern die ganz besonderen Ries-Gesteine im Gelände zeigte, die mit dem Asteroideneinschlag vor 15 Millionen Jahren in Zusammenhang stehen. „Der vermutlich fundamentalste Prozess für die Bildung von Planeten ist der Einschlag von Asteroiden und die damit verbundene Entstehung von Kratern“, erklärt Hölzl. Deshalb liege es nahe, das Nördlinger Ries, als einen der am besten untersuchten Krater der Erde, bei einem solchen Training zu besuchen. Bei Asteroiden spricht der Experte von größeren Objekten, Meteoriten seien zu klein, um Krater zu hinterlassen.
Dr. Matthias Maurer ist Experte für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik. Der 47-jährige Saarländer ist seit 2010 Astronaut bei der ESA, hatte aber bislang noch keinen Weltraumeinsatz. Die Italienerin Samantha Cristoforetti ist ausgebildete Kampfpilotin bei der italienischen Luftwaffe. Mit ihren zwei Einsätzen auf der Internationalen Raumstation ISS, die zusammen 199 Tage dauerten, ist sie die Rekordhalterin für die längste Aufenthaltsdauer einer Frau im Weltraum.
Am Abend führte Hölzl die Teilnehmer der Expedition durch das Rieskrater-Museum und das Zentrum für Rieskrater- und Impaktforschung in Nördlingen. Dort ergänzte er die Geländeexkursion anhand von Museumsexponaten, die im Gelände nicht oder nicht so deutlich zu sehen waren. „Sie waren begeistert von dem Museum“, sagt Hölzl. Die ESA möchte in Zukunft öfters Exkursionen im Ries unternehmen. Dann soll zuerst das Museum besucht werden, bevor die Teilnehmer in das Gelände gehen.